Im Match Racing ist das Konzept bereits seit 20 Jahren Normalität. Dort werden die Duelle auf völlig identischen, vom Veranstalter bereitgestellten Booten ausgetragen. Jetzt scheint diese Vorgehensweise auch bei Flottenregatten Schule zu machen, wie die jüngste Initiative des französischen Seglerverbandes (FFV) zeigt. Er will ab diesem Jahr nationale Kollektivflotten-Meisterschaften (FFV) für die Junioren („Minimes“) und den Nachwuchs und 2011 auch für die Elite organisieren. Bei Swiss Sailing ist man bereit, diesem Trend zu folgen.
Das Prinzip ist einfach: Der FFV hat mit einigen Herstellern Kontakt aufgenommen und sie gebeten, dem Veranstalterclub eine bestimmte Anzahl Einheitsboote zu liefern, damit sie den Konkurrenten zur Verfügung gestellt werden können. So geschehen Mitte Juli auf dem Lac Moisson Lavacourt bei Paris an der Französischen Kollektivflotten Juniorenmeisterschaft. 80 Jugendliche kämpften auf Open Bic um den Titel. Ende August gingen dann in Le Havre die Französischen Nachwuchsmeisterschaften für Einhandund Teamsegler auf 21 First Class 7.5 über die Bühne.
Zeit gewinnen
FFV-Präsident Jean-Pierre Champion ist vom Konzept begeistert und hält es für äusserst vielversprechend. „Ich bin überzeugt“, sagte er in einem Interview, das auf der Homepage des FFV veröffentlicht wurde, „dass es viele Leute gibt, die aus Zeitgründen nicht segeln. Man muss überall dort Zeit gewinnen, wo es möglich ist, das heisst beim Transport und beim Aufriggen und genau das kann manmiteiner Kollektivflotte.“
Dass die Regattasegler ihr Boot nicht mehr trailern müssen, ist zweifellos der offensichtlichste Vorteil des Konzepts. Dadurch können die Teilnehmer ganz bequem mit dem Zug oder gemeinsam mit dem Auto anreisen, nur mit der Schwimmweste und der Lizenz im Gepäck. Und da die Boote absolut identisch sind, werden sie ausgelost und auf dem Wasser ist dann einzig das Talent entscheidend.
Für Régis Viateur, Direktor der Freizeitbasis Moisson Lavacourt, Organisator des Juniorenwettkampfes und Tempest-Weltmeister 2009 in Spiez, trifft das Format den Nerv der Zeit: „Segler sind immer mehr auch Kon-sumenten. Wie Golfer, die eine Stunde Golfen kaufen, ist auch der Segler immer weniger mit seinem Boot verbunden und gibt dem Ausüben seines m Lieblingssports den Vorzug.“ Er hält diese Entwicklung für sehr positiv, da sie eine intensivere Nutzung der Boote ermögliche. „Das ist für die Clubs ein gutes Geschäft, da die Kosten für die Wartung, die Lagerung und den anderen mit der Bereitstellung der Racer verbundenen Aufwand gesenkt werden“, meint Viateur.
Die Bilanz der ersten Kollektivflotten-Juniorenmeisterschaft ist positiv, wie Régis Viateur festhält: „Die Besten, die sonst eigentlich gewohnt sind auf ihrem eigenen Boot zu regattieren, waren auch diesmal ganz vorne. Sie sind zwar die ganze Woche mit dem gleichen Boot gesegelt, hatten aber nicht das Recht, irgendetwas daran zu ändern.“ Die 80 Open Bic, die dem Veranstalter grosszügigerweise ausgeliehen wurden, werden mit Hilfe des FFV und der am Circuit beteiligten Partner an verschiedene fran-zösische Clubs verkauft.
Interessant für Swiss Sailing
Roger Staub und Vincent Hagin, Präsident und Vizepräsident von Swiss Sailing, begrüssen solche Initiativen und würden es gerne sehen, wenn sie von mehr Bootsklassen oder Clubs ergriffen würden. In einem schriftlichen Interview nennen beide als Beispiel die Zürich Sailing Climate Re-gatta, die seit 2008 von der Klassenvereinigung der 470er organisiert wird. Dabei werden den Regatteuren nicht nur zehn Boote zur Verfügung gestellt, sie müssen sich auch verpflichten, ausschliesslich mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Zur nächsten Ausgabe vom 2.-3. Oktober 2010, die vom Segel Club Enge (Zürich) organisiert wird, werden 30 Teams erwartet.
Im Gegensatz zum zentral organisierten Frankreich, wo der Seglerverband mächtig und vermögend ist, könnte sich Swiss Sailing nach eigenen Angaben nur punktuell für Kollektivflotten-Regatten einsetzen, „zum Beispiel im Rahmen einer Förderaktion für Regattasegeln“. Swiss Sailing würde es aber lieber sehen, wenn die Initiative von den Klassen und nicht von den Clubs ausgeht, wie das schon bei der Climate Regatta der 470er in Zürich der Fall ist.
Es ist nicht nur der Umweltaspekt solcher Initiativen, der es Swiss Sailing angetan hat, die Verbandsverantwortlichen sind auch von einem weiteren Vorteil des Modells überzeugt, nämlich von „der neuen Art zu regattieren, die Leuten ohne Boot geboten wird“. Damit alle Regionen an einer Kollektivflotten-Meisterschaft teilnehmen können, sollten solche Anlässe genügend Läufe umfassen, ohne dass man gleich verpflichtet ist, alle Läufe zu segeln, finden Roger Staub und Vincent Hagin. Sie weisen darauf hin, dass es dem Sportsegeln in der Schweiz gut geht, weshalb Kollektivfl otten-Regatten am ehesten 20- bis 35-Jährige ansprechen dürften, da diese Altersklasse aus finanziellen und aus Zeitgründen (Familie, Ausbildung usw.) am wenigsten segelt.
Jean-Pierre Champion, Präsident des FFV, prophezeit dem Konzept gute Zukunftschancen, geht aber davon aus, dass die Entwicklung in Teilschritten vorankommen und nicht den ganzen Segelsport einbeziehen wird. „Das wird seine Zeit brauchen“, so Champion. „Wir stehen wahrscheinlich vor einer langsamen Wende hin zu vermehrtem Charter und Boatsharing. Dass auch das Regattasegeln davon betroffen ist, überrascht nicht, auch wenn es immer Regatten geben wird, bei denen die Präparieren des Bootes eine der wichtigsten Leistungskomponenten ist.“