Obwohl der schwache Wind bei Segelnden und Publikum für Frust sorgte, begeisterte die Bol d’Or Mirabaud mit einem fantastischen Rennverlauf. «Zauberer» Christian Wahl schlug die Konkurrenz zum 9. Mal in seinen Bann, Raffica feierte ihren 7. Erfolg und lediglich 183 der 420 gestarteten Boote erreichten das Ziel.
Text: Oliver Dufour
Wieder einmal war die Bol d’Or Mirabaud (BOM) eine Zerreissprobe. Die Zeit verging schrecklich zäh. Zum Schluss konnte erneut Christian Wahl den Pokal in die Höhe stemmen und ihn mit seinem dritten Sieg in fünf Jahren sogar behalten. Der «Zauberer des Genfersees» und sein Team, zu dem auch einige Mitglieder der Sailing Squad gehörten (siehe Kasten), nutzten die passgenau auf den Katamaran zugeschnittenen flauen Bedingungen, um das Feld langsam, aber zielstrebig von hinten aufzurollen. Geduldig holten sie die Konkurrenten, die seit der Wendemarke vor Le Bouveret an ihnen vorbeigezogen waren, einen nach dem anderen wieder ein und passierten die Ziellinie nach kräftezehrenden 7 Stunden, 14 Minuten und 2 Sekunden als Sieger.
«Mental war es hart», gestand der Skipper und neunfache Sieger der BOM. «Realteam war sehr schnell und wir befanden uns bei der Wendemarke in keiner allzu guten Position. Zusehen zu müssen, wie der TF35 davonzog, war bitter. Da er zum ersten Mal ohne Foils gegen uns segelte, fehlten uns die Anhaltspunkte. Ausserdem mussten wir uns erstmals gegen die M2 zur Wehr setzen. Es ist uns nie wirklich gelungen, sie abzuschütteln.» Trotzdem hätten sie bis zum Schluss an den Sieg geglaubt, lobte Christian Wahl den Durchhaltewillen seines Teams. «Wir wussten, dass wir bei diesen Bedingungen Podestchancen haben. Möglicherweise waren wir dann in der Nacht zudem etwas im Vorteil», räumte er ein.
«Vor dem Wind waren sie schneller als wir»
Jérôme Clerc meinte etwas resigniert: «Wir haben alles gegeben und bis zum Schluss gekämpft.» Lange sah sein TF35 Realteam als sicherer Sieger aus. Auf dem Rückweg führte er das Rennen bis vor Coppet an, fiel dann aber auf den 4. Rang zurück. «Natürlich sind wir enttäuscht und genervt , aber das ist nun Mal die Bol d’Or Mirabaud, das macht ihren Reiz aus», befand er. Man habe immer die Tendenz alles zu hinterfragen, aber sie hätten keinen Fehler begangen. «Die D35 war einfach vor dem Wind etwas schneller. In Coppet haben sie uns im Lee überholt. Normalerweise hätten wir sie unter Kontrolle halten und am Vorbeiziehen hindern können, aber eben, sie waren uns ein klein wenig überlegen.»
Der Waadtländer Skipper kann sich zumindest damit trösten, dass er einen genialen Coup gelandet hat. Wie es das Klassenreglement an der BOM erlaubt, hat Realteam die Foils durch gebogene Schwerter ersetzt. In dieser Konfiguration zeigte der Katamaran, dass er bei wenig Wind mit den D35 mithalten kann. Bisher waren diese nämlich stets schneller gewesen, wenn die Foiler nicht abheben konnten. Etwas Positives konnte Clerc dem Rennen dann aber doch abgewinnen: «Immerhin haben wir wichtige Erkenntnisse gewonnen, die werden hilfreich sein, falls an den nächsten Ausgaben wieder Flaute herrscht.» In den letzten Schlägen des Rennens wurde Realteam dann sogar noch von Swiss Medical Network und Patrimonium überholt. Ihnen gelang das Kunststück, zum ersten Mal zwei Ventilo M2 aufs Podest zu bringen.
