Felsig und zerklüftet ragt Ventotene aus dem Meer. Die Insel scheint das Wasser mit der gleichen Gewalt zu durchbrechen, mit der sie geschaffen wurde. Sie entstand bei einer Reihe von Vulkanausbrüchen. Lavaströme, Aschenund Lapiliregen haben ihr das heutige Gesicht verliehen. Für Segler ist die Vulkanformation eine gefährliche Falle. Ansonsten besticht sie durch ihre atemberaubend schönen Küsten, die sich im glasklaren Wasser spiegeln. Das malerische Dorf ist um den römischen Hafen herum angeordnet. Es ist heute noch der Lebensmittelpunkt der Insel. Tagsüber ist die kleine Hafenstadt Hochburg der Taucher und Fischer, bei Sonnenuntergang schlürfen die jungen Seebären an der Theke der Bar Mariposa ihren Aperitif, bevor sie sich ins Nachtleben von Ventonene stürzen. Schon beim Festmachen an einem in das Tuffgestein gegrabenen Poller offenbart sich die Schönheit dieses Freilichtmuseums, das Meeresliebhaber genauso verzaubert wie alle anderen Besucher.
Einmal rund um die Insel
Wir verlassen den Kanal des römischen Hafens Richtung Süden, wo die Römer Weiher für die Fischzucht und Salinen zum Sammeln des wertvollen Meeressalzes in den Tuff gegraben haben. Schon bald erblicken wir die beiden Riffe von Cala Nave, der zweifelsohne schönsten Bucht. Ihr Strand übt eine unglaubliche Anziehungskraft aus. Südlich des Riffs befinden sich im Hafenbecken einige gute, windgeschützte Ankerplätze. Von Cala Nave sind die beinahe senkrecht aus dem Meer ragenden Klippen der Insel sichtbar. In Küsten- und Strandnähe wimmelt es geradezu von knapp bis unter die Wasseroberfläche reichenden Klippen. Wir fahren weiter durch das türkisfarbene Wasser bis zur grossen, geschützten Cala Battiglia und den im Sommer völlig überlaufenen “natürlichen Schwimmbecken”. Sie werden von vielen Riffen gesäumt. Bei unruhiger See und nachts ist ein Annähern gefährlich. Einige hundert Meter westlich ragt ein grosses Riff bis an die Wasseroberfläche. Bis Punta dell’Arco, dem westlichen Ausläufer der Insel, ist das Meer ziemlich flach und der Grund felsig. Punta dell’Arco besteht aus Kanälen und Becken. Ein idealer Ort also, um im kobaltblauen Wasser nach archäologischen Überresten zu tauchen. Auch unerfahrene Taucher fin-den ihr Glück. Hier wurde u.a. das grosse Dolium (eine Weinamphore aus der Römerzeit) gefunden. Es ist heute im Museum von Ventotene ausgestellt. Wir lassen das Kap hinter uns und segeln in eine windgeschützte Bucht. Cala Paratella mit ihrer senkrecht ins Meer abfallenden Lavawand ist unverwechselbar. Im Frühling kann man hier oft Delfine beobachten. Sie vollführen Sprünge, Pirouetten und plündern ganz nebenbei die Fischernetze. Rund um die Insel tummeln sich grosse Pottwale, Fleckendelfine und grüne Schildkröten. Mit der Einrichtung eines Meeresschutzgebiets wurde die Nahrungsmittelkette erhalten und gestärkt. Kalmar, Tintenfische, Kraken, Meeräschen, Zackenbarsche und Zahnbrassen sind hier in Hülle und Fülle zu finden. Wir fahren weiter, vorbei an den schwarzen Felsen und den spitzen Riffen von Punta Pascone und ankern in Cala Parata Grande. Auf der rechten Seite der Bucht befinden sich zwei halb unter Wasser liegende Gebiete, in denen man gut schwimmen kann. Ab hier wird dringend davon abgeraten, weiter der Küste entlang zu segeln, denn die Gegend ist voller gefährlicher Untiefen. Man fährt besser vor den Sconcigli, zwei wenige hundert Meter vom Land entfernten, aus dem Wasser ragenden Riffen durch. Zwischen den Riffen und der Insel befindet sich eine sehr niedrige Felsenplattform. Sie ist sogar für Boote mit geringem Tiefgang, wie beispielsweise Gummiboote, äusserst riskant.