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73. Rund Um – Totalausfall der Schweizer Kats

von Walter Rudin

Bei stürmischen Bedingungen konnte Fritz Trippolt seinen letztjährigen Sieg auf dem Décision35 wiederholen. Er kam als einziger Katamaran ins Ziel, alle andern havarierten oder waren erst gar nicht angetreten.

Text : Walter Rudin
Fotos : Christian Flemming

Nachdem die letztjährige Rund Um mit Traumbedingungen für einen neuen Streckenrekord gesorgt hatte, gab es an der diesjährigen Ausgabe zwar wieder viel Wind, es schüttete jedoch während der ganzen Nacht wie aus Kübeln. Neun Liter Wasser pro Stunde kamen vom Himmel, und mit 10 Grad Lufttemperatur fühlte es sich an wie im Winter. Garstige Verhältnisse, die nicht allen Segelnden der 270 gemeldeten Boote behagten. Zudem bauten 15 bis 20 Knoten Wind aus Südwest auf der ganzen Länge des Bodensees bis anderthalb Meter hohe Wellen auf – kurze kabbelige Brecher, die kleinere Boote auf der Kreuz immer wieder eintauchen liessen und die Fahrt bremsten. Dann galt es auch noch auf Treibholz aufzupassen, das durch die hochgehenden Flüsse in den Bodensee gelangt war. Albert Schiess aus Arbon, letztes Jahr mit seinem Holy Smoke als Vierter bestklassierter Schweizer, verzichtete unter diesen Bedingungen auf den Start: «Ich denke, es wäre durchaus segelbar gewesen, aber ich hatte kürzlich eine Augenoperation und wollte wegen dem starken Regen nichts riskieren.» Trotz seiner 73 Jahre fühle er sich keineswegs zu alt, um mitzusegeln. «Alle sagen, ich solle aufhören, aber wirklich alt werde ich erst, wenn ich wirklich aufhöre», schmunzelte er.

Aus für die Schweizer Kats

Fünf der acht Katamarane der Startklasse 0 segelten unter Schweizer Flagge, aber keiner kam ins Ziel. Die kurzen, hohen Wellen lagen den kleineren Kats der M-Klasse gar nicht. Nur ganz kurz dauerte die Regatta für Green Horny von Sammy Smith. «Schon bei der Anreise über den See haben wir gesehen, dass es sehr schwierig werden würde», erklärte der Segler des Yacht Clubs Arbon. «Wir sind dann ohne Fock nur mit dem gerefften Grossegel gestartet, haben es aber nicht geschafft, den Druck des Segels in Speed umzusetzen, weil das Boot zu unruhig im Wasser lag.» Smith lag nach dem Start an zweiter Stelle, als eine Verbindung zum Ausleger brach und er das Rennen aufgeben musste. Schlimmer erwischte es seinen Vereinskollegen Hansjörg Etter auf Rocket. Auf dem ETFI 26 war die Ruderanlage gebrochen und über Bord gegangen.

Armin Schmid vom Segel-Sport-Club Romanshorn konnte mit seinem Sonnenkönig bis auf Höhe der ersten Boje mithalten, dann havarierte er. Das Carbonrohr zum Beam war gebrochen. «Ich habe noch nie so hohe Wellen auf dem Bodensee gesehen», sagte er später. «Es war absehbar, dass etwas kaputt geht. Die kleinen Kats sind einfach nicht für diese Verhältnisse gebaut. Auf jeder Welle werden sie abgehoben, knallen dann im Wellental ein und werden abrupt gestoppt. Sie werden zusammengestaucht wie Nussgipfel. Schade, es wäre eigentlich eine super Regatta gewesen und am Schweizer Ufer wären später die Wellen gar nicht mehr so hoch gewesen. Wir kommen auf jeden Fall wieder.»

Trippolt mit Start-Ziel-Sieg

Bereits nach einer Stunde waren alle Katamarane aus dem Rennen, bis auf einen. Der Décision35 ist wesentlich grösser als die Ventilos und ihm machen die Wellen weniger zu schaffen. Vorjahressieger Fritz Trippolt hatte zwar seinen D35 verkauft, die neue Eignerin Gloria Mang hatte ihn aber gebeten, den Kat an der Rund Um nochmals zu steuern. Gleich nach dem Start setzte sich der ehemalige Skinfit, der jetzt All you need heisst, an die Spitze und baute seinen Vorsprung kontinuierlich aus. Nachdem keiner seiner zweirumpfigen Mitbewerber mehr im Rennen war, betrug sein Vorsprung auf den Rest der Flotte teilweise bis zu 40 Kilometer. Als All you need in Überlingen am Seeende die Boje rundete, befanden sich die vordersten Jachten noch in Romanshorn. Trippolt musste auf seiner Speedfahrt zurück nach Lindau kein Risiko mehr eingehen. Nur knapp vier Stunden hatte er für die gesamte Strecke gebraucht. Nach der Zieleinfahrt waren ihm die Strapazen trotzdem anzusehen: «Die Bedingungen waren brutal. Es war kalt und die Welle war nach dem Start gewaltig.» Gloria Mang, die mit an Bord war, gewann als erste Frau die Rund Um. Zweiter über alles und schnellste Jacht wurde Wolfgang Palm, der mit der Wild Lady nach gut fünf Stunden in Lindau einlief. Damit gewann Palm auch das «Blaue Band» der Startgruppe 1. Podestplätze gab es für die Schweizer Boote in keiner der vier Klassen. Die harten Bedingungen forderten auch bei den Jachten ihren Tribut. Materialschäden, Kälte, Erschöpfung und Seekrankheit zwangen viele Crews zur Aufgabe. Nur 96 Boote beendeten die Regatta, die Letzten passierten das Ziel nach 12 Stunden mitten in der Nacht.

Bewährtes Konzept

Der Lindauer Segler-Club hatte die Regatta dieses Jahr wiederum um 16 Uhr gestartet, damit die schnellen Boote bereits im Lauf des späten Abends wieder zurück sind und von den Gästen gefeiert werden können. Eine Neuerung war die vierte Startgruppe: Die ganz schnellen Katamara- ne, Trapezjachten und Foiler starteten jetzt vorab, die anderen Gruppen zeitversetzt im 15-Minuten-Abstand.

Um die Regatta für alle Zuschauerinnen und Zuschauer an Land und online erlebbar zu machen, wurden während des Rennens Live-Interviews von den Schiffen, Live-Bilder mit Rennszenen und Drohnen-Filme in das Live-Tracking eingebaut. Das Konzept wäre aufgegangen, doch die Festivitäten am Seehafen wie auch beim Segelclub fielen buchstäblich ins Wasser. Vielleicht ist Petrus im nächsten Jahr ein wenig freundlicher zu den Segelnden und den Gästen des Hafenfestes, guten Wind erwarten die Teilnehmenden hingegen gerne wieder.

HOHER WELLENGANG LIESS VOR ALLEM DIE KLEINEREN JACHTEN AUF DEM WASSER TANZEN.

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