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Panerai Transat Classique

von Quentin Mayerat

Die elegante Fife-Jacht Adventuress des jungen amerikanischen Teams Gentlemen Sailors musste in der Gesamtwertung (6.) kämpferischen Crews wie der von Clément Kerisel den Vorrang lassen. © zVg

Klassiker haben nicht häufig Gelegenheit, den Atlantik im Regattamodus zu überqueren. Wer glaubt, dass sie aufgrund ihres hohen Alters die Segel streichen, sobald der Passat auffrischt, irrt gewaltig. Im Gegenteil! Crewmitglieder, Skipper und Reeder an Bord der erhabenen Schönheiten lassen nicht nur die alten Zeiten aufleben, sie beweisen auch unbändigen Kampfgeist. Clément Kerisel, ein 31-jähriger schweizerisch-kolumbianischer Doppelbürger, ist einer dieser passionierten Segler. Er war auf der Gweneven, dem kleinsten Boot im Rennen, engagiert, und sagte: „Ich bin eigentlich schon immer gesegelt. Zunächst auf einer Jolle auf dem See und anschliessend auf einer Cruiser-Jacht, mit der ich von unserem Familiensitz in Dinard nach England und Irland segelte. Dort war ich entweder zwischen Falmouth und Cowes unterwegs oder nahm an der Cowes Week teil. Während meiner Studienzeit regattierte ich drei Saisons lang auf X 346s, A 40 und First 31.7.“

Altair, das Flaggschiff der Flotte, setzte sich nach verbissenem Kampf nicht ohne Mühe durch. © Marine Nationale

Bei diesem Abenteuer erleben die Segler aber eine ganz andere Facette des Segelsports. Hier geht es nicht darum, auf einem optimierten Cruiser zwischen drei Bojen die beste Strategie zu finden. Auf die Teilnehmer wartete dieses Jahr ein 2800 Seemeilen langer Kurs von Lanzarote auf den Kanaren bis nach Fort-de-France in Martinique auf Segelbooten aus einer anderen Zeit. Trotzdem brauchten die meisten Jachten für die Strecke nicht viel länger als zwei Wochen (16 Tage, 3 Stunden und 47 Minuten für die Gweneven). Ein bemerkenswertes Tempo für die ehrwürdigen Klassiker, die immerhin ein Durchschnittsalter von 57 Jahren aufweisen. Beeindruckend war neben der phänomenalen Geschwindigkeit auch die hohe Leistungsdichte. Die Hälfte der Flotte querte die Ziellinie am gleichen Tag, was angesichts der unterschiedlichen Grössen und Takelagen und der uneinheitlichen Teams sowie der schwierigen Segelbedingungen vor allem direkt nach dem Start eine bravouröse Leistung war. Das sieht auch Clément Kerisel so: „Ich bin schon die Atlantic Trophée (Anm.d.Red. : Bretagne-Azoren-Bretagne) auf der Gweneven gesegelt. In Seemeilen gerechnet ist sie etwa gleich lang wie die Panerai Transat, allerdings mit einem Stopp auf halber Strecke. Das Meer war diesmal jedoch von Anfang an aufgewühlt und chaotisch und es wehte ein böiger Wind mit bis zu 35 Knoten.“

Die 1948 von Stephens entworfene und mit meisterlicher Hand geführte Argyll holte sich verdient den zweiten Platz vor der Swan 38 Gweneven. © Gérard Germain / Panerai Transat Classique 2015

Für die Hochsee gemacht

Das entfesselte Meer war jedoch kein wirkliches Problem. Obwohl heute die meisten Klassikerjachten in der Bucht von Cannes oder St. Tropez paradieren, wurden sie ursprünglich doch als Cruiser-Racer entworfen und sind alle hochseetauglich. So auch die Gweneven. „Ein echter Wikinger, diese Swan 38. Sie braucht Wind, damit sie schnell ist!“, meinte Kerisel. An Bord hisste die von Figaro-Segler Gildas Mahé angeführte Crew die Segel. Sie kannte das Potenzial der Jacht bei Starkwind. Kerisel: „Wir haben rasch begriffen, dass unsere Rivalen nachts den Spi bergen, um die Genua zu setzen, und wussten, dass wir gute Karten hatten, auch wenn es kompliziert ist, das Boot bei so wenig Sicht und 30 Knoten zu steuern. Der Mond stand im letzten Viertel, wir sahen also so gut wie nichts. Es war aber unsere einzige Chance auf einen Podestplatz.“ In Echtzeit machte die kleine Swan eine passable Figur. Wenige Tage vor dem Ziel wurde es für den majestätischen, von File entworfenen 40,78 Meter langen Gaffelschoner Altair sogar nochmals eng. Die führende Jacht geriet durch den nachlassenden Passat ins Stocken, worauf ihr Adventuress, Argyll und Gweneven gefährlich nahe kamen.

Die verglichen mit den anderen engagierten Jachten sehr bescheidene und kleine Gweneven hielt sich tapfer. Ihre Verbissenheit zahlte sich aus: Sie segelte auf den dritten Podestplatz. © Gérard Germain / Panerai Transat Classique 2015

Am Limit

Falsche Bescheidenheit ist nicht ihr Ding: Alle Teams räumten bereitwillig ein, dass sie sich hohe Ziele gesteckt hatten, Klassikerjachten hin oder her. Der Skipper der Altair hatte sich vorgenommen, das Potenzial des Schoners bei Starkwind zu nutzen und in den ersten vier Tagen 1000 Seemeilen zurückzulegen. Ähnlich lauteten die Pläne an Bord der Adventuress und der Argyll. Sie hatten die 200-Seemeilen-Grenze nach 24 Stunden geschafft. Der regattaerfahrene Clément Kerisel war überrascht: „Bei einer Regatta geht man aufs Ganze, bei einem Hochseerennen muss man seine Kraft hingegen einteilen. Gildas hat gezeigt, dass er beides gleichzeitig schafft. Wir waren 16 Tage nonstopp im Einsatz und haben begriffen, dass ein Regattasegler, egal bei welchem Rennen, rund um die Uhr gefordert ist.“ Das Höllentempo hat seine Spuren hinterlassen. Auf der Amazon lösten sich Holzplanken, und auf allen Decks mussten die abgenutzten Taue und Schoten behelfsmässig mit Taklings geflickt werden. Unter dem Strich gab es aber nur wenige Schäden, einzig Faiaoahé hatte am Anfang der Regatta einen gebrochenen Spibaum zu beklagen. „Die Gweneven war wirklich gut vorbereitet. Wir mussten nur den Spi etwas flicken, aber sonst ist alles ganz geblieben. Ich schien dem Team allerdings Unglück zu bringen. Während ich Wache schob, segelten wir zweimal nur vier Meter neben einem Wal vorbei, ich stolperte barfuss über eine Klemme und ein fliegender Fisch flog mir ins Auge!“, so Clément Kerisel.

Altairs Ankunft in Martinique unter vollen Segeln. Sie wurde 1929 für eine Luxus-Weltumsegelung gebaut. © Gérard Germain / Panerai Transat Classique 2015

Das Wesen einer Rallye

An der Panerai Transat Classique herrschte trotz Wettkampfgeist eine ausgelassene Rallye-Atmosphäre. Auch die siegeshungrigen Topsegler und die Profi-Skipper trübten die allgemein lockere Stimmung nicht. Und obwohl die Strategie das wohl wichtigste Gesprächsthema war, so stand auch die Kulinarik hoch im Kurs. Auf der Gweneven gab es Schweinefleisch süss-sauer mit Gemüsereis. „Die Präsentation konnte sich sehen lassen, denn Christian legt auch bei fünf Meter hohen Wellen Wert auf perfekte Präsentation“, erzählt Clément. An Bord der Faiaoahé wurde ein 6-Stunden-Lamm serviert und das Team der The Blue Peter liess sich geräuchertes Schweinefleisch mit Linsen schmecken. Angesichts der Strapazen hatten sich die Crews diese königlichen Speisen aber auch redlich verdient!

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