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Olympische Spiele 2024 – So organisiert sich das Schweizer Team

by Vincent Gillioz

Die für Paris selektionierten Seglerinnen und Segler beziehen in Kürze ihr Olympiaquartier in Marseille. Skippers hat einen Blick hinter die Kulissen der Organisation geworfen, die der Schweizer Delegation zum ersehnten olympischen Edelmetall im Segeln verhelfen soll.

Text: Vincent Gillioz

Der Erfolg einer Olympiakampagne hängt von vielen Faktoren ab. Zentral sind sicher die Struktur und die Betreuung der Athletinnen und Athleten während der Wettkämpfe. Das weiss auch das Swiss Sailing Team. Seit zwei Jahren arbeitet es daran, eine Organisation aufzubauen, die optimal auf die Bedürfnisse der Schweizer Segeldelegation zugeschnitten ist, damit sie im entscheidenden Moment ihr Können abrufen kann. «In Tokio waren wir wegen der Coronamassnahmen in einem Hotel weit weg von den Wettkampfstätten untergebracht», erinnert sich Marco Brunner, der COO von Swiss Sailing Team. «Das war alles andere als komfortabel und vor allem sehr umständlich. Diesen Sommer wohnen wir in den Satellitendörfern. Von dort sind es zu Fuss oder mit dem Velo nur wenige Minuten bis zur Marina.» Die Coaches und das Betreuerteam sind in zwei Häusern, ebenfalls in Hafennähe, einquartiert. «Es wäre natürlich ideal gewesen, wenn wir alle im gleichen Haus untergekommen wären, jeder in einem eigenen Zimmer», so Brunner weiter, «aber das war nicht möglich. Die Lösung, die wir gefunden haben, ist trotzdem ausgezeichnet.»

Grosse Unterstützung für grosse Ambitionen

Die Olympioniken können nicht nur auf eine geeignete Unterkunft zählen, sondern auch auf ein erfahrenes Betreuerteam, das sich um alle nichtseglerischen Bedürfnisse kümmert. «Der gesamte Staff in Marseille arbeitet schon lange mit uns zusammen», sagt Christian Scherrer, CEO und Teamleader von Swiss Sailing Team. «Wir haben bewusst langfristige Beziehungen aufgebaut und sehen uns als grosse Familie. Ich habe das Gefühl, dass seit der WM in Den Haag alle diesen Teamgeist spüren.»

Eine besonders wichtige Rolle kommt dem Headcoach und Match-Race-Experten Toni Otero zu. Der langjährige Rule Advisor für Swiss Sailing Team ist in Marseille für die Koordination der Wettkämpfe zuständig. Er zieht im Hintergrund die Fäden, damit die Spiele für die Schweizer Segeldelegation reibungslos über die Bühne gehen.

Marco Versari, seit 2012 Mitglied der Elitestruktur von Swiss Sailing und ehemaliger Leiter der Abteilung Development & Data and Technology, wird die Schweizer Medaillenhoffnungen als Meteorologe unterstützen. Er ist im Nationalen Leistungszentrum in Lausanne in einer leitenden Funktion tätig und versteht es wie kein anderer, Wind und Wetter zu lesen. Die Seglerinnen und Segler wissen, dass sie sich auf ihn verlassen können. Je nach Verlauf der Regatta spielt auch der Rule Advisor eine essenzielle Rolle. Diese Aufgabe übernimmt der erfahrene Luigi Bertini, der diese Funktion zuvor acht Jahre für Italien ausgeübt hat.

IM WINDSURFEN ERSETZT DER IQFOIL DIESES JAHR DEN RS:X. DIE SCHWEIZ WIRD IN DIESER KLASSE DURCH DEN TESSINER ELIA COLOMBO VERTRETEN.

Elena Moraga, Physiotherapeutin und Osteopathin aus Lanzarote, wird sich um das körperliche Wohl des Teams kümmern und gezielt mit den einzelnen Mitgliedern arbeiten. Da sie bereits in Den Haag dabei war, kennt sie die Schweizer Olympiaseglerinnen und segler und weiss, wer was braucht. Auf mentaler Ebene steht Maayke Van der Pluijm dem Team zur Seite. Die Sportpsychologin macht die jungen Frauen und Männer auch im Kopf fit für den Kampf um die Medaillen. Die Medienarbeit wird von Lori Schüpbach und Joanne Clarke erledigt.

Für das leibliche Wohl sorgt Marius Mermod. Er ist für die Intendanz und die Küche verantwortlich und hat das Olympiakader bereits in Den Haag mit Rücksicht auf die Bedürfnisse von Spitzensportlern kulinarisch verwöhnt.

Während der Segelwettkämpfe beginnt jeder Morgen mit einem Meeting der Teamleader, bei dem das genaue Programm der Einzelnen besprochen und an den Zeitplan und die Wetterbedingungen angepasst wird. Anschliessend können diese je nach Bedarf und Tagesplanung die Mitglieder des Betreuungsteams in Anspruch nehmen.

Die Nähe zur Schweiz als grosses Plus

COO Marco Brunner bestreitet bereits seine vierte Kampagne mit dem Swiss Sailing Team. Umso mehr schätzt er es, dass die Olympischen Spiele diesmal in unmittelbarer Nähe zur Schweiz stattfinden. «Das ist etwas völlig anderes als in Rio oder Japan, wo wir Monate im Voraus planen mussten. Zudem gibt es keine Sprachbarriere, was vieles vereinfacht. Die Nähe zur Schweiz ist ein grosser Vorteil, sie verschafft uns bei der Planung mehr Spielraum. Bei uns wird immer jemand in Bereitschaft sein, um in die Schweiz zu reisen, wenn wir zum Beispiel ein bestimmtes Teil benötigen.»

Natürlich ist auch in Marseille Material vorhanden. In der Basis steht ein grosser Technikcontainer und ein kleinerer, der als Büro dient. «Zwischen den beiden haben wir eine Plane gespannt, um etwas Schatten zu haben», verrät Marco Brunner. «Die hohen Temperaturen können zum Problem werden, wir müssen aufpassen, dass wir nicht überhitzen.» Die Zusammenarbeit mit den Veranstaltern klappe im Übrigen wunderbar, lobt der Logistikchef. «Der Segelmanager Nicolas Novara war mehrere Jahre als Trainer bei uns. Wir kennen uns gut. Ich arbeite gern mit ihm. Er ist sehr kompetent und geniesst hohes Ansehen.»

DER 470ER IST BEI DEN MÄNNERN SEIT 1976 UND BEI DEN FRAUEN SEIT 1988 OLYMPISCH. SEIT DIESEM JAHR KOMMT DIE JOLLE FÜR DIE MIXED-TEAMS ZUM EINSATZ. FÜR DIE SCHWEIZ MIT DABEI: MAJA SIEGENTHALER UND YVES MERMOD.

Knacknuss Akkreditierungen

Zu den komplexeren Angelegenheiten gehören die Akkreditierungen. Sie werden tröpfchenweise vergeben. «Die persönlichen Coaches haben natürlich Vorrang», versichert Christian Scherrer. «Sie müssen schliesslich Zugang zum Regattarevier haben. Für alle anderen müssen wir mit den Tagespässen jonglieren. Der Zutritt ist streng geregelt. In die Austragungsstätten kommt nicht rein, wer will. Kein Vergleich zu anderen Grossveranstaltungen wie Weltmeisterschaften, wo alles viel lockerer gehandhabt wird. Wir müssen auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Athleten Rücksicht nehmen. Bei den Formula Kite zum Beispiel braucht es einen Beach Caddy, der sich um die verschiedenen Kites kümmert. Für die Schweiz übernimmt Jonas Lengwiler diese Aufgabe. Dafür zu sorgen, dass alle zur richtigen Zeit einen Pass haben, gleicht einer Partie Tetris.» Den anderen Teams gehe es aber gleich. Scherrer ist zuversichtlich, zumal er bei den Verhandlungen mit den Organisatoren auf die Unterstützung von Swiss Olympic zählen kann.

Am 1. August feiert Marco Brunner sein 15-jähriges Jubiläum beim Verband. Am gleichen Tag steht das Medal Race der 49er Männer auf dem Programm. Hoffnungsvoll meint er: «Wenn Sébastien und Arno eine Medaille gewinnen, wäre das ein schönes Geschenk zu meinem Jubiläum und zum Nationalfeiertag.» «Das Niveau des Teams, seine Erfahrung und die professionelle Betreuung könnten diesen Traum durchaus wahr werden lassen.

Exklusives Hauptquartier

Hauptquartier der olympischen Segelwettbewerbe ist die Wassersportbasis Roucas-Blanc. Sie liegt vier Kilometer südlich des alten Hafens von Marseille, in unmittelbarer Nähe des Prado-Strandes. Für die Regatten hat die Anlage eine Komplettsanierung erhalten. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten und für alle Teilnehmenden beste Voraussetzungen zu schaffen, wurden 7000 Quadratmeter überbaut und 17 000 Quadratmeter Aussenfläche neu gestaltet. Auch dem zahlreich erwarteten Publikum bietet die neue Basis viel, allen voran ihre unschlagbare Lage an der Panoramastrasse, der berühmten Corniche. Laut den Organisatoren garantieren die Qualität des Reviers, der konstante Wind und die Konfiguration der Küste, die gut zu den vorherrschenden Winden ausgerichtet und vor Strömungen und Gezeiten geschützt ist, ideale taktische und strategische Bedingungen.

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