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Little Cup in Genf: Groupama schaltet in den zweiten Gang

von Quentin Mayerat

Nach einer Wettkampfwoche auf dem Genfersee konnten Franck Cammas und Louis Viat ihren zweiten „kleinen America’s Cup“ in die Höhe stemmen. Die abgehängte Konkurrenz musste neidlos eingestehen, dass ihnen der fliegende Bolide der Franzosen technologisch um Längen voraus ist. 

Der Südwestwind blies unregelmässig und wechselhaft, blieb aber unter 15 Knoten. Ob es während des ganzen ersten Regattatags so bleiben würde, war fraglich, denn laut Wetterprognosen sollte er konstant aufdrehen und sogar richtig böig werden. Momentan war aber auf dem Regattavier des unteren Genfersees noch alles im grünen Bereich. Für die fliegenden Boote mit Flügelsegel glich der See einer Bobbahn. Gleichzeitig verliehen die ins Wasser getauchten Foils den pfeilschnellen Racern etwas Majestätisches. Das Geheimnis hinter ihrer Performance steckt in der Form der Foils, die nach Buchstaben (L, C, J, S) benannt werden. Groupama konzentriert sich deshalb auch seit geraumer Zeit auf die Entwicklung dieser Tragflächen. „Seit Falmouth im September 2014 haben wir viel Zeit in die Foils investiert und verschiedene Formen ausprobiert“, bestätigt Louis Viat, Teamgefährte und Vertrauensmann von Franck Cammas.

Der Aufwand hat sich offenbar gelohnt. Groupama gewinnt den ersten Lauf auf Anhieb mit über einer Runde Vorsprung auf das Schlusslicht. Die Sache schien bereits gelaufen, so riesig war der Tempounterschied zu den anderen Katamaranen. Dadurch, dass sich fliegende Boote aus dem Wasser heben, reduziert sich die Reibungsfläche zwischen Boot und Wasser, was für deutlich mehr Beschleunigung sorgt. Wie schnell solche Boliden unterwegs sein können, zeigt Viats Erfahrung auf dem Genfersee: „An einem Trainingstag haben wir bei nur 12 Knoten Wind Spitzen von 34 Knoten erreicht“, erzählt er.

Groupama skippers.ch LITTLECUP 2015

© Pierrick Contin.

Traum geplatzt

Der Genfersee war aufgewühlt, trug Schaumkronen und wurde immer kabbeliger. Nach dem Wetterbriefing äusserte sich Louis Viat leicht beunruhigt. „Bei 15 Knoten Wind herrscht an Bord schon fast Kriegszustand. Wenn der Wind auch noch instabil ist und starke Böen hinzukommen…“ Er traf mit seiner Befürchtung ins Schwarze. Der Wind drehte mächtig auf und den Seglern stand die Sorge ins Gesicht geschrieben. Cogito hielt dem Druck nicht stand. Sie kenterte und brach dabei das Flügelsegel. Im Nu waren mehrere Jahre Vorbereitung und Investitionen zunichte.

Für das amerikanische Team war es eine etwas unsanfte Landung auf dem Boden der Realität. Ihr Traum zerschellte in Sekundenbruchteilen. Zum Glück für die Segler und die Boote, bedauerlicherweise für die Zuschauer, waren die nächsten Tage ruhiger. Vielleicht sogar etwas zu ruhig, denn am Samstag kam wegen Flaute kein einziger Lauf zustande. Am Vortag hatte Groupama seinen Vorsprung auf die von Benoît Morelle und Benoît Marie gesteuerte Axon auf 2:0 ausgebaut und damit alles klar gemacht. Die Franzosen verliessen Genf mit ihrem zweiten Pokal unter dem Arm. Auf Rang 3 klassierten sich die Lokalmatadoren Jean-Pierre De Siebenthal und Arnaud Psarofaghis. Sie segelten auf der ehemaligen Hydros, die es 2013 in Falmouth ins Final geschafft hatte. Die andere C-Class im Besitz der Schweizer Stiftung wurde vom dreifachen Nacra-17-Weltmeister Billy Besson mit Unterstützung des Formula-18-Weltmeisters von 2012 Matthieu Vandame gesteuert. Sie starteten für den Gstaad Yacht Club, konnten aber trotz ihrer nur schwer zu toppenden Erfahrung mit Katamaranen aufgrund von mechanischen Problemen nicht mit der Konkurrenz mithalten. „Es war schwierig für uns, aber in diesem Sport braucht man eine zuverlässige Maschine und wir hatten zu wenig Zeit, sie so weit zu bringen“, sagte Matthieu leicht verbittert.

Groupama skippers.ch LITTLECUP 2015

© Pierrick Contin.

Mehrere Profi-Teams liebäugeln mit einer Teilnahme

Der Ruf der C-Class als experimentelle Klasse reicht weit über die Schweizer Grenzen hinaus. Franck Cammas nutzt die Einstiegsklasse des America’s Cups, um die Katamarane der neuen Generation für vergleichsweise wenig Geld zu verbessern und auch andere Profi-Teams haben Interesse bekundet. In Genf wurden zwei Spanier mit Volvo- Ocean-Race- und Olympiaerfahrung an der Seite des Bootsdesigners Juan Kouyoumdjian gesichtet. „Es sind schon mehrere potenziell starke Teams auf uns zugekommen“, freut sich Jérémie Lagarrigue, CEO von Hydros und Mitglied des Organisationskomitees. Mithilfe der Lombard Odier Gruppe befasst sich das Schweizer Start-up-Unternehmen bereits mit der Organisation der beiden nächsten Ausgaben. „Wir agieren als Veranstalter und Projektbetreuer“, erklärt Jérémie die Aufgabe von Hydros. „Innovation, Konkurrenzfähigkeit und Austausch bilden die Kernbegriffe der C-Class. Deshalb greifen wir zum Beispiel auch Amateurteams bei der Finanzierung ihrer Reise unter die Arme.“

Über mangelndes Interesse kann sich der Little Cup nicht beklagen. Die Veranstalter müssen sich deshalb wohl auch kaum Sorgen um seine Zukunft machen. Dank der Seltenheit des Anlasses und der internationalen Beteiligung darf er getrost in einem Atemzug mit dem Volvo Ocean Race, dem America’s Cup und den Olympischen Spielen genannt werden. Damit das auch so bleibt, müsse die Häufigkeit und die Einzigartigkeit des Anlasses beibehalten werden, so Jérémie. Mit grosser Wahrscheinlichkeit werden die frischgebackenen Sieger 2017 aber nicht zur Titelverteidigung antreten. „Wir konzentrieren uns voll und ganz auf den America’s Cup auf den Bermudas“, bedauert Louis Viat vorausschauend. Der Little Cup muss also ein neues Aushängeschild suchen. Vielleicht bewahrheitet sich ja dann das Sprichwort „ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse“ und die neuen Titelanwärter sorgen für eine packende Ausgabe 2017.

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