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America’s Cup – Die neuen Challenger wollen mehr Teams und mehr Regatten

von Pierre-Antoine Preti

Schon bald geht es an die Planung der 38. Ausgabe des America’s Cup. Die AC75 sind dabei weiterhin attraktiv; viele befürworten jedoch die Einführung einer zusätzlichen Meisterschaft. Eine Analyse mit Silvio Arrivabene (Alinghi Red Bull Racing) und Stephan Kandler (Orient Express Racing Team).

Text: Pierre-Antoine Preti

Nach dem America’s Cup ist vor dem America’s Cup! Sobald die Ziellinie zum letzten Mal überquert ist, wählt der Sieger seinen Challenger of Record. In den folgenden Monaten legen sie gemeinsam das Protokoll, d. h. das Format der nächsten Ausgabe, fest. Für die aktuelle, 37. Ausgabe wählte die Royal New Zealand Yacht Squadron (Emirates Team New Zealand) die Royal Yacht Squadron Ltd (Ineos Britannia). Als dieses Magazin gedruckt wurde, stand der Sieger noch nicht fest. Daher haben wir die Challenger gefragt, was sie von den Regeln dieser 37. Ausgabe halten und welche Verbesserungen sie sich wünschen. Die beiden neuen Herausforderer, Silvio Arrivabene, Co-General Manager von Alinghi Red Bull Racing, und Stephan Kandler, CEO des französischen Challengers Orient Express Racing Team, waren bereit, mit uns zu sprechen.*

Weniger Kosten, grössere Teams

Ein Ziel der Organisatoren des 37. America’s Cup waren mehr Teilnehmer. Um das zu erreichen, mussten die Kosten sinken – eines der Anliegen des aktuellen Defenders. Stephan Kandler, der Chef des französischen Teams, begrüsst diesen Entscheid: «Die Neuseeländer haben alle Möglichkeiten ausgeschöp, um Geld zu sparen. Im Jahr 2021 gab es vier Teams. Heute sind es echs. Die Serie scheint also tatsächlich zu wachsen. Diesen Kurs müssen wir beibehalten!»
Ebenfalls in diesem Sinne erlaubten die «Regelmacher» nur ein Boot pro Team. Es wurde zudem eine Vereinbarung unterzeichnet, wonach die AC75 auch in der 38. Auflage des Cups zum Zug kommen sollen. Im Anschluss sollen die sehr teuren architektonischen Innovationen begrenzt werden. Silvio Arrivabene: «In der Formel 1 sind die Teams in den letzten 20 Jahren von 50 auf 1000 Mitarbeitende gewachsen. Jeder kleinste Teil des Autos wird von Spezialistinnen und Spezialisten laufend optimiert. Das ist extrem kostspielig. Da der America’s Cup aber lediglich alle drei bis vier Jahre stattfindet, glaube ich nicht, dass hier ein solcher Aufwand unbedingt notwendig ist.»In Sachen Architektur wurden einige Teile drastisch begrenzt. So zum Beispiel die Foils (drei statt sechs Stück bei der letzten Ausgabe). Für Silvio Arrivabene ist dies «eher wenig, wenn man bedenkt, wie viel kaputt gehen kann und wie viele Ersatzteile es gibt.» Das Design der Gelenkarme, des Masts, des Hydrauliksystems und die Materiallehre wurde eingefroren. Silvio Arrivabene: «Die Boote sind sehr einheitlich, ausgeglichen. Dies gilt umso mehr, als es noch viel Raum für Innovationen gibt.»

Menschengemachte Energie?

Soll man weiterhin auf eine Armada von Radsportlern setzen, um einen Teil des Energiebedarfs des Schi§es zu decken? Stephan Kandler ist für die Beibehaltung dieser Praxis, die seiner Ansicht nach dem Zeitgeist entspricht. Silvio Arrivabene hingegen ist zurückhaltender: «Rein technisch gesehen könnte eine einzige Person ein solches Segelboot steuern. Aber das stellt die Philosophie des Sports ganz grundsätzlich in Frage. Ehrlich gesagt hatte ich noch keine Zeit, mich in diese Thematik zu vertiefen.»

AC40-Meisterschaft?

In Barcelona ist die Frage nach einer AC40-Zwischenmeisterscha in aller Munde. Stephan Kandler ist sich sicher: «Wir müssen das unbedingt organisieren. Sie ist einer der Schlüssel, um unsere Sichtbarkeit erheblich zu verbessern.» Silvio Arrivabene geht noch einen Schritt weiter: «Wir können auch Zwischenregatten auf AC75 organisieren. Wir können uns sogar Flottenregatten
vorstellen.» Von Letzterem ist Stephan Kandler jedoch nicht begeistert: «Match Racing ist Teil der DNA des America’s Cup.»

