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Internet-Hype um die Rekordjagd

von Quentin Mayerat

Noch nie hat die Jules Verne Trophy ein solches Interesse geweckt wie vergangenen Winter. Begeistert wurden die Rekordversuche mitverfolgt. Obwohl es keinem Anwärter gelang, die Bestmarke von Loïck Peyron zu unterbieten, hat die Seglergemeinschaft dank der Webplattformen der Teams und mehrerer privater Internetseiten 47 Tage lang direkt am Geschehen mitgefiebert. 

Unglaublich, aber wahr: Gemäss den vom Kommunikationsteam der Spindrift II veröffentlichten Statistiken verbuchte die Jules Verne Trophy auf der offiziellen Website fünf Millionen Views, erreichte hunderttausend „Beteiligungen“ in den sozialen Netzwerken und mobilisierte achttausend Schülerinnen und Schüler. 47 Tage verfolgten Segelfans auf der ganzen Welt den Rekordversuch mit noch nie dagewesener Begeisterung mit. Die Jules Verne Trophy wurde zum Internetphänomen. Dass zwei Boote gleichzeitig zur Weltumsegelung aufgebrochen waren, schürte den Hype natürlich zusätzlich.

Damit alle Interessierten den Rekordversuch in ihrem Büro, ihrem Schulzimmer oder zu Hause miterleben konnten, scheuten die Teams keine Mühen, um über ihre Herausforderung zu kommunizieren und die Spannung zu erhalten. Sie berichteten in ihrem ganz persönlichen Stil originell über das Geschehen auf den beiden Riesentrimaranen. Während die einen auf sehr gepflegte, manchmal etwas zu konventionelle Kommunikation setzten, waren die anderen spontaner, schon fast locker-leger.

Aus dem Vollen geschöpft 

Auf der Spindrift II war neben dem 14-köpfigen Team auch ein Medienschaffender mit dabei. Yann Riou produzierte unterwegs Texte, Tonaufnahmen, Videos und Fotos. „In dieser Rolle muss man versuchen, in jedem Bereich nicht allzu schlecht zu sein“, beschrieb Riou seine Aufgabe in einem Interview. Thuy Tranthi-Rieder, die Pressesprecherin des Rennstalls, erklärte: „Die Kampagne wurde minutiös vorbereitet. Unsere Website war sehr vollständig, die Produktion der vielen Inhalte stellte aber eine grosse Herausforderung dar. Sieben Personen waren rund um die Uhr damit beschäftigt, den Informationsfluss zu verwalten und die Informationen online zu stellen. Dona Bertarelli beteiligte sich sehr engagiert an dieser Kommunikationskampagne. Die Schlussbilanz war für das Team eine echte Belohnung.“

Spontan und spannend 

Auf IDEC Sport, deren Team nur aus sechs Personen bestand, war kein Medienschaffender anwesend. Es wurde viel improvisiert und die Segler erwiesen sich dabei als echte Alleskönner. „Um die Kommunikation haben sich vor allem Gwéno (Gahinet) und Boris (Herrmann) gekümmert“, sagte Teammitglied Bernard Stamm. „Wir sind mit einer minimalistischen Besatzung ins Unbekannte gestartet, da war die ‚Komm‘ nicht unsere Priorität, die galt unserem Boot. Medieninhalte zu erstellen war zweitrangig und nur geplant, wenn uns Zeit dafür blieb. Trotzdem glaube ich, dass unser Angebot gut ankam.“

Fabrice Thomazeau, der Francis Joyon nun schon seit 13 Jahren begleitet und als Pressesprecher von IDEC Sport tätig ist, äusserte sich ebenfalls begeistert über die Kommunikation des Teams, obwohl die unkonventionelle Art, wie sie gehandhabt wurde, die Arbeit seines Staffs nicht gerade vereinfachte. „Alles ist aus ihrer eigenen Initiative entstanden, wir haben nie versucht, sie zu beeinflussen oder ihnen etwas aufzuzwingen. Ich glaube, dass den Leuten gerade dieses Spontane gefallen hat.“

