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GC32: Zwei Wettkämpfe zum Preis von einem

von Quentin Mayerat

Fotos : ©Jesus Renedo/Lloyd images

Alinghi und Tilt haben zwei verrückte Wochen in Oman hinter sich. Sie starteten mit einem vollen Programm ins Jahr 2017. Kaum hatten sie am 27. Februar an der GC32-Klassenmeisterschaft ihren Saisoneinstand gegeben, ging es am 11. März Schlag auf Schlag weiter.

43 Läufe gegen die derzeit weltbesten Teams haben unsere170308_ESSMuscat_031 Schweizer zum Saisonauftakt in Oman bestritten – die einen im Rahmen der ersten Klassenmeisterschaft der GC32, die vom Klassenverband unter der Schirmherrschaft von Christian Scherrer und OC Sport organisiert wurde, die anderen beim ersten Act der Extreme Sailing Series (ESS). Obwohl das Format der beiden Anlässe grundverschieden ist, blieb die Hierarchie die gleiche: Alinghi ergatterte zwei zweite Plätze, Tilt zwei fünfte. Beide Mannschaften waren mit ihrem Abschneiden zufrieden, denn sie hatten das Ziel, mit dem sie in den Nahen Osten gereist waren, erfüllt. Titelverteidiger Alinghi wollte bei den ESS gleich zu Beginn mit einem starken Auftritt die Gegner im Zaum halten, während es Tilt in erster Linie darum ging, Erfahrungen zu sammeln und sich an den künftigen Konkurrenten des Youth America’s Cup zu messen. Die beiden intensiven Wochen in Oman dienten der gesamten Flotte als Standortbestimmung, zumal seit letzter Saison neue Teams dazugestossen sind und viele ihre Boliden immer besser im Griff haben. Am letzten Tag der ESS (11.3.) zeigten sie bei 18 bis 20 Knoten Wind dann auch, was sie drauf haben und sorgten für ein grandioses Spektakel.

GC32 par LorisSingende Foils

Am besagten Tag war das Meer in Oman aufgewühlt, die GC32 bäumten sich reihenweise auf, schossen über die hohen Wellen und erreichten phänomenale Geschwindigkeiten. Besonders spektakulär war der letzte Lauf, der doppelt zählte. Das typische Pfeifen der Foils, literweise über die Trampolins schwappendes Wasser, Manöver im 30-Sekunden-Takt und Segler, die körperlich alles geben mussten, machten die Show perfekt. Neben Alinghi und Team Tilt, das für die ESS eine Wild Card erhalten hatte, waren lauter hochkarätige Teams im Rennen. Viele haben sich im Hinblick auf die neue Saison zusätzlich verstärkt. Oman Air zum Beispiel hat mit dem Neuseeländer Phil Robertson alias „1 Million $ Man“ den Sieger der letzten World Matching Tour als Steuermann an Bord geholt. Beim SAP Sailing Team sorgt der talentierte Adam Minoprio für positive Impulse – und sicherte den Dänen in Maskat auch gleich den Gesamtsieg – und Red Bull Extreme Sailing kann auf „Mister Youth America’s Cup“ Roman Hagara zählen, der den jungen Teams im Hinblick auf das Grossereignis auf den Bermudas wichtige Tipps erteilt.

Im letzten Lauf kam es zu einer hauchdünnen Entscheidung. Im Kampf um den zweiten Platz liess Alinghi Oman Air nicht aus den Augen. Arnaud Psarofaghis bewies am Steuer viel Gefühl und schlug dem gewieften Match Racer Robertson ein Schnippchen, indem er auf eine Deckung verzichtete und sein eigenes Ding durchzog. Tilt bolzte als Outsider hemmungslos übers Wasser, scherte sich einen Teufel um die Konkurrenz und trug prompt seinen zweiten Tagessieg davon. Zufrieden meinte Sébastien Schneiter: „Bei solchen Bedingungen geht man immer mit etwas Bedenken an den Start, denn die Gefahr auf Vorwind einzutauchen und über den Bug zu kentern ist doch ziemlich gross. Wir sind mit dem Youth-Team noch nie bei 18 bis 20 Knoten Wind gesegelt, haben uns aber gut auf die Verhältnisse eingestellt und den richtigen Rhythmus gefunden, So konnten wir an diesem letzten Tag gleich zwei Läufe gewinnen.“ Die Youngster haben allen Grund, stolz zu sein. Sie haben im Kampf mit erfahrenen Seglern viel Temperament und Einsatz bewiesen, müssen aber noch konstanter werden, um das nötige Selbstvertrauen für die Bermudas zu tanken.

Lehrreiche Erfahrungen im Hinblick auf den Youth

Tilt hat trotz jugendlichem Ungestüm in entscheidenden 170309_ESSMuscat_Lloyd Images_002Momenten Zurückhaltung bewiesen, vor allem, wenn es darum ging, das Boot zu schonen oder den Vorsprung zu halten. So gesehen war die Teilnahme an den ESS ein gutes Training für den Youth America’s Cup. Gleichzeitig konnten die Schweizer ihr Niveau mit ihren künftigen Gegnern aus Deutschland, Dänemark, England und Neuseeland vergleichen. Die Bilanz fällt sehr erfreulich aus. „Wir haben sämtliche Youth-Teams hinter uns gelassen“, sagt Sébastien. „Wir müssen aber weiter trainieren, denn die anderen werden sich stetig steigern. Land Rover BAR zum Beispiel hat in diesen beiden Wochen viel Erfahrung gesammelt und ist sehr gut gesegelt. Sie werden alles tun, um uns einzuholen und verfügen über eine gute Trainingsinfrastruktur. Wir müssen wachsam bleiben“, warnt er. Angesichts der jüngsten Ergebnisse bleibt Tilt aber wohl nichts anderes übrig, als sich mit der Favoritenrolle abzufinden und zu versuchen, ihr gerecht zu werden. Bei Alinghi sieht die Situation ähnlich aus. Für den Titelverteidiger wird es nicht leicht, seine Herausforderer an den Extreme Sailing Series in Schach zu halten.

170311_ESSMuscat_Lloyd Images_151Vielversprechendes Debüt

Oman Air, Red Bull Extreme Sailing und SAP werden dem Schweizer Team das Leben bestimmt schwer machen und nichts unversucht lassen, um Alinghi vom Thron zu stossen. So einfach dürfte das aber nicht werden, denn die Schwarz-Roten konnten schon beim Auftakt durch ihre Qualität und ihre Konstanz beeindrucken. Diese beiden Aspekte sind wahrscheinlich auch der Schlüssel für eine erfolgreiche Saison. An der Klassenmeisterschaft steuerte Ernesto Bertarelli den GC32 selbst. Er fand sich für viele etwas überraschend schnell zurecht und integrierte sich gut ins Team. Dank guter Verständigung und den wertvollen Tipps von Arnaud Psarofaghis, der für einmal das Grosssegel trimmte, segelte Alinghi in einem Feld aus lauter Vollzeit-Profiseglern auf den zweiten Platz. An den ESS übernahm dann wieder Arnaud das Steuer und bewies hoch oben auf den drei Foils des GC32 einmal mehr seine ganze Klasse.

The Extreme Sailing Series 2017. Act1. Muscat. Oman. Credit - Lloyd ImagesEr und sein Team haben zwar ihr Topniveau noch nicht ganz erreicht, im Gesamtklassement aber auch keinen Rückstand eingefahren. Teamcoach Pierre-Yves Jorand gibt sich nach diesem Ergebnis zuversichtlich: „Die Jungs haben gute Arbeit geleistet. Sie haben um jeden Meter gekämpft und wie so oft wurde der Sieg aufgrund der doppelten Punktzahl im letzten Lauf entschieden. Ich gratuliere dem Team, zum Saisonauftakt ist der 2. Platz ein gutes Ergebnis.“ Nächster Termin für Alinghi ist der 2. Act der ESS vom 28. April bis 1. Mai in Qingdao, für Tilt die GC32 Racing Tour in Riva vom 11. bis 14. Mai.

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