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35. America’s Cup: Bittere Niederlage für Oracle Kantersieg der Kiwis

von Quentin Mayerat

Die diesjährige Austragung des ältesten Sportwettkampfs der Welt war unglaublich speditiv. Eine Regatta jagte die nächste und im Final machten die Neuseeländer mit den Amerikanern kurzen Prozess. Unter dem Strich war der 35. America’s Cup erfrischend modern und komplett verrückt.

OMEGA_ETNZ_12Die Kiwis deklassierten die Amerikaner von Oracle mit 7:1 und holten die Silberkanne ins Land der grossen weissen Wolke zurück. Sie gingen als überlegende Sieger aus dem 35. America’s Cup hervor und entschieden somit auch den technologischen Wettstreit für sich. Denn eines war die älteste Sporttrophäe der Welt schon immer: ein Wettrüsten und Labor für Innovationen. Daran hatte sich auch auf den Bermudas nichts geändert. Die Foiler haben die Rennbedingungen der Hightech- Regatta grundlegend verändert. ETNZ ging von Anfang ganz anders an die Herausforderungen heran als die anderen Teams und hatte damit Erfolg. Wie so oft beim AC Cup waren schliesslich die Technologie und das Fingerspitzengefühl bei der Bedienung der Knöpfe und der Joysticks ausschlaggebend. Aber auch die neuseeländischen Velofahrer, die den traditionellen amerikanischen Grindern überlegen waren, und natürlich der herausragende neuseeländische Steuermann entschieden über Sieg und Niederlage. Peter Burling ist erst 26 Jahre alt, aber mit allen Wassern gewaschen. Er erteilte dem erfahrenen Australier Jimmy Spithill, der sein Team 2010 und 2013 am Steuer der Oracle zum Sieg geführte hatte, eine regelrechte Lektion. Die vielen selbstverschuldeten taktischen Fehler der Amerikaner taten ein Übriges.

Dank Velo-Seglern zum Erfolg?

170611_AC35_RP6784-par--Ric170529_ac35_gmr_5565-2Die eher schwachen Winde von 7 bis 12 Knoten im Great Sound kamen dem neuseeländischen Boot entgegen. Es war laut Augenzeugen oft schneller als Uncle Sams Katamaran. In manchen Läufen demütigten die Kiwis ihre Gegner regelrecht, so gross war ihr Vorsprung. Massgeblich an dieser beeindruckenden Leistung beteiligt waren die Velofahrer an Bord der AC50. Sie sorgten mit ihrer Muskelkraft für 30 Prozent mehr hydraulischen Druck, sodass die ETNZ nach den Wenden schneller wieder in Fahrt kam.
Nach Schätzungen des America’s-Cup-Experten Christian Karcher war Oracle insgesamt einen Knoten langsamer und kam weniger hoch auf die Foils. Die langen symmetrischen und in der Mitte mit einer Kerbe versehenen Foils der Neuseeländer schienen deutlich leistungsstärker. Beim Stand von 0:3 nahmen die Amerikaner vor der zweiten Runde technische Änderungen an ihrem Boot vor, um Tempo zu gewinnen. Das hätte das Team aber nur durcheinandergebracht, sagt Christian „Kiki“ Karcher. „Danach brachten sie gar nichts mehr auf die Reihe. Ausserdem fehlte ihnen eine konkrete Vision, die ihnen den Weg zum Sieg hätte weisen können. Oracle Team USA hatte keinen Anführer an Land und war deshalb auch auf dem Wasser verloren“, so Karchers Einschätzung.

Elektronisch foilen

170617_ac35_rp3557Martin Fischer, ein Spezialist für Strömungsmechanik, Schiffskonstrukteur und Leiter des französischen Design Teams, hat eine andere Erklärung für die empfindliche Niederlage der Amerikaner. „Das grösste Problem bei einem Schiff mit Flügelsegeln besteht darin, das Boot in der Flugphase in einer Höhe von rund 80 Zentimetern zu stabilisieren“, erklärt er. Für diese Stabilität sorgt auf den AC50 ein Kontrollsystem, bei dem der Winkel der Foils durch elektrische, mehrmals pro Sekunde ausgestossene Impulse angepasst wird. Das unterschiedliche Vorgehen beim Trimmen der Foils sei matchentscheidend, so Fischer. „Der amerikanische Skipper trimmt die Foils mithilfe von Knöpfen am Steuer. Er verlässt sich dabei auf sein Gefühl. Bei den Neuseeländern werden die Foils, das heisst ihr Anstellwinkel und die Höhe, per Computer eingestellt. So kann sich der Steuermann auf das Geschehen auf dem Wasser konzentrieren.“

Laut Fischer war eine weitere Innovation ausschlaggebend für den Sieg der Kiwis: „Das Flügelsegel des neuseeländischen Bootes funktioniert nicht gleich wie das der Amerikaner. ETNZ verwendet einen ausgeklügelten Zylinder, eine Art hydraulische, mit dem Joystick bedienbare Winde, während die Amerikaner manuell trimmen. Dadurch konnten die Neuseeländer sowohl den Winkel als auch die Steifigkeit des Flügelsegels feiner einstellen. Wie Karcher ist Fischer überzeugt, dass die Neuseeländer bei den Schwachwindbedingungen im Vorteil waren und die Amerikaner bei mehr Wind besser abgeschnitten hätten. Am Montag, 26. Juni 2017 hat Team New Zealand seinem Land nach 1995 und 2000 zum dritten Mal den America’s Cup geschenkt. „Es war ein verrückter Tag. Wir mussten erfinderisch und kreativ sein, um diesen America’s Cup zu gewinnen“ sagte Glen Ashby, der Segeltrimmer des Kiwi-Bootes, während Champagner auf das Trampolin der AC50 spritzte und die Segler ihr Siegesbier schlürften.


ETNZ war den Challengern bereits in den Qualifiers haushoch überlegen und musste sich nur Oracle zweimal geschlagen geben. Wichtig war aber vor allem, dass sie ihr Potenzial im Final 100% abrufen konnten.

170624_AC35_SVDB_044934-parRangliste der Louis Vuitton America’s Cup Qualifiers

Siege Niederlagen LVACW* Total
Oracle Team USA 8 2 1 9
Emirates Team New Zealand 8 2 0 8
Land Rover BAR 4 6 2 6
Artemis Racing 5 5 0 5
SoftBank Tean Japan 3 7 0 3
Groupama Team France 2 6 0 2

*Louis Vuitton America’s Cup World Series

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