Fotos : ©Loris von Siebenthal
Geburtstagskind Christian Wahl gewinnt die 80. Bol d’Or Mirabaud und feiert an der legendären Binnenseeregatta damit bereits seinen siebten Sieg. Die Bol de Vermeil für die schnellste Einrumpfjacht geht an TBS mit François Thorens und den Titel nach berechneter Zeit holt sich Alain Hofer auf Black Swan.
Es gab Jahre mit ungefährdeten Start-Ziel- Siegen und andere mit Führungswechseln im Zehn-Minuten-Takt. Die 80. Auflage der Bol d’Or Mirabaud gehört zur zweiten Kategorie. Mobimo erwischte zwar mit einem frechen Manöver backbord zur Boje den besten Start und ging auch als Sieger ins Ziel, dazwischen wechselten sich an der Spitze der langen, aufreibenden Regatta aber rund zehn verschiedene Teams ab. Wetterfrosch Lionel Fontannaz von Meteo- Schweiz hatte die Teilnehmer vorgewarnt und ein nervenstrapazierendes Rennen vorausgesagt. „Letztes Jahr konnte ich mit geschwellter Brust Bise ankündigen, dieses Jahr müssen wir wohl ein r zwischen das b und das i schieben. Die Herausforderung wird darin bestehen, die Thermikbewegungen optimal zu nutzen“, prophezeite der Meteorologe am Tag vor dem Start.
Spannend bis zum Schluss
Nach einem Start auf einem wie bereits befürchtet spiegelglatten See erwischten die ersten Boote vor dem Schweizer Ufer etwas Wind, der sie sanft aus dem Petit Lac schob. Die M1, angeführt von Spindrift und Safram, der SL33 Orange Utang, der Einrümpfer Taxiphone Premium Raffica und der M2 TeamWork nutzten die Chance, um sich von der Flotte abzusetzen, die nur untätig zusehen konnte, wie sich die Spitzengruppe aus dem Staub machte. Phasenweise als erstaunlich schnell erwies sich Ladycat, der seine Verfolger trotz Schwachwind zuweilen regelrecht stehen liess. In der ersten halben Regattastunde brachte es der schnellste D35 trotzdem nicht über den fünften Platz hinaus – eine ungewohnte Situation für die sieggewohnten Racer. Auf der Höhe von Morges konnte der Leader die Führung dann nicht mehr halten und musste die D35 ziehen lassen. Bis Vevey führte zunächst Racing Django, dann Realteam die Flotte an. Vor der Wendeboje in Le Bouveret schob sich Phaedo2 an die Spitze und lag nach halber Strecke vor Zen Too und Alinghi in Führung.
Die Rückfahrt nach Genf erwies sich als ebenso verzwickt wie die Hinfahrt. Nach einigen Schachzügen auf dem Grand Lac, dem mittleren Teil des Genfersees, hatte sich vor der letzten Geraden am Schweizer Ufer ein Führungstrio aus Ylliam, Alinghi und Okalys Youth Project gebildet. Auf dem letzten Kilometer brauchten die Teilnehmer besonders viel Nerven. Ylliam – Comptoir Immobilier steckte in einem Flautenloch fest, während die Konkurrenten dem Quai de Cologny entlangglitten. Zwischen der Einfahrtsboje und der Ziellinie waren Okalys Youth Project, Mobimo, Alinghi und Ylliam – Comptoir Immobilier wieder zusammengerückt. Gruppiert segelten sie auf das Ziel zu und lieferten sich bis auf den letzten Meter einen spannenden Kampf. Nach 14 Stunden und 14 Minuten überquerte schliesslich Mobimo mit Christian Wahl die Linie als Sieger. Knapp dahinter folgten Okalys Youth Project auf dem zweiten und Ylliam – Comptoir Immobilier auf dem dritten Platz. Alinghi musste sich mit dem undankbaren vierten Platz begnügen.
Klarer Sieg bei den Einrümpfern
Bei den Einrumpfbooten waren Führungswechsel deutlich weniger zahlreich. Den Sieg machten eigentlich nur zwei Boote untereinander aus: Taxiphone Premium Raffica und TBS. Syz&Co von Jean Psarofaghis, der den Pokal mit einem Sieg endgültig hätte gewinnen können, strich vor Evian die Segel. Er lag weit abgeschlagen zurück und hatte keine Lust auf eine Rolle als Besenwagen. Ganz vorne kontrollierte das ungarische Boot Raffica fast das gesamte Rennen, bis TBS vor Hermance an ihm vorbeizog und ihm bis ins Ziel ganze 20 Minuten abnahm. Laut François Thorens, dem Skipper des Siegerbootes, war sicherlich Glück, aber auch viel Hartnäckigkeit im Spiel. „Diese Regatta ist erst zu Ende, wenn die Ziellinie überquert ist. Bis dahin muss man daran glauben.“
Die anderen Sieger
Neben den ruhmreichsten Siegen bei den Mehrund den Einrümpfern konnten weitere Teams bemerkenswerte Erfolge feiern. Alain Hofer gewann mit seiner Luthi 36 Black Swan die Gesamtwertung nach berechneter Zeit. Überglücklich meinte er: „Wir freuen uns riesig über den Sieg, umso mehr, weil wir nicht wirklich wussten, wo wir standen. Wir sind mit einem neuen Rigg und neuen Segeln angetreten und haben das Boot von Guy-Rolland Perrin neu vermessen lassen, damit das Rating stimmt. Den entscheidenden Vorsprung haben wir in Rolle herausgeholt. Wir erwischten einen guten, relativ schmalen Luftstrom und konnten in Richtung Le Bouveret davonziehen, während die anderen festklebten. Plötzlich waren wir gleichauf mit den Psaros 33, die sonst eigentlich schneller sind als wir.“ Alain Hofer hatte nicht mit dem Sieg gerechnet und reagierte erstaunt, als man ihm die gute Nachricht überbrachte. „Die berechnete Zeit kann erst nach Abschluss der Regatta ermittelt werden. Ich habe ein SMS erhalten, in dem ich gebeten wurde, mit dem kompletten Team an die Preisverleihung zu kommen. Es ist meine 36. Bol d’Or und mein dritter Sieg in dieser Kategorie. Ich mag die Regatta, egal bei welchen Bedingungen.“
Dritter Sieg für Nicolas Kauffmann
In der mit 121 teilnehmenden Booten grössten Klasse der Surprise siegte Nicolas Kauffmann zusammen mit Nicolas Anklin in 26 Stunden und 24 Minuten auf G. Hominal et Fils, vier Minuten vor Pile ou Face von Damien Mermoud. Cocaine mit Christian Toso wurde mit 27 Stunden und 40 Minuten Dritter. „Es war ein fantastisches Rennen mit einem gelungenen Start“, erzählt Nicolas Kauffmann. „Wir starteten am Ende der Linie und konnten uns so aus dem Getümmel befreien, ohne von den grösseren Booten behindert zu werden. Nach dem Petit Lac hatten wir bereits einen komfortablen Vorsprung. Einen gut gemeisterten Windwechsel später hatten wir die Verfolger dann komplett abgehängt und konnten ab Evian einen ungefährdeten Sieg nach Hause fahren.“ Für den erfahrenen Surprise-Segler, der dieses Jahr bereits die Langstreckenregatta 5 Jours du Léman für sich entschieden hatte, war dies bereits der dritte Sieg in der Königsklasse der Bol d’Or.
In den anderen Klassen steuerte Didier Pfister den M2 Swiss Medical Network zum Sieg, „glücklich über den Teamerfolg, der in der Einfahrt zum Petit Lac errungen wurde.“ Bei den Grand Surprise setzte sich Bernard Borter auf seiner Little Nemo nach 2016 bereits zum zweiten Mal durch.
186 Boote konnten an dieser 80. Bol d’Or Mirabaud gewertet werden. Schlusslicht bildete der C1 Sensation Extreme von Jérôme Evesque. Mit beispiellosem Durchhaltewillen kam er nach 30 Stunden und 47 Minuten ins Ziel.