Im Frühling 2020 hat Thomas Jundt das zehnjährige Kapitel der Mirabaud LX abgeschlossen und ist mit der QFX beherzt in ein neues Abenteuer gestartet. Der innovative Hightech-Foiler könnte am Genfersee durchaus einen neuen Hype auslösen.
Text: Vincent Gillioz
Fotos: Loris von Siebenthal
Als Thomas Jundt und sein Team vor zehn Jahren ein Boot ohne Rumpf zum Fliegen brachten, reagierte die Segelgemeinschaft euphorisch. Offenbar kannte die Kreativität des Querdenkers keine Grenzen. Das scheint noch immer so. Nahezu dreist liess der mittlerweile 62-jährige Ingenieur die QFX bauen, in die er seine langjährige Erfahrung bei der Entwicklung von Prototypen gesteckt hatte.
Drei in einem
Hauptmerkmale des raumschiffähnlichen Bootes sind seine Vielseitigkeit und seine verschiedenen Segelmodi. Es soll je nach Wind klassisch, mit dem Dynamic Stability System (DSS) oder foilend übers Wasser rauschen. Mit anderen Worten: Bei wenig Wind verdrängt das Boot gleich viel Wassermasse wie es wiegt. Die Stabilität wird dabei vom Ballast und von den Besatzungsmitgliedern sichergestellt. Ab 10 Knoten Geschwindigkeit kann sich die QFX auf ihrer horizontalen Tragfläche abstützen, die Auftrieb generiert. Hier kommt das von Hugh Welbourn patentierte DSS zum Zug. Ab 14 bis 15 Knoten hebt das Boot dank der V-förmigen Foils ab, sodass der Wasserwiderstand auf ein Minimum reduziert wird und die Verdrängung das Tempo nicht mehr bremst. Die Foils können mithilfe eines ausgeklügelten Systems je nach gewünschtem Segelmodus in die richtige Position gebracht werden. Auch das Ruder lässt sich über eine verstellbare Tragfläche trimmen. «Die QFX soll kein Highspeed-Gefährt sein, aber doch schneller als die anderen», erklärt Jundt. Sie sei kein Endzweck, sondern vielmehr ein Mittel zum Zweck. «Wir wollen nicht um jeden Preis foilen, nur dann, wenn wir damit gewinnen können. Ich weiss aus Erfahrung, dass wir zu 80 Prozent der Zeit bei Schwachwind von rund 4 bis 5 Knoten, das heisst bei weniger als 10 km/h segeln werden. Wir müssen also vor allem bei solchen Bedingungen schnell sein und gleiten. Der Rest ist Bonus.»
Nur die besten Fachleute
Für das Konzept des revolutionären Allrounders hat sich Jundt mit dem britischen Bootsdesigner Hugh Welbourn zusammengetan und für die einzelnen Teile eine ganze Reihe Fachleute beigezogen. Er habe sich einiges einfallen lassen, damit das ultraleichte Boot in allen drei Modi funktioniert. «Da war ziemlich viel Kreativität gefragt. Für einige Ideen musste ich kämpfen. Mir war zum Beispiel wichtig, dass die QFX beim klassischen Segeln keine Reibungsfläche hat. Der Konstrukteur war dagegen, aber ich habe mich durchgesetzt. Er durfte dafür einige technische Ansprechpartner bestimmen, mit denen er oft zu tun hat und mit denen er gern zusammenarbeitet.» Die Teile stammen aus Grossbritannien, Frankreich und Neuseeland. Montiert wurden sie in der Werft MB Composite in Yverdon, wo Jundt seit 15 Jahren seine Boote bauen lässt. «Das Boot war 200 kg schwerer als geplant. Ich habe die Lektion gelernt und weiss jetzt, dass man in der Werft jeden einzelnen Schritt genau beobachten muss und nichts durchgehen lassen darf. Schon eine geglättete Kehle mit 2 bis 3 Millimetern Durchmesser macht nämlich einen spürbaren Unterschied.»
Leichtwindrakete
Im Mai 2020 segelte die QFX ihre ersten Schläge ohne Foils. Im Sommer wurde sie dann ausgiebig getestet und optimiert. Jundts Bilanz: «Es war die richtige Entscheidung, dass wir die Foils nicht sofort montiert haben. So hatten wir Zeit, uns mit dem Boot vertraut zu machen und es im klassischen Modus in den Griff zu bekommen. Wir haben damit an den Dienstagsregatten der SNG, an der Semaine du soir, der Centomiglia auf dem Gardasee und an der Piraten-Regatta teilgenommen. Dabei hat sich die QFX bei wenig Wind als Rakete erwiesen. Sie ist aber bei allen Bedingungen schnell unterwegs. Ursprünglich war sie für ein Viererteam konzipiert, wir sind allerdings zu sechst, sodass vier Personen im Trapez segeln und das aufrichtende Moment erhöht wird. Die QFX ist wirklich sehr schnell und kann viel Tuch tragen. Wie sich gezeigt hat, ist sie den Psaros 33 und 40 ebenbürtig. Wir haben uns daher ernsthaft die Frage gestellt, ob wir überhaut Foils brauchen.»
Ende Dezember trafen die Foils ein und wurden nach einem letzten Feinschliff in der Werft MB Composite dann doch montiert. Die ersten Tests verliefen erfolgreich und nach einigen Schleppflügen hob der Foiler bei idealen Bedingungen unter Segeln ab. «Das war unser Weihnachtsgeschenk », grinst der Ingenieur.
Ohne eine einzige Schwäche
Thomas Jundt startet mit einem guten Gefühl in die Saison 2021, denn sein Projekt übertrifft sämtliche Erwartungen. «Wir wollten ein vielseitiges Boot und das ist uns gelungen. Es hat im Gegensatz zur Mirabaud LX oder dem 18-Footer keine einzige Schwachstelle. Jetzt müssen wir lernen, damit zu foilen und herausfinden, in welchen Windspektren Foilen überhaupt Sinn macht. Die verschiedenen Modi sind nicht klar voneinan-der abgegrenzt, wir müssen experimentieren. Wenn wir aber foilen, dann konstant, sonst können wir es gleich bleibenlassen. Bei wenig Tempo verursachen die Ausleger einen grossen Widerstand und wenn wir nicht ständig in der Luft bleiben, bremsen wir das Boot mit den ausgefahrenen Foils jedes Mal, wenn wir wieder ins Wasser tauchen.»
Bis zu den grossen Genferseeklassikern im Juni wartet ein volles Programm auf das Team der QFX. Im Mai steht eine Woche am Gardasee an, ausserdem sind zwei Trainings pro Woche geplant, damit das Boot möglichst bei allen Wetterverhältnissen eingesetzt und optimiert werden kann.
An der Genève-Rolle-Genève und an der Bol d’Or Mirabaud geht es dann ans Eingemachte. Spätestens an diesen grossen Regatten wird sich zeigen, wie sich der Neuling schlägt.
Die QFX in Zahlen
Länge: 10,70 m
Breite: 4 m (5,2 m an den Foilenden)
Leergewicht: 850 kg
Bleibombe: 300 kg
Grosssegel: 38 m2
Fock: 19 m2
Genua: 45 m2
Genua See: 75 m2
Spi: 115 m2
Besatzungsmitglieder: 1 bis 6