Parallel zu den täglichen Berichterstattungen, Funkübertragungen und anderen Sendungen produzierte IDEC Sport eine Webserie aus 25 Folgen. Darin erhielten Prominente und weniger Prominente das Wort, damit sie sich zu bestimmen Themen äussern konnten. Zu sehen und hören waren unter anderem Loïck Peyron, Paul Watson, Nicolas Hulot und Mitarbeiter von IDEC. „Drei Personen waren allein für die Produktion der Webserie zuständig. Vier weitere kümmerten sich mit Unterstützung einiger Externer für den technischen Support um den Rest“, so Fabrice Thomazeau.

Die Outsider 

Neben den offiziellen Internetauftritten der Teams müssen auch einige Privatinitiativen lobend erwähnt werden. Mehrere passionierte Segelfans haben mit ihren Webangeboten für echten Mehrwert gesorgt. Am meisten Aufmerksamkeit erregte wohl die vereinheitlichte Karte von Volodia (volodiaja.net/Tracking). Die Website wurde während der Trophy 1,9 Millionen Mal aufgerufen. Ihr Macher, ein junger, segelbegeisterter Ingenieur, der anonym bleiben möchte, befasst sich seit mehreren Jahren mit der Kartografie von Regattatracking. „Technisch ist das kein grosses Ding und die Quellen lassen sich ziemlich einfach auswerten“, meint er bescheiden. „Die Schwierigkeit besteht darin, die verschiedenen Aspekte zu korrelieren. Ich habe einen Sonntagnachmittag gebraucht, um die vereinheitlichte Karte zu erstellen. Danach haben ich sie während der gesamten Trophy weiter verfeinert.“ Er wurde zwar von den 12’000 bis 17’000 täglichen Views nicht überrumpelt, musste aber trotzdem die Codes anpassen, damit seine Seite nicht zum Erliegen kam. Im Übrigen hatte sein Spendenaufruf Erfolg. Dank der Beiträge der Internetnutzer konnte er alle Kosten für sein Projekt decken.

Geduldsarbeit 

Eine weitere wertvolle Informationsquelle war die Website des passionierten Rentners François Lombard (fralo.info). Sie verzeichnete bis zu 10’000 Views pro Tag. François Lombard ist ein wandelndes Lexikon der Jules Verne Trophy. Er habe es satt gehabt, dass die Daten mit jedem Sponsorenwechsel verschwanden, begründete er die Erstellung seiner Seite. Dort sind jetzt alle Highlights der Rekordversuche dauerhaft festgehalten. Während der letztjährigen Rekordjagd verbrachte er täglich drei bis vier Stunden damit, die von den Teams bereitgestellten Daten auszusortieren. „Für diese Arbeit muss man sich die Funkübertragungen anhören, die Videos und die Karten anschauen und alle Medienmitteilungen lesen“, erklärt er. Gestützt auf sein fundiertes Wissen und die genauen Kenntnisse des Reglements lieferte er jeden Tag eine detaillierte Analyse sowie Statistiken zur Entwicklung der beiden Teams. „Meine wissenschaftliche Ausbildung und die Tatsache, dass ich gut mit Zahlen umgehen kann, haben mir dabei sehr geholfen“, so Lombard weiter. Obwohl sein Server unter dem Ansturm manchmal fast zusammenbrach, freute er sich über das grosse Interesse.

Für die Nachwelt 

Dank dieser zahlreichen, sehr informativen und hochwertigen Quellen wurden Segelbegeisterte 47 Tage in Atem gehalten und konnten die grossen Momente des Abenteuers hautnah miterleben. Die Teilnehmer des Yacht Racing Forums in Genf konnten sich während einer Direktübertragung mit Dona Bertarelli unterhalten und die Drohne von Yann Riou nahm die Umrundung des Kap Hoorn live auf. Auch das Ohrlochstechen von Gwénolé Gahinet gehört zu den unvergesslichen Momenten. Aus welchem Grund auch immer: Die beiden Rekordversuche werden in Erinnerung bleiben.

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