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Vom Segeln leben

von Quentin Mayerat

Man muss bereit sein ganz unten anzufangen“, erklärt Simon Koster gleich zu Beginn des Gesprächs. „Es geht zunächst darum, die richtigen Leute kennen zu lernen und zu zeigen, was man kann.“ Eine Aussage, die sowohl die Problematik des Einstiegs ins Berufsfeld des Segelsports aufzeigt, als auch etwas über den Willen und die Fähigkeiten des jungen Simon Koster verrät. Aufgewachsen in der Agglomeration von Zürich machte der heute 21-Jährige bereits als Junior auf sich aufmerksam. Erst 15-jährig qualifizierte er sich zusammen mit Steuermann Yannick Brauchli auf dem 420er für die ISAF-Junioren-Weltmeisterschaften. Rekordverdächtige dreimal durften die beiden insgesamt als einzige Schweizer Vertreter an diesem Event teilnehmen. Nach dem Umstieg auf den 470er war für Simon jedoch bald Schluss mit dem internationalen Regattasegeln. „Ich hatte meine Ausbildung lange vernachlässigt und musste mich auf meinen Lehrabschluss als Elektroniker vorbereiten“, erklärt er. Das Kapitel Segeln war für ihn aber noch nicht abgeschlossen. Nach einem halbjährigen Sprachaufenthalt in Neuseeland machte er sich daher auf nach Cowes. Dort absolvierte er an der UK Sailing Academy in drei Monaten die Ausbildung zum „Yacht Master“, die ihn befähigt weltweit als Skipper zu arbeiten. Neben Theoriekursen und Sicherheitstrainings musste er in dieser Zeit zudem 2‘500 Meilen „abspulen“. „Weil ich die Meilenbestätigungen noch brauchte, war die Ausbildung nicht gerade billig und im Nachhinein habe ich erfahren, dass diese Fast-Track-Kurse nicht den besten Ruf geniessen, da man alles in sehr knapper Zeit hinter sich bringt.“, reflektiert Simon kritisch. Der Zürcher liess sich von dadurch aber nicht beirren und begab sich umgehend auf Stellensuche: „Man muss sich an möglichst vielen Orten bewerben und in seinem Dossier neben Qualifikationen und Erfahrungen auch Fähigkeiten, beispielsweise aus dem technischen Bereich, angeben, die man anderweitig erworben hat. Und man muss sich entscheiden, was man genau machen möchte. Je nach Job ist der Verdienst unterschiedlich. Tendenziell verdient man mehr, wenn man vor allem Wartungsarbeiten erledigt, dann aber kaum zum Segeln kommt“, erklärt Simon.

Segeln – eine Berufung
Er fand vor knapp einem Jahr eine Stelle im Bereich Corporate Sailing und Charter in Portsmouth. Anfangs wurde er jedoch nur für Unterhaltsarbeiten bezahlt und bekam pro Tag etwa 60 Pfund dafür. Das Segeln mit den Gästen und auch eine Teilnahme am Fastnet Race fielen in seine Freizeit. „Ich habe viel gelernt, verdiente genug zum Leben und machte auf mich aufmerksam“, relativiert Simon. Tatsächlich wurde Simon Koster angefragt, als es da-rum ging, die Crews der fi rmeneigenen Farr65-Jachten für die Überführung und den Wintereinsatz in der Karibik zu bestimmen. Eine fantastische Gelegenheit, wie er erklärt: „Ich werde viele Erfahrungen sammeln, bekomme dort 80 Dollar pro Tag steuerfrei und kann die grossen Karibikregatten wie die Antigua Week, die Heineken Regatta und das RORC 600 mitsegeln.“ Was nach der Rückführung kommen wird, weiss Simon noch nicht genau. Sein Ziel ist es, auf einer Regattajacht ohne Gäste anzuheuern, „aber das wollen fast alle“, sagt er. Die geplante Ausbildung an einer Schweizer Fachhochschule hat der einstige Schweizer Spitzenjunior jedenfalls bis auf weiteres verschoben: „Ich kann mir gut vorstellen, noch ein paar Jahre so zu leben und auch Karriere als Segler zu machen. Auf die Dauer ist ein solches Leben aber schwierig; eine Familie gründen etwa kann man kaum, weil man ständig unterwegs ist“, sagt Simon und denkt dabei wohl auch an die diesbezüglichen Vorzüge eines beständigen bürgerlichen Lebens in der Schweiz.

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