©Samo Vidic DIE NEUEN CHALLENGER RÄUMEN EIN, DASS DAS GLEICHGEWICHT ZWISCHEN EINHEITSKLASSE UND INNOVATION STIMM

Den Sport besser vermitteln

Bezüglich der Öentlichkeitskommunikation sind sich die beiden Fachleute jedoch einig: Sie muss verbessert werden. Silvio Arrivabene räumt ein, dass die Crewaufstellungen mittlerweile sehr statisch sind. «Dennoch sind ja alle Mitglieder sehr aktiv. Wir müssen einfach besser vermitteln, wer wofür zuständig ist, und wir müssen die Daten sichtbarer machen und spektakulärer auereiten.» Stephan Kandler sieht sich gar vor einer «missionarischen» Aufgabe und stösst ins gleiche Horn: «Es ist ein wenig paradox, aber heute verstehen die Leute unseren Sport dank des SailGP besser.»

©Samo Vidic

Louis Vuitton Cup ohne Defender

Wenn es etwas gibt, womit der Co-General Manager von Alinghi Red Bull Racing nicht einverstanden ist, dann ist es die Präsenz des neuseeländischen Defenders während der Round Robin des Louis Vuitton Cup: «Ich habe nichts dagegen, dass der Defender in einer Zwischenmeisterscha mit-segelt, aber beim Louis Vuitton Cup hat er nichts zu suchen. Dieser Raum ist den Herausforderern vorbehalten. So will es die Tradition des America’s Cup.» Stellt man Stephan Kandler die gleiche Frage, so äussert er sich etwas zurückhaltender. Er erkennt in diesem Modus ein Mittel, «um zu verhindern, dass der Defender sich dafür entscheidet, mit zwei Booten zu segeln, was ein enormer Vorteil wäre.»

©Alexander Champy-McLean

LINKS: STEPHAN KANDLER, CEO DES ORIENT EXPRESS RACING TEAM, WÜNSCHT SICH EINE ZWISCHENMEISTERSCHAFT MIT DEN AC40.

UNTEN: DIE ERZEUGUNG VON ENERGIE AUF FOILERN
DURCH MENSCHEN IST EIN KOMPLEXES THEMA.

RECHTS: SILVIO ARRIVABENE, CO-GENERAL MANAGER VON
ALINGHI RED BULL RACING, WÜRDE MEHR AKTIVITÄTEN MIT
DENAC75 BEGRÜSSEN

©Samo Vidic

Youth, Women und mehr Vorrunden

Beim Format des Wettbewerbs legt Stephan Kandler grossen Wert auf die Youth- und Women-Circuits. «Heute gibt es zwei Wege, um in den America’s Cup vorzustossen. Zusammen mit dem Weg der Challengers sind das drei verschiedene Einstiegsstufen in den Sport.» Silvio Arrivabene bedauert ein wenig die sehr kurze Dauer der Rennen (20 Minuten): «Wenn wir schon die Regatten nicht verlängern, sollten wir wenigstens deren Anzahl erhöhen. Nach einer dreijährigen Kampagne ist es nämlich sehr frustrierend, so wenig zu segeln. Wir könnten uns daher mehr Vorrunden vorstellen.» Der Schweizer Teamchef fügt hinzu: «Generell wünsche ich mir, dass alle Teams angehört werden, damit wir die verschiedenen Standpunkte zusammenführen und die Veranstaltung optimal organisieren können.»

*Die Herausforderer aus den USA und Italien haben unsere Gesprächseinladung abgelehnt. Die Amerikaner aus zeitlichen Gründen, während die Italiener folgendes Statement abgegeben haben: «Die Regeln, die der Defender aufgestellt hat, kommentieren wir nie. Wer sich bereit erklärt mitzumachen, akzeptiert automatisch die Spielregeln. Wem die Regeln nicht gefallen, der kann sie jederzeit ändern – aber dazu musst er erst mal den America’s Cup gewinnen.»Den Challenger of Record (Royal Yacht Squadron Ltd.) haben wir nicht konsultiert, da er selbst an der Erstellung der Regeln des 37. America’s Cup beteiligt war. Sie zu kritisieren, wäre ihm wohl schwergefallen.

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