Raffica unantastbar
Nicht weniger spannend war der Wettstreit um den Echtzeit-Sieg bei den Jachten. Über lange Strecken segelte die Psaros 40 Cellmen Ardentis von François Thorens vorne weg. Es deutete alles darauf hin, dass sie der Vorherrschaft der Raffica diesmal ein Ende setzen würde. Die ungarische Libera war seit sechs Ausgaben ungeschlagen. Aber so schnell gaben Skipper Zsolt Király und seine 14 Crewmitglieder nicht auf. Sie kämpften sich geduldig nach vorne und konnten in 19h 20min 32s dann doch noch ihren 7. Sieg in Folge feiern. Die Psaros Cellmen und SYZ mussten sich erneut geschlagen geben.
Eine löbliche Erwähnung verdienen auch alle anderen Teilnehmenden, die jedes Jahr ein ganzes Wochenende oder mehr opfern, um an diesem grossartigen Anlass dabei zu sein. Zwar kamen heuer «nur» 183 der 420 Gestarteten ins Ziel, aber alle plagten sich stundenlang ab, in der Hoffnung, dass sie ein kleiner Windstoss ein paar Meter anschieben würde. Bei einigen wurde die Knochenarbeit mit einem Sieg in ihrer Kategorie belohnt.
Wachsendes Surprise-Feld
Nach berechneter Zeit siegte die 6,5m SI Ondine von Christian Monachon (CV Vevey-la-Tour) vor der J/24 5ème Elément von Stéphane Fallot (SN Genève) und der Surprise Twist Again von Jean-Pascal Chatagny (CV Grandson). In der Mehrrumpf-Kategorie SC1 setzte sich der Ventilo Pulso helyum.ch von Thierry Froidevaux (Segeln im Meilener Pool) gegen den Flying Fantom Back to Basics von Eric Le Bouëdec (CN Lorient) durch. In der mit 102 Booten erneut teilnehmerstärksten Klasse der Surprise triumphierte Twist Again, gefolgt von Kahlua von Cédric Pochelon (Baie de Corsier) und CER – Naef Immobilier von Morgan Lauber (CER). Bei den Grand Surprise dominierte Mea Huna vor Christian Haegi (SNG) vor Morpho von Jean-Marie Mechelany und Les Boucaniers von Marc Sommaro (beide CN Sciez).
In der Kategorie TCF1 schafften es lauter Melges 32 aufs Podest: die Dupin1820-Twister von Jean-Marc Deryng (SNG) aufs oberste Treppchen, Yasha Samurai von Michel Glaus (SNG) auf den zweiten und Skadi von Carlo Babini Merlo (Creux de Genthod) auf den dritten Platz. Die Kategorie TCF2 gewann David Petruiset (CV Evian) auf der Esse 850 Darnetal, dicht gefolgt von Alfred Zbinden (CN Morgien) auf der Luthi 870 Syneco und Christophe Susset (CV Moratel-Cully) auf der UFO 28 Rantanplan. Bei den TCF3 ging der Sieg an die 6,5m SI Lof Machine von Frédéric Reymond (CV de Lausanne). Den 2. Platz belegte die 747 One Design illico Ti Vitti team von Salvatore Leone (CN Aix-les-Bains), den 3. die Luthi 800 S Cocktail von Joris Blatti (CV Villeneuve). Schliesslich führten in der Kategorie der TCF4 die beiden Erstplatzierten nach berechneter Zeit die Rangliste an. Die von Célien Muller (CVVT) gesteuerte J70 Cercle de la Voile Vevey – La Tour vervollständigte das Podest. Letztere gewann damit auch den Pokal der Segelschulen, vor der Surprise Fou du Vent mit Benoit Deutsch (CN Versoix) und der J70 Club Nautique de Prangins mit Harold Syfrig (CNPr). Last but not least: Bei den TCFX führten die gleichen drei Einrümpfer das Klassement an wie in der Gesamtwertung: Raffica, Cellmen Ardentis und SYZ.