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Demokratisierung: Segeln für alle, so funktioniert’s!

von Quentin Mayerat

Ist Segeln nur etwas für Reiche? Kein Sport für Allgemeinsterbliche? Mehrere Initiativen strafen diese immer noch verbreitete Auffassung Lügen. Mit Charterangeboten, Boatsharing, und A-la-Carte-Modellen wird Segeln allen zugänglich gemacht. Vier Beispiele, wie Sie segeln können, ohne sich finanziell zu ruinieren.

MOTR-MSWS2017ff_05321_@Francesco-Ferri[1]Sie möchten gerne ein Wochenende Bernard Stamm oder Alan Roura spielen, wissen aber nicht wie? Heute bieten viele Segelclubs die Möglichkeit, sich für wenig Geld oder gegen einen kleinen Mitgliederbeitrag à la carte im Segeln zu versuchen und dabei von einer Vielzahl Zusatzleistungen zu profitieren. Das bekannteste Beispiel ist Sailbox, ein 2008 in der ganzen Schweiz lanciertes Boatsharing-System. Sailbox-Mitglieder können auf Schweizer Seen insgesamt auf 32 Jachten vom gleichen Typ, der mOcean, segeln. Das Chartern eines dieser acht Meter langen Einrumpfboote ist genauso unkompliziert wie das Mieten eines Mobility-Autos. Einfach Sailbox Skipper-Mitglied werden, den Mitgliederbeitrag von 200 Franken bezahlen, den dreistündigen Einführungskurs besuchen, um sich mit der mOcean vertraut zu machen, und schon kann’s losgehen. Für einen Stundenpreis von 56 Franken oder 28 Franken mit einem Sailbox-Halbtaxabo kann man selbstständig auf 14 Schweizer Seen seine Bahnen ziehen. Boatsharing bietet gleich mehrere Vorteile: Man braucht kein eigenes Boot, muss sich nicht um Wartung, Liegeplatz usw. kümmern, kann neue Reviere entdecken und an Regatten teilnehmen, ohne das Boot ein- und auszuwassern. Sailbox zählt über 1800 Mitglieder, die an rund 30 Standorten von den mOcean profitieren. Die Non-Profit-Organisation, die von Swiss Sailing massgeblich unterstützt wird, hat sich zum Ziel gesetzt, allen Interessierten ein modernes, vielseitiges Boot zur Verfügung zu stellen, das sich sowohl für Regatten als auch für gemütliche Ausfahrten eignet.

Partizipatives System in Neuenburg

AufWasser_UCEin anderes interessantes Experiment entstand vor 40 Jahren am Neuenburgersee. Damals gründeten ein paar Freunde in St. Blaise den Club Ichtus und führten ein partizipatives System ein. Rund 1400 Mitgliederfamilien können so für einen Jahresbeitrag von nur 90 Franken pro Familie (Paar, Einzelperson oder Paar mit Kindern) auf den clubeigenen Geräten segeln, rudern, surfen oder kanufahren. Alle Personen der angemeldeten Familien zusammengezählt hat der Verein knapp 3300 Mitglieder. Damit ist Ichtus in Bezug auf die Demokratisierung des Segelsports einer der aktivsten Clubs.
„Ganz am Anfang erklärten sich ein paar finanziell gut gestellte Personen bereit, ihre Geräte, das heisst Boote, Surfbretter, Kanus usw., an Personen auszuleihen, die sich die Ausrüstung nicht leisten konnten“, erzählt Mark Haltmeier, der Kassier des Clubs. Das hat sich geändert: „Mit den mittlerweile 3300 Mitgliedern ist das natürlich nicht mehr möglich. Der Club konnte dank der Mitgliederbeiträge im Lauf der Jahre immer mehr Material anschaffen. Viele unserer Mitglieder besitzen selbst kein Boot und kommen zu uns, weil sie nebst einem Angebot an Wassersportmaterial mehrere Jachten und Katamarane nutzen können: drei Optimisten, sieben Laser, fünf Hobie Cats, zwei Kieljachten, darunter eine Surprise, und einen Kielschwerter. Sie müssen lediglich eine clubeigene Prüfung ablegen, damit wir sicher sind, dass sie auch über die nötigen Fähigkeiten verfügen.“
Hinter diesem Konzept stecke der Wunsch, möglichst vielen die Ausübung von Wassersportaktivitäten zu ermöglichen. Segeln soll ein Sport für alle sein, bekräftigt Mark Haltmeier. In diesem Sinne ist der Club Ichtus mehr als nur eine Infrastruktur. Er beruht auf Freiwilligenarbeit, denn jedes Mitglied muss bei Wartungen und Umbauten mithelfen. Durch diese gegenseitige Unterstützung und Solidarität entsteht ein starker Zusammenhalt und ein grosses Zugehörigkeitsgefühl.

Jollen-Pool in Zug

Auch am Zugersee will man Seglern ohne eigenes Boot die Chance geben zu segeln. Der Yacht Club Zug hat dazu einen sogenannten Jollen- Pool aufgebaut. Er besteht aus mehreren Booten, die dem Club von grossen Firmen zur Verfügung gestellt werden. Je nach Wunsch können Segelbegeisterte in Selbstbedienung vier Laser-Bahia-Jollen, einen 420er, einen Dart-Katamaran, zwei Laser Standard und ab Mai eine blu26 und einen Daysailor nutzen – mit Ausnahme des blu26 und abgesehen vom Mitgliederbeitrag sogar gratis.
Die Buchung sei ganz einfach, versichert Clubpräsident Wolfang Haas: „Die Mitglieder werden in einem Briefing eingewiesen und können die Boote danach selbstständig segeln. Reserviert wird online. Gäste, das heisst Nichtmitglieder, können als Crew mitsegeln.“
Um die Boote zu nutzen, muss man allerdings aktives Mitglied des Yacht Club Zug werden.

Regattieren für wenig Geld

3_Gennis_2-Kopie-copieIn Genf hält das Centre d’Entraînement à la Régate (CER) ein interessantes Angebot für alle bereit, die auf einem Ein- oder Mehrrümpfer segeln lernen möchten. „Für einen Jahresbeitrag von 150 Franken zeigt ihnen das CER, wie man richtig und erfolgreich segelt“, erklärt Nelson Mettraux, Administrator des CER. „Als Gegenleistung erwarten wir volles Engagement, sei das im Training oder bei einer Regatta. Nur so können wir gemeinsam Fortschritte erzielen. Es ist ein Geben und Nehmen. Damit unsere Einrichtung funktioniert, brauchen wir Mitglieder, die uns unterstützen.“ Möglich mache dieses Angebot die grosse Unterstützung durch die Stadt Genf, betont Mettraux. Dass die Anstrengungen fruchten und auf grosse Anerkennung stossen, beweist der SUI Sailing Award, den das CER dieses Jahr entgegennehmen durfte. Er belohnt das CER für seine aussergewöhnlichen Leistungen zur Förderung des Segelsports.

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