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Bol d’Or: ganz vorne mit dabei

von Quentin Mayerat

Kompliziert werde er sein, hiess es im Vorfeld des Bol d’Or. Schliesslich überraschte er die Segler, Organisatoren und Anwesenden aber doch positiv. Zumindest an der Spitze der Flotte verlief die Regatta fliessender als befürchtet. Langweilig oder gar ereignislos war die 70. Ausgabe der Genfersee-Kultregatta nicht, die 526 teilnehmenden Boote kamen alle auf ihre Kosten. Für Aufsehen sorgten natürlich einmal mehr die D35, auch deshalb, weil auf den Racern viel Segelprominenz mitfuhr. Alain Gautier hies seinen Teamkollegen Michel Desjoyeaux willkommen, die jungen Draufgänger auf Zebra 7 hatten sich die Dienste von Franck Cammas gesichert und Alinghi hatte Tanguy Cariou und Murray Jones an Bord geholt. Anstelle von Bise gab es am Start praktisch keinen Wind. Sofort übernahm die von Stève Ravussin gesteuerte Zen Too die Führung, ihr Schwesterschiff Cadence und die M2 Banque Piguet hefteten sich ihr ans Heck. Bei den Katamaranen ebenfalls ganz vorne mit dabei war die Full Pelt von Joe Richard; sie kam bei den Leichtwindbedingungen erstaunlich schnell voran. Das konnten leider nicht alle von sich behaupten. Alle, die sich für die französische Seeseite entschieden hatten, steuerten direkt in ein Flautenloch. Erst am späten Morgen machte sich die Wahl dann doch bezahlt. Plötzlich brach auf dieser Seite eine ganze Reihe Einrümpfer aus und zog davon. Die Mehrrümpfer hatten das Nachsehen. Um 11.30 Uhr führte ein Toucan den Bol d’Or an.

Der Ausbruchversuch des im Vergleich zu den modernen HightechBoliden alten Boots währte jedoch nicht lange. In Yvoire schob ein zunächst schwacher Nordwestwind die Mehrrümpfer in Richtung Le Bouveret und blies schliesslich über den ganzen See. Die Flotte war gleichmässig über den See verteilt. Vor Lausanne ging Foncia dann unvermittelt zum Angriff über. Dank der Steuerkünste von Michel Desjoyeaux und dem bewundernswerten Einsatz seines Teams zog Foncia an Smart Home vorbei und machte damit einen Platz gut. In Bouveret schlug die Turmuhr 14 Uhr. Ravussin rundete die Boje vor Foncia und Smart Home, die M2 Team Parmigiani folgte an sechster Stelle. Um 15.51 Uhr hatte dann auch die Oyster Funds als erster Einrümpfer die Hälfte der Strecke geschafft, dicht gefolgt von Full Pelt und Digital BDO. Im Petit Lac schlief der Wind im gleichen Moment ein. Die Surprise-Flotte und ähnliche Boote teilten sich in zwei Gruppen: Die einen, die gerade noch rechtzeitig davongezogen waren und die anderen, die vor Yvoire feststeckten und sich bis in den späten Nachmittag gedulden mussten, bevor sie im Grand Lac wieder etwas Wind in die Segel bekamen. Vor Lausanne stand Zen Too vor einem Dilemma: Sollte sie auf die andere Seeseite wechseln oder auf der Schweizer Seite bleiben und das Risiko eingehen, in Morges in eine Flautenzone zu geraten? Der Taktiker Nicolas „Canard“ Berthoud entschied sich für die zweite Variante. Die beiden anderen Teams des Führungstrios taten es ihm gleich und fuhren damit direkt ins Verderben. Kaum waren sie auf der Höhe von Evian, brach der Wind ein und die Führenden parkten in einem Windloch. Auf einer Wiese oberhalb Saint-Prex hatte jemand ein Feuer entfacht. Das Gras war nass und verursachte einen dichten Rauch. Ohne sich dessen bewusst zu sein, war der Bauer, der das Unkraut verbrannte, ein Schlüsselelement dieses 70. Bol d’Or. Die Rauchsäule stieg senkrecht in den Himmel und beschrieb dann einen leichten Bogen in Richtung Genf. Für Zebra 7, die auf Schweizer Seite in Lauerstellung lag, war dies das ersehnte Zeichen. 90 Grad vor der Küste erwischte sie einen Windstoss. Das Team um Franck Cammas liess sich nicht zweimal bitten, Okalys und Alinghi folgten dicht dahinter. Der Wind hielt bis Yvoire an, dann war allerdings erneut Schluss. Schon wieder Flaute! Für kurze Zeit lagen die Décision 35 und die Surprise Seite an Seite, bis sich das Wasser vor dem Bug der Zebra 7 plötzlich wieder zu kräuseln begann. Die 1300 Kilo des schwarzen Katamarans kamen dank einer leichten Brise wieder in Bewegung. Okalys sass derweil auf französischer Seite fest. Auch Alinghi, die etwas weiter hinten in der gleichen Achse lag, bewegte sich nicht mehr von der Stelle. In fast heiliger Stille wurde vor der Belotte eine letzte Halse gesegelt. Niemand wagte auch nur ein Wort zu sagen, alle waren auf den Trimm konzentriert. „Wir haben uns wirklich angestrengt das Boot richtig zu trimmen und bis ins Ziel konzentriert zu bleiben“, sagte Julien di Biase im Ziel. Nach 9 Stunden und 34 Minuten kreuzten die Sieger die Linie und liessen in einer Champagnerdusche und dem obligaten Bad im See ihrer Freude freien Lauf. Die Verfolger waren derweil noch nicht am Ende ihres Leidenswegs angelangt. Auf der Höhe von Genthod hatten sie erneut Pech. Und wie schon zuvor schoss ein Team im Alleingang nach vorne: Die M2 Team Parmigiani war auf der französischen Seite geblieben, wo der Wind als erstes wieder aufdrehte. Ihr Steuermann Michel Vaucher betrachtete seinen Erfolg als Trostpreis für die verpatzte Genève-Rolle-Genève in der Woche zuvor: „Wir hatten vor dieser Regatta mental viel an uns zu arbeiten, um über die Enttäuschungen an der Genève-Rolle hinwegzukommen. Die Genève-Rolle-Gèneve hat uns schon einiges an Nerven gekostet. Dank der richtigen Einstellung, einer guten Nase und optimalem Bootsspeed konnten wir heute aber Nägel mit Köpfen machen.“ Zen Too wurde schliesslich vierte. „Wir hätten genauso gut achte werden können. Etwas Glück gehört beim Bol d’Or eben dazu. Wir freuen uns, dass wir etwas Leben in diese Ausgabe bringen konnten“, so Vaucher. Um 22.45 Uhr passierte dann mit der von Boaron gesteurten Psaros 40 Oyster Funds der erste Einrümpfer die Linie. Auf den zweiten Podestplatz hisste sich Full Pelt, der Monohull von Joe Richard, den dritten Rang belegte die riesige Digital-Bdo von Vuilliez. Dahinter wurde noch immer hart gekämpft. Nach 21:07:37 erreichte dann die Tarangau als erste der über hundert Surprise das Ziel. In den Augen vieler ist sie die wirkliche Siegerin dieses Bol d’Or.

Vollständige Resultate unter: www.boldor.ch

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