Skippers

🏛 » Hin zu einer Professionalisierung der Starklasse?

Hin zu einer Professionalisierung der Starklasse?

von Quentin Mayerat

Die 20 Boote der Flotte in Reih und Glied nach dem Start. Das Starboot ist dank der imposanten Segelfläche bei genügend Wind äusserst sportlich unterwegs. © Marc Rouiller

Das hochkarätige Teilnehmerfeld sorgte bis zum Schluss für Hochspannung. In einer äusserst knappen Entscheidung gewannen überraschend Mark Mendelblatt und Brian Fatih das Finale. Die Sieger waren aber nicht die einzigen mit strahlenden Gesichtern. Unter den Teilnehmern herrschte angesichts des gelungenen Anlasses beste Stimmung. Die zweite SSL bot hervorragenden Segelsport und erntete viel Lob. In der Öffentlichkeit ist die SSL allerdings noch wenig bekannt. Von ihrem Vorhaben, eine Profi-Jollentour mit einem ansprechenden Preisgeld und einem werbewirksamen Ranking auf die Beine zu stellen, lassen sich die Verantwortlichen deswegen aber nicht abbringen. Sie glauben an die Zukunft ihrer SSL und wollen sie dauerhaft im Segelzirkus etablieren. Was aber sind die Voraussetzungen dafür, dass ihnen das 2015 auch gelingt?

Die Nummer 1 des SSL-Rankings Diego Negri (ITA) mit Vorschoter Sergio Lambertenghi © Gilles Martin-Raget

„Das Regattaformat und das Niveau der Skipper sind unglaublich“

Dieses Lob stammt von Freddy Loof, Star-Olympiasieger in London und Mitglied des Artemis-Teams. „Ich hätte wirklich das Gefühl, etwas verpasst zu haben, wenn ich nicht hierhergekommen wäre“, sagte er in Nassau. Bei den Seglern kommt das Konzept offenbar bestens an. Darauf deutet auch die hochklassige Flotte hin. Auf jedes Boot fiel durchschnittlich eine Olympiamedaille. Von ungefähr kommt dieser Erfolg aber nicht. Den Teilnehmern wird nämlich so einiges geboten. Zum einen wurde eine Weltrangliste der Starflotten mit rund 1000 Skippern und Vorschotern aufgestellt, zum anderen ein Preisgeld von 200’000 Dollar eingeführt, das entsprechend der Schlussrangliste auf die ganze Flotte verteilt wird. Man mag von dieser Köderung durch Geld halten, was man will, das Rezept scheint zu funktionieren.

An den zwölf ausgetragenen Läufen lieferten sich die Teams bei jeder Bojenrundung und auf allen Kursen erbitterte Kämpfe. Die Begeisterung für das Format schwappt auch auf andere Klassen über, wie die Anwesenheit des amtierenden Finn-Weltmeisters Giles Scott und des Finn-Vizeweltmeisters Ivan Gaspic zeigte. Die Klassen zu öffnen, um bootsübergreifende, hart umkämpfte Regatten zu ermöglichen, ist eine der Stärken der SSL. Sie hat offenbar die richtigen Argumente gefunden, um den Champions anderer Klassen das Starboot schmackhaft zu machen und sie zumindest für ein paar Wochen abzuwerben. „Ich werde einfach so tun, als segle ich auf einem grossen Finnboot und wir werden sehen, was dabei herausschaut“, scherzte der Brite Giles Scott. Sein Konzept schien aufzugehen: Er stiess bis ins Halbfinal vor, in dem er dann aber aufgrund einer Strafe unterlag.

Der amtierende Olympiasieger Freddy Loof war seit Olympia praktisch nicht mehr auf dem Starboot gesegelt. Für das Finale in Nassau nahm er den Dienst wieder auf und wurde 2. © Marc Rouiller

„Trainiere und wir werden sehen, wer der Beste ist“

Diese Botschaft möchte der Präsident der SSL Xavier Rohart den Skippern der anderen Klassen vermitteln. Um sie beim Erreichen des erforderlichen Niveaus zu unterstützen, plant die SSL eine Star-Akademie. Sie soll es den VIP-Gästen, die jeweils an die Finals eingeladen werden, ermöglichen, mit erfahrenen Starseglern zu trainieren. Solche Strukturen sollen auf mehreren Kontinenten entstehen. Die erste wird noch dieses Jahr in Grandson (VD) am Neuenburgersee eingerichtet. Xavier Rohart dementiert jegliche Konkurrenzabsicht mit dem ISAF-Circuit oder mit anderen Klassen. Vielmehr gehe es darum, ein mediatisiertes und zuschauerorientiertes Sportprodukt zu entwickeln, das auch von anderen Sportarten übernommen werden kann. Die Verantwortlichen der SSL scheinen den goldenen Mittelweg zwischen Tradition und Modernität zu suchen. In das Format soll einerseits die hundertjährige Tradition der Starklasse einflies-sen, andererseits soll es medienwirksam genug sein, um die Massen zu begeistern. In diesem Bestreben wurde viel Geld in die Ausstrahlung eines Livestreamings investiert. Die Produktion übernahm ein erfahrenes Team, das bereits an vielen internationalen Grossanlässen wie dem Louis Vuitton Cup oder dem Volvo Ocean Race im Einsatz war. Auf die Frage, ob auch eine Fernsehübertragung denkbar wäre, meint Xavier Rohart: „Warum nicht, wir werden die Möglichkeit prüfen.“

Ivan Gaspic erhielt als VIP-Gast eine Wildcard für das Finale. Er hatte so gut wie nicht trainiert, steigerte sich aber innerhalb einer Woche zusehends und erreichte sogar die Viertelfinals. Gaspic möchte weiter in der Starklasse segeln.  © Gilles Martin-Raget

Sicher ist, dass die SSL ihren Expansionskurs fortsetzt. Im September soll in Grandson ein Grand Chelem stattfinden. Wie im Tennis handelt es sich dabei um ein Grossereignis, bei dem viele Punkte vergeben werden und ein Preisgeld von rund 100’000 Dollar winkt. Schirmherr dieser Veranstaltung soll niemand geringerer als Dennis Conner werden. Der vierfache America’s-Cup-Sieger hat seine Sporen ebenfalls auf dem Starboot abverdient und sogar zweimal den Weltmeistertitel gewonnen. Sofern der Grand Chelem den erhofften Erfolg hat, wird das nächste Ziel ins Visier genommen: Die SSL möchte bis 2024 zusätzlich zu den Finals auf den Bahamas vier Grand Chelems auf der ganzen Welt organisieren. Wir wünschen ihr Mast- und Schotbruch!

Dans la meme categorie