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Olympische Spiele in Rio: wie gross sind die Schweizer Medaillenchancen?

von Quentin Mayerat

Text | Vincent Gillioz

Einige Mitglieder der Schweizer Delegation reisen mit Medaillenhoffnungen an die Olympischen Sommerspiele in Rio. Angesichts des hochkarätigen Teilnehmerfelds ist die Aufgabe nicht ganz leicht, aber dennoch nicht unmöglich.

Seit 48 Jahren gehen die Schweizer Olympia-Regatteure nun schon leer aus. Werden sie das Blatt in Rio wenden können und endlich eine heiss ersehnte Medaille nach Hause bringen? Genaue Prognosen sind schwierig, einige Anhaltspunkte geben aber Aufschluss darüber, wie realistisch die Hoffnungen unserer Athleten sind.

Olympia als Leistungshemmer?

Die eigentliche Frage, die man sich stellen muss: Sind olympische Wettkämpfe geeignet, um über sich selbst hinauszuwachsen oder wirken sie im Gegenteil eher leistungshemmend? Schweizer Segler haben schon beides gekannt. International topklassierte Athleten waren auf dem olympischen Revier plötzlich ihrer Mittel beraubt und andere nur knapp qualifizierte Regatteure erzielten ihre bisher besten Ergebnisse an Olympia, wobei letzterer Fall bisher deutlich seltener auftrat. Meistens aber entspricht das Abschneiden an den Spielen den durchschnittlichen Leistungen der Segler. Ist es deswegen utopisch, auf einen Ausmahmeerfolg zu spekulieren? Soll man schon von vorneweg alle Hoffnungen begraben?

Wo stehen unsere Athleten?

Die Schweizer Delegation umfasst vier Teams und einen Windsurfer. Die heissesten Medaillenanwärter sind unbestritten die olympiaerfahrenen Matias Bühler und Nathalie Brugger auf dem Nacra 17. Nach seinem Podestplatz an der WM 2013 in Scheveningen klassierte sich das Mixed- Team wiederholt in den Top Ten. 2016 gewann es die Midwinter Regatta in Miami, 2015 fuhr es am Worldcup in Weymouth auf den 2. und 2016 auf den 10. Platz. Angesichts dieser ausgezeichneten Resultate stehen die Chancen auf ein olympisches Diplom trotz teilweise fehlender Konstanz gut.

Das 470er-Team Yannick Brauchli/Romuald Hausser bringt ebenfalls Erfahrung mit. Die beiden waren dank einer um Haaresbreite geschafften Qualifikation bereits in London mit dabei, wo sie den guten 16. Platz erreichten. Seither haben sie viele Hochs und Tiefs erlebt. Seit Anfang Jahr scheinen sie aber auf Kurs. An der Trofeo Princesa Sofia in Palma reichte es für den 11. Platz und am Worldcup in Weymouth im Juni wurden sie sogar 8. Selbst wenn Brauchli/Hausser im Durchschnitt die Anforderungen nicht ganz erreichen, können auch sie sich echte Chancen auf ein olympisches Diplom ausrechnen.

Linda Fahrni und Maja Siegenthaler, die beiden Shootingstars dieser Selektion, segeln seit 2014 in der 470er-Elite und haben sich seither konstant gesteigert. An der WM 2013 in La Rochelle belegten sie den 9., am Test Event 2015 in Rio den 8. Platz und am diesjährigen Worldcup in Weymouth verpassten sie das Podest nur knapp (4.). Linda und Maja haben zwar noch nicht viel Erfahrung, dafür stehen sie aber weniger unter Druck, was sich als ihr Vorteil entpuppen könnte.

Sébastien Schneiter und Lucien Cujean, 18. am Worldcup in Weymouth, segeln in der sehr anspruchsvollen 49er-Klasse. Sie machen sich keine Hoffnung auf eine Medaille, sondern wollen die Olympiakampagne in erster Linie dazu nutzen, Erfahrung zu sammeln. Ihr eigentliches Ziel ist Tokyo 2020. Die Latte deutlich höher gelegt hat Mateo Sanz Lanz. Der Windsurfer aus Formentera fährt an internationalen Anlässen regelmässig unter die ersten zehn. Auch seine Steigerungskurve kann sich sehen lassen: Er verbesserte sich am Test Event in Rio vom 17. Platz im Jahr 2014 auf den 6. Platz im Jahr darauf. Mateo hat also klar das Zeug für ein Diplom – oder sogar mehr, denn bei Leichtwindbedingungen ist er kaum zu schlagen!

Force en présence

Wo aber stehen die Konkurrenten und welches sind die Kronfavoriten? Jede Klasse hat ihre Leader und einige scheinen unbesiegbar. Bei den 49ern dominieren Peter Burling (Steuermann bei ETNZ) und Blair Tuke aus Neuseeland. Sie sind sichere Goldkandidaten. Alles andere wäre eine Riesenüberraschung. Als Medaillenfavoriten werden zudem Nathan Outteridge und Iain Jensen aus Australien gehandelt. Das französische Duo Billy Besson und Marie Riou auf Nacra 17 fährt der Konkurrenz seit mehreren Jahren davon. Die Weltmeister von 2013, 2014, 2015 und 2016 sind klar gesetzt. Bei den 470ern befinden sich Mathew Belcher und William Ryan aus Australien (Gold in London) sowie Agnieszka Skrzypulec und Irmina Mrozek Gliszczynska, die mit den Schweizerinnen trainieren, in der Favoritenrolle. Etwas breiter ist die Spitze im Windsurfen. Dort werden vor allem der Sieger von London Dorian van Rijsselberghe aus den Niederlanden, der Brite Nick Dempsey (Silber) und der Pole Przemysław Miarczyñski (4.) favorisiert.

Ein olympischer Erfolg baut bekanntlich auf drei oder vier Kampagnen auf. Dazu müssen die Regatteure aber daran glauben, viel Durchhaltevermögen beweisen und sich auf eine Struktur stützen können, die ihnen eine langfristige sportliche Karriere ermöglicht. Wirklich grosse Hoffnungen können wir uns wohl erst für 2020 machen. Doch bevor wir voreilige Schlüsse ziehen, warten wir ab, wie sich unsere Athleten in Rio schlagen.

 

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