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Action und Generationenwechsel bei den Décision 35

von Quentin Mayerat

Mit dem Beschluss des Gründers der Challenge Julius Bär, sich aus dem Segelsport zurückzuziehen, war ein Kapitel der Geschichte der D35 zu Ende gegangen. Das seit 2004 dauernde Engagement der Bank war beispielhaft. Umso schwieriger gestaltete sich die Aufgabe, auf die Schnelle einen ebenbürtigen Ersatz zu finden. Anfang 2011 erklärte sich dann aber eine Uhrenmarke bereit, in die Fussstapfen der Bank zu treten und die Meisterschaft wurde in Vulcain Trophy (presented by Business & Décision, um genau zu sein) umbenannt. Als weitere tiefgreifende Strukturänderung hatten die Eigner der D35 beschlossen, 2011 endlich ihren Traum wahr zu machen und mit ihren Katamaranen auf dem Meer zu segeln. Also wurde die Genferseesaison dieses Jahr erstmals auf fünf Regatten und zweieinhalb Monate verkürzt, damit genug Zeit bleibt, im September in Beaulieu-sur-Mer und in Antibes zwei Grand Prix auszutragen. Grundlegende Änderungen gab es auch bei der Flotte. Das erst- und das letztplatzierte Boot der Rangliste 2010 sind nicht mehr dabei und auch innerhalb der Teams gab es viele Wechsel.

In Frankreich geniesst die auf Hightech-Katamaranen bestrittene Tour schon seit mehreren Jahren hohes Ansehen. Neuerdings hat sich die Qualität des Circuits auch bei den America’s Cup Teams herumgesprochen. Niemand geringerer als der Challenger of Record mischt dieses Jahr bei den D35 mit! Das vielbeachtete Duo mit dem schwedischen Milliardär und Eigner von Artemis Racing Torbjörn Törnqvist und seinem Steuermann Paul Cayard hat bereits eindrücklich bewiesen, dass es sich nicht mit einer Statistenrolle begnügen will. Sie sind allerdings nicht die einzigen Neuzugänge, die den alteingesessenen Skippern die Hölle heiss machen. Die Youngster vom Centre d’Entraînement à la Régate haben gleich von Anfang an gezeigt, dass mit ihnen zu rechnen ist. Sie verzichteten dieses Jahr auf die Teilnahme an der Tour de France à la Voile, werden sich dort aber nach einer einjährigen Pause wieder zurückmelden. In der Zwischenzeit wollen sie ihre einzige Saison bei den D35 gewinnbringend nutzen und den 30. Geburtstag des CER mit ein paar Podestplätzen feiern.

Die Jungen heizen den Alten ein

Der Plan des CER scheint aufzugehen. Ihnen gelang ein brillanter Saisonauftakt mit einem souveränen Sieg am Grand Prix Les Ambassadeurs vor Alinghi und einem 2. Platz am Realstone Cup hinter Foncia. Die einzigen, die über das unverfrorene Debüt nicht wirklich erstaunt waren, sind die Insider. Christian Wahl, der als Taktiker auf der Ladycat segelt und früher das CER leitete, kennt die Fähigkeiten der im CER ausgebildeten Segler und betont, dass in kaum einem anderen Profiteam ein solcher Teamgeist zu finden sei. Nicolas Berthoud, der Taktiker der Zen Too, ist voller Bewunderung für die im Vorfeld geleistete Arbeit und Guy de Picciotto, der Eigner der Zen Too, nimmt regelmässig junge Segler in sein Team auf, um ihnen einen Chance zu geben. Alinghi-Coach Pierre-Yves Jorand freut sich für das CER, schliesslich hat er mitgeholfen, die jungen Segler auf die D35 vorzubereiten. „Da die Boote bereits ihre achte Saison segeln, haben wir versucht, auf Qualität und nicht auf Quantität zu setzen und deshalb die Anzahl Trainings auf der Alinghi reduziert. Gleichzeitig haben wir mit dem CER ein gemeinsames Trainingsprogramm ausgearbeitet. Dadurch konnten wir die Stunden auf dem Wasser optimieren. Auch Ladycat und Foncia waren beteiligt, wenn auch in geringerem Ausmass. Dona Bertarelli plant, in Zukunft regelmässiger an diesen Trainings teilzunehmen, denn sie ist mit den vergangenen Monaten nicht zufrieden. „Wir sind jetzt ein gemischtes Team, finden uns aber noch nicht so richtig zurecht und können auch keine Fortschritte machen. Wir haben viele Fragen und werden deshalb das Know-how von Alinghi in Anspruch nehmen.“

Alinghi hat nicht nur die Bol d’Or Mirabaud gewonnen und ist damit im Zwischenklassement der Vulcain Trophy auf den 3. Platz vorgerückt, sie hat mit ihrer Siegeszeit von 6 Stunden und 25 Minuten auch eine neue Bestmarke bei den Décision 35 aufgestellt.

Klassenpräsident Nicolas Grange ist immer noch genauso begeistert von den Regatten auf den D35 wie am ersten Tag: „Der Sieger eines Laufs kann im nächsten das Schlusslicht sein und umgekehrt; das gilt dieses Jahr mehr denn je. Die Flotte ist so einheitlich, dass ununterbrochen gekämpft werden muss. Das macht die Klasse auch so sympathisch.“ Natürlich gebe es eine erste und eine zweite Tabellenhälfte, aber in den letzten Jahren seien sie wie in zwei verschiedenen Ligen gesegelt, führt Grange seine Erklärung aus. „Dieses Jahr aber kann es durchaus passieren, dass Alinghi oder Foncia so richtig eins auf die Nase bekommen und auch einmal auf dem letzten Platz landen.“ Er selbst ist mit seiner bisherigen Platzierung unter den sechs Besten zufrieden, denn schliesslich ist Loïck Peyron weniger oft an Bord als im Vorjahr. Er hofft, dass er das Glück auf dem Mittelmeer auf seiner Seite hat. „In der vorletzten Regatta kam es zu einer Kollision mit Artemis, in der letzten ging ein Mann über Bord“, sagt er und stellt dann einen Vergleich an, um das Handicap gegenüber anderen Teams aufzuzeigen: „Ein Profiteam zum Beispiel hat einen im Ruderblatt verfangenen Plastiksack im Nu entfernt, wir verlieren dabei vier Längen. Wir müssen deshalb lernen, das nächste Jahr besser auf solche Zwischenfälle zu reagieren. Davor werden wir aber die Regatten auf dem Mittelmeer geniessen.“ Um das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden, nimmt Okalys-Corum den Lokalmatador Nicolas Charbonnier als Taktiker an Bord. Er ersetzt Eric Monnin, der dann am St. Moritz Match Race zugegen ist.

An der Bol d’Or Mirabaud steuerte Pascal Bidégorry das Boot des CER.

Stève Ravussin hat aus dem Team der Veltigroup eine Profiequipe gemacht und im Gesamtklassement für eine spektakuläre Verbesserung (2.) gegenüber den Vorjahren gesorgt. „Im letzten Jahr sind wir irgendwie nicht vorwärtsgekommen und hatten ein Problem nach dem anderen. Dieses Jahr sind wir von Profis umgeben, von denen die Hälfte mit mir bei den MOD70 segelt, und wir haben unser Gewicht mit einem extrem leichten Bugmann optimiert“, so der Waadtländer Skipper. Ihm ist aufgefallen, dass die Flotte trotz des Alters der Boote nicht zuletzt dank der gemeinsamen Anstrengungen der Einheitsklasse allgemein schneller geworden ist. „Die D35 profitieren von den jüngsten Entwicklungen im Bereich des Riggs. Da können sogar die neuen, auf die Bol d’Or zugeschnittenen M1 kaum folgen.“

Bei so viel geballtem Können dürfen sich die Teams nicht den kleinsten Fehler erlauben. Die Bojenrundungen sind besonders hart umkämpft. Nur wer sich gut platziert, kann sich Chancen auf eine vordere Platzierung ausrechnen.

Vom Genfersee ans Mittelmeer

Michel Desjoyeaux, der die Zwischenwertung der Vulcain Trophy anführt, war überrascht, dass er sich so schnell und so gut zurechtfand. Aber schliesslich könne er ja auf ein erfahrenes Team aus Spitzenseglern zählen, von denen die meisten im letzten Jahr mit Alain Gautier auf der D35 Foncia gesegelt sind. „Den Genfersee zu kennen, ist nicht unbedingt ein Vorteil, denn was man nicht kennt, beobachtet man besser und kann deshalb auch eine bessere Kurswahl treffen“, sagt Desjoyeaux. Den beiden letzten Statio-nen in Südfrankreich sieht der Skipper der Foncia zuversichtlich entgegen: „Dort starten wir alle unter den gleichen Voraussetzungen, denn die Teams nehmen ihr Boot alle gleichzeitig in Besitz und verfügen über die gleiche, kurze Trainingszeit.“ Ähnlich tönt es bei Christian Wahl: „Die Wellenbewegungen zwingen die Teams dazu, schnell den richtigen Trimm zu finden, die Teams müssen sich auf wechselhafte Bedingungen einstellen und die Eingewöhnungszeit wird sehr knapp bemessen sein“, prophezeit Wahl. Pierre-Yves Jorand hat seinen Plan schon geschmiedet: „Auf dem Mittelmeer hat es mehr Wellen  und man muss feiner segeln, um die Boote zu schonen. Die D35 haben nur wenig Auftrieb, aber unglaublich Druck in den Segeln, dadurch wird es schwierig, ihre Kraft in den Griff zu bekommen.“

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