Fotos | © Sophia Urban (Titelbild ), © Juerg Kaufmann für andere.
Die Athleten des Swiss Sailing Teams (SST) waren während Olympia fern des betriebsamen olympischen Dorfes in einem Wohnviertel von Rio, nur wenige Kabellängen von der Marina entfernt, untergebracht. Dadurch konnten sie sich die mehrstündige Anund Rückfahrt sparen und von einem fantastischen Umfeld profitieren.
Ein blaues Haus an einem Hügel mit Blick auf die Bucht von Rio. Idyllisch sieht es aus und perfekt gelegen ist es auch noch. Die Seglerinnen und Segler erreichen das Regattarevier zu Fuss. Trotz der trügerischen Stille in diesem Wohnviertel von Rio de Janeiro ist die Sicherheit aber auch hier ein Problem, weshalb strikte Regeln gelten. Es darf nur in Gruppen nach draussen gegangen werden und ab Einbruch der Dunkelheit ist ein Taxi zu rufen.
Abgesehen von diesen minimalen Vorsichtsmassnahmen können die Seglerinnen und Segler die Carioca-Metropole in dieser grünen Oase in vollen Zügen geniessen. Gewundene Pflasterstrassen führen zum kleinen Hügel oberhalb der Marina Gloria. Der Ort ist beschaulich und weit weg vom zur Schau gestellten Protz des olympischen Dorfes mit seinen unpersönlichen Türmen. Hinter dem blauen Eingangstor befindet sich ein blühender Garten. Nur das Dröhnen der auf dem Flughafen Santos-Dumon landenden oder startenden Flugzeuge stört die fast unwirkliche Ruhe.
Ein kleiner Zipfel Schweiz
Kaum habe ich die Metallschranke passiert und den kleinen Eingangshof durchquert, stehe ich in der Küche des Hauptgebäudes. Hier trifft sich das gesamte Team zum Essen. Ich werde freundlich und zuvorkommend begrüsst. Einige Athleten haben sich zurückgezogen, andere wiederum beantworten bereitwillig ein paar informelle Fragen. Ein Dutzend Personen frühstückt, andere machen sich hier und dort zu schaffen. Damit es den Gästen an nichts fehlt, wachen ein Koch und zwei Haushälterinnen über ihr Wohl. Es wird Brasilianisch, Spanisch, Französisch, Englisch und Schweizerdeutsch gesprochen. Irgendwie erinnert das Ganze an eine Studenten-WG, in der man einander begrüsst, sich austauscht und in der trotzdem jeder sein Leben lebt und das der anderen respektiert.

Wie zu Hause
Auf der anderen Seite der schattigen Gartenterrasse stehen zwei kleine Reihenhäuser. „Unser Office Manager Marco Brunner und ich teilen uns das erste, die Seglerinnen Maja Siegenthaler, Linda Fahrni und Nathalie Brugger wohnen im letzten, ganz hinten im Hof“, sagt Reulein, der bereits an Olympia 2012 als Teamchef dabei war, nachdem er in Qingdao (Peking) noch als Coach gewirkt hatte. Er habe eine solche Konstellation noch nie zuvor erlebt. „In China haben wir in Luxuswohnungen mit wenig Backup-Support logiert. Das war eine relativ schwierige Situation. In Weymouth, dem Austragungsort der Regatten an den Olympischen Spielen in London, war es auch gut, aber nicht mit dem hier vergleichbar. Wir waren vor den Spielen mehrmals für Trainingscamps und Testevents in Rio und haben jedes Mal ein Haus gemietet, damit wir uns wohl fühlen. Auf die Teamdynamik wirkt sich das sehr positiv aus. Jeder hat seine Privatsphäre und kann sich nach Lust und Laune zurückziehen oder Zeit mit den anderen verbringen. Und da es bis zur Marina nur fünf Minuten zu Fuss sind, sparen wir enorm viel Zeit und müssen uns auch keine Gedanken über den Transport machen.“
Glückliche und gut verpflegte Athleten

Für das leibliche Wohl ist der Carioca Gabriel Stefano verantwortlich. Er hat das Team des SST bei allen bisherigen Aufenthalten in Rio kulinarisch verwöhnt. „Wer gut isst, kann auch seine Leistungen abrufen. Ich achte genau auf die Zusammenstellung der Mahlzeiten, damit sie die richtige Menge Proteine und Kohlenhydrate enthalten. Die Menüs sind einfach, ausgewogen und bedarfsgerecht.“
Als ich mich verabschiede, geht jeder seiner Beschäftigung nach. Es herrscht eine entspannte Atmosphäre. Das Team ruht sich im Hinblick auf die Eröffnungsfeier und den Einzug des Schweizer Teams ins Maracana- Stadion aus. Sich vor dem olympischen Trubel zu schützen ist eine Sache, den olympischen Geist zu erleben eine andere.