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67. Rund Um Bodensee: Wieder kein Schweizer Sieg

von Quentin Mayerat

Fotos: ©Walter Rudin & Juerg Kaufmann

Der Österreicher Fritz Trippolt gewinnt mit einer Décision 35 die Rund Um 2017. Albert Schiess landet mit seinem 28-jährigen Eigenbau Holy Smoke als bester Schweizer auf Platz 3. 324 Boote genossen die herrlichen Bedingungen während der grössten Regatta auf dem Bodensee.

_DSC4627Immer am Freitag nach Fronleichnam steht Lindau am Bodensee unter Strom. Dann findet die Rund Um statt und Tausende von Schaulustigen entern schon nachmittags die Insel und streiten sich um die letzten Parkplätze. Wenn wie dieses Jahr auch noch das Wetter stimmt und sogar Äolus mitspielt, wird Lindau völlig überrannt. Den Zuschauern wurde bereits beim Einlaufen der Regattajachten am Treffpunkt im Lindauer Hafen bei bis zu 20 Knoten ein richtiges Spektakel geboten. In der Seemitte muss es mittags ziemlich kräftig geblasen haben, denn für den von Stefan Stäheli gesteuerten Katamaran Sonnenkönig von Armin Schmid kam das Aus schon auf der Überfahrt von Romanshorn nach Lindau. Das Boot hielt der starken Beanspruchung nicht stand und delaminierte. Ein Beam löste sich und zwang das Team zur Umkehr. Damit war bereits ein grosser Favorit und für die Schweizer ein Hoffnungsträger aus dem Rennen. Der Sonnenkönig hatte 2014 für den letzten Schweizer Sieg gesorgt. Höchste Zeit also, das Blaue Band wieder einmal in die Schweiz zu holen. Aber die Konkurrenz hatte aufgerüstet. Vorjahressieger Ralph Schatz wollte seinen Titel unbedingt verteidigen. „Wir haben am Boot alles komplett überholt, der Segelmacher kam extra aus Südfrankreich. Die Orange Utan ist mindestens 10 Prozent schneller geworden und wir haben schon im Februar mit dem Training begonnen“, sagte er an der Pressekonferenz vor der Regatta. Zu den Siegesanwärtern gehörte auch der Österreicher Fritz Trippolt. Er hatte am Genfersee eine Décision 35 gekauft und man war gespannt, ob die Skinfit die Dominanz der Platzhirsche auf dem Bodensee brechen könnte.

Dreikampf an der Spitze

Holy_SmokeAls die gut 300 Boote abends um halb acht auf die lange Reise geschickt wurden, herrschten knapp drei Beaufort Wind. Genug also, damit auch die schwereren Jachten mit flotter Fahrt ins Abendrot Richtung Romanshorn und Konstanz aufbrechen konnten. Eine Dreiergruppe aus Skinfit, Orange Utan und der alten Holy Smoke von Albert Schiess aus Arbon konnte sich früh vom Feld absetzen. Die Skinfit wählte für den ersten Schlag zwar die falsche Seite, es zeigte sich aber bald, dass die Décision 35 bei diesen Verhältnissen auf der Kreuz schneller ist. Sie holte auf und konnte sich bei der ersten Boje vor Romanshorn absetzen, während die beiden Konkurrenten mit Materialproblemen zu kämpfen hatten. Auf der Holy Smoke war die Rolle eines Flaschenzugs geborsten und auf der Orange Utan gab es gleich zwei Schäden zu reparieren: Das Fall des grossen Vorsegels war am Masttopp ausgeklickt und ein Crewmitglied musste mitten in der Nacht auf die Mastspitze. Kaum war dieser Schaden behoben, riss auch das Grosssegel gleich oberhalb der Cunningham. Tom Rüegge von der SV Kreuzlingen, der die Orange Utan von Ralph Schatz steuerte, ärgerte sich gewaltig: „Es ist für uns völlig unverständlich, dass so etwas passieren konnte, nachdem wir das Schiff so gründlich überholt hatten. Wir haben sicher eine Viertelstunde verloren und nachher mit dem lädierten Segel auf der Kreuz bis nach Überlingen deutlich weniger Speed erreicht.“ Bis zu sechs Kilometer Vorsprung konnte die Skinfit herausholen, büsste auf dem Rückweg aber wieder einiges ein. Die Verfolger starteten zur Aufholjagd, denn vor dem Wind ist die SL 33 Orange Utan schnell, aber es reichte nicht mehr. „Wir haben gekämpft wie die Löwen, jetzt sind wir sehr enttäuscht und auch erschöpft. Die Zwischenfälle haben viel Substanz gekostet“, meinte Rüegge im Ziel. Elf Minuten oder etwa einen Kilometer Vorsprung konnte die Skinfit von Trippolt ins Ziel retten, als sie nach 100 Kilometern Fahrt und 6 Stunden und 22 Minuten die Ziellinie vor Lindau kreuzte. Der Sieger zeigte sich im Ziel sehr glücklich: „Es war eine grossartige Fahrt, die Décision 35 läuft unglaublich gut. Aber wir hatten an ein paar Stellen auch Glück und profitierten vom günstigen Wind.“

Holy Smoke schnellstes Schweizer Boot

orange-utan-par-Jürg-Kaufmacredit-juerg-kaufmannMit Platz 3 sorgte Albert Schiess vom Yacht Club Arbon gleich in doppelter Hinsicht für Staunen. Zum einen schafft es die 28-jährige Holy Smoke immer noch, ganz vorne mitzuhalten. Zum anderen hat die Dreiercrew mit einem Altersdurchschnitt von über sechzig Jahren noch genug Power, um ohne Probleme über sechs Stunden im Trapez zu hängen. „Wir erlauben es uns nicht, alt zu werden“, sagte Skipper Albert Schiess. „Die Konkurrenz ist schneller und kann höher am Wind segeln, wir haben nur Chancen, wenn sich die anderen mit Problemen herumschlagen müssen oder am falschen Ort durchfahren. Aber vielleicht sind es auch die Erfahrung und die Gelassenheit, die uns helfen.“
Über 90 Prozent der gestarteten Boote kamen bei der Rund Um 2017 ins Ziel. Sie wird als eine der schönsten Austragungen in die Annalen eingehen. Dazu beigetragen haben das gute Wetter, der konstante Wind, die milden nächtlichen Temperaturen und die kurz vor Vollmond gute Sicht.

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