Die F50 gelten als schnellste Segelboote der Welt. Sie fliegen mit bis zu 50 Knoten übers Wasser und sollen am SailGP den Segelsport revolutionieren. Dem Sieger dieser hochdotierten Rennserie winkt ein Preisgeld von einer Million US-Dollar! An Bord der One-Design-Foilerkats verwandeln sich fünf behelmte Segler in Raser, die das Highspeed-Gerät mit Joystick, Knöpfen und Pedalen kontrollieren. Muss der America’s Cup die Konkurrenz dieser hochvernetzten, mit Kameras, Mikrofonen und 1200 Data Points vollgepackten F50 fürchten?

Marie Riou, Bessons Vorschoterin auf dem Nacra 17 und seine Taktikerin auf dem F50, ist die einzige Frau am SailGP. Mit einem Grinsen spinnt sie seinen Vergleich weiter: „Wie Jean Alesi sollte man sich davor hüten, ins Kiesbett zu rauschen, das heisst von der Strecke abzukommen. Sonst heisst es zurück in die Box und Punkte ade! Die F50 sind Formel-1-Boliden ohne Sicherheitsgurt und ohne Airbag!“
Zirkus auf dem Wasser

Tom Slingsby, der Skipper des australischen Teams, bestätigt: „Klar fliegen unsere Boote, aber um sie zu einem bestimmten Zeitpunkt möglichst schnell voranzutreiben, müssen wir mit den Füssen am Boden bleiben, die Nase in den Wind halten und mit den Augen das Wasser in einem Umkreis von 360 Grad absuchen. Das ist Segeln in seiner reinsten Form. Da sind ultrafeine, sekundenschnelle Analysen und Entscheidungen gefordert.“ Slingby nutzte übrigens seinen Heimvorteil in der Bucht von Sydney und gewann am 16. Februar souverän die erste Etappe.
Der Skipper des japanischen Teams Nathan Outteridge bläst ins gleiche Horn wie sein Landsmann: „Es geht nicht darum, an jeder Regatta einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen. Schliesslich bricht auch niemand die Bestzeit im 100 Meter Brust oder 100 Meter Freistil im Olympia-Finale! Aber ja, man muss im entscheidenden Moment möglichst schnell sein und gleichzeitig die Angriffe der von rechts und links kommenden Gegner abwehren. Wir dürfen uns nicