Für den Erfolg der RC 44 gibt es zwar kein Wundermittel, aber dass sich die Einheitsklasse so gut hält und regelmässig die grössten internationalen Regattafelder aufbieten kann, hat schon seine Gründe.
Die 2005 von Russell Coutts gegründete One-Design-Klasse war von Anfang an für vermögende Eigner gedacht, die über das nötige Interesse und genügend Zeit verfügen, um Regatten auf hohem Niveau zu bestreiten. Die Klasse erreichte in kürzester Zeit hohes Ansehen, was bestimmt auch an Coutts‘ Ruf und an der Tatsache lag, dass er bei den meisten Anlässen persönlich mitmischt. Ende 2004 heuerte der vierfache America’s-Cup-Sieger den ehemaligen Verwalter des CER (Centre d‘Entraînement à la Régate) Julien di Biase an, damit er den operativen Teil des Projekts übernahm. Als dieser für den AC Cup 2007 zu BMW Oracle wechselte, trat Bertrand Favre, der aktuelle Klassenpräsident der Décision 35, seine Nachfolge an. Er kümmert sich seit 2006 zusammen mit dem Event-Koordinator Hubert Detrey um das Management der RC 44.
Obwohl die Klasse auf ein hochkarätiges Netzwerk zählen kann und in der Schweiz kräftig die Werbetrommeln gerührt wurden, haben die RC 44 bisher keinen einzigen Schweizer in ihren Reihen. Flavio Marazzi hatte sich zwar vor zwei Jahren für die Regattaserie interessiert, konnte sich dann aber doch nicht für eine Teilnahme entscheiden. Es ist nicht auszuschlies-sen, dass sich die Situation mittelfristig ändert, doch bislang hat noch kein Schweizer offiziell Interesse angemeldet. Mit zehn verschiedenen Nationen ist die Klasse aber auch ohne die Schweiz international gut vertreten. Am stärksten ist übrigens mit vier Booten die russische Beteiligung.
Ausgereifte Logistik
Wichtigster Grund für den Erfolg der RC 44 ist ohne Zweifel die Logistik. Bei der Konzeption der Boote wurde grossen Wert auf einen einfachen Transport gelegt. Dazu wurde eigens ein Container-System entwickelt, das auf den Containern der Open 40‘ basiert. Heck und Kiel lassen sich abmontieren und der Mast zerlegen, sodass alle Teile in einem einzigen Modul verstaut und werden können. Zusätzlich verfügt jedes Team über einen 20 Fuss grossen Container für das Material. Die Klasse führt zudem an allen Events zwei 40-Fuss-Container mit, in denen sich für den Notfall zwei Masten und anderes Ersatzmaterial befinden. Im Auftrag der Klasse steht den Teams ein Techniker zur Seite, der ihnen bei Bedarf unter die Arme greift. Dabei bezahlt jedes Team, was es verbraucht. Eine fairere Lösung ist kaum denkbar.
Die Transporte werden vom Klassenchef organisiert. Er sucht je nach Fristen und verfügbarem Lagerplatz in den Gaststädten jeweils das günstigste und geeignetste Transportmittel entweder auf dem Land- oder auf dem Wasserweg. Da ein Grossteil der Logistik dadurch bereits geregelt ist, muss jedes Team nur noch einen Projektverantwortlichen bestimmen (meist der Taktiker), der dann den Rest der Arbeit übernimmt.
Strenge Kriterien bei der Wahl der Gaststädte
Die Austragungsstädte werden nach genausten Kriterien ausgewählt. „Die Wetterbedingungen sind unser wichtigstes Anliegen“, sagt Bertrand Favre, für den die Qualität der Regatten Priorität hat. „Darüber hinaus müssen die Städte mehrere Voraussetzungen erfüllen, zum Beispiel genügend Platz, einen Kran und Hafenplätze bereitstellen. Wir haben ein Dokument verfasst, in dem alle Anforderungen Punkt für Punkt aufgeführt sind.“ Auch die festlichen Aspekte werden laut Favre nicht vernachlässigt: „Die Eigner und die Teams wollen ihren Spass haben. Wir achten deshalb auch darauf, was die Clubs in diesem Punkt zu bieten haben.“
9. Mann an Bord
Wie fast alle Klassen, die um Medienwirksamkeit bemüht sind, ist auch bei den RC 44 ein Platz für einen Gast vorgesehen. Jedes Team ist verpflichtet, einen
9. Mann an Bord aufzunehmen. Egal, ob es sich dabei um Medienleute, Partner der Teams oder vom Organisator oder den Gaststädten eingeladene VIPs handelt, das Regattaerlebnis wird von den Beteiligten allgemein sehr geschätzt. „Ich erhalte noch mehrere Monate danach Dankesschreiben“, sagt Hubert Detrey. „Einen Gast an Bord zu haben, ist eine einmalige Chance, die man wahrnehmen muss“, urteilt er.
Zentral für den Erfolg der Klasse ist auch das gleichbleibende Organisationsteam. Jury, Regattaleitung und Logistikteam verändern sich im Lauf der Events nicht. Diese Konstanz und die sprichwörtliche Schweizer Präzision, mit der das Projekt geführt wird, kommen offenbar gut an.
Die RC 44 zeigen auf eindrückliche Weise, dass die Einrumpf-Regattaboote trotz des auf Multihulls ausgetragenen America’s Cups zuversichtlich in die Zukunft blicken können. „Wir haben keine kritische Grös-se“, erklärt Bertrand Favre und spricht damit einen weiteren Vorteil der Klasse an, „wenn weitere Boote dazukommen, passen wir uns einfach an, das ist kein Problem.“