Viele Segler träumen davon: ein Jahr lang alles hinter sich lassen und die Welt bereisen. Für Hervé und Muriel Favre und ihre Kinder Robin und Julie ist der Traum in Erfüllung gegangen. Sie gehören zu den wenigen Familien, die den grossen Schritt gewagt haben. Die Favres haben das Segeln im Blut. Für ihre lange Reise legten sie besonderen Wert auf ihr provisorisches Zuhause. Ein schwimmender Wohnwagen kam nicht in Frage. Es sollte ein komfortables und kindergerechtes, aber gleichzeitig leichtes, schnelles und einfach zu steuerndes Boot sein. Dass sich ein Katamaran am besten eignet, stand schnell fest. Aber welcher? Eine nicht ganz einfach zu beantwortende Frage, zumal der konventionelle Markt keine grosse Auswahl bietet.
Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen
Nach etlichen gecharterten Booten und noch mehr Testfahrten fanden Hervé und Muriel in Australien endlich das Boot, das ihren Vorstellungen entsprach. In Begleitung von Jean-Michel Linck, dem Bootsbauer aus La Rochelle, begab sich die Familie direkt vor Ort, wo bereits fünfzig Fusion 40 segelten. Für die Favres war es Liebe auf den ersten Blick. Hervé war von dem enormen Potenzial des knapp 4 Tonnen leichten 40-Fuss-Bootes so überzeugt, dass er zusammen mit Jean-Michel die Werft Fusion France gründete. Der Rohbau wird in Asien im Vynilester-Einspritzverfahren hergestellt und danach als Kit in zwei Containern nach Europa verschifft. Fusion France setzt die Teile zusammen und kümmert sich um die nach den Kundenwünschen durchgeführten Feinarbeiten. Das erste Exemplar war natürlich für Hervé reserviert. Es zeichnete sich relativ schnell ab, dass das Vorhaben ein ziemlich harter Brocken war. Die Probleme häuften sich und zeitlich war man im Nu in Verzug. Doch so schnell liessen die Favres die Arme nicht hängen. Alles war für einen Start im Herbst organisiert, ein Rückzieher kam also sowieso nicht mehr in Frage. Die Kinder wurden aus der Schule genommen, das Haus vermietet, die Stelle aufgebeben. Daneben musste für das Boot geworben werden, denn wenn die Werft weiterbestehen sollte, mussten neue Aufträge her. Überstunden wurden zur Regel, denn das Segelboot musste unbedingt bis zur Bootsmesse Grand Pavois eingewassert sein.
Ein Blickfang
An der Bootsaustellung in La Rochelle blieb die Fusion 40 dann auch nicht unbemerkt. Die Journalisten standen für eine Testfahrt Schlange. Der Neuling erntete einstimmiges Lob und das, obwohl er alles andere als fertig war. Auf die Tage auf dem Wasser folgten lange Nächte in der Werft. Unaufhaltsam rückte der Termin der Abreise näher. Für Details blieb nur wenig Zeit. Ende Oktober stachen die Favres in La Rochelle in See. Die erste Etappe führte durch die berüchtigte Biskaya, doch die Bedingungen waren gut. Ohne Probleme segelte die Kangaroo in sieben Tagen bis nach Madeira. Zeit für die Familie, sich an das Meer zu gewöhnen, ihren Platz und ihren Rhythmus zu finden. Weiter ging die Reise zu den Kanarischen Inseln und dem Kap Verde. Die Überquerung nach Guayana endete nach 13 Tagen und einer Motorpanne in Martinique. Bis nach Guayana weiterzufahren wäre ein allzu grosses Wagnis gewesen, denn dort sind Ersatzteile nur sehr schwer zu bekommen.
Mittlerweile sind die Favres in den Antillen und glücklich über ihre erste Überfahrt. „Es hat wirklich alles sehr gut geklappt, wir haben uns nicht eine einzige Sekunde gelangweilt“, erzählt Hervé am Telefon. „Auch das Boot hat alle meine Erwartungen erfüllt. Mit Ausnahme der kleinen Schwierigkeiten, die nun mal zum Alltag eines Fahrtenseglers gehören, haben sich alle unsere Entscheidungen als richtig erwiesen.“ Bevor er den Hörer aufhängt, meinte Hervé noch: „Ein Jahr ist viel zu kurz. Wir denken daran, unsere Reise zu verlängern. “ Aus der Atlantiktour könnte also durchaus eine Weltreise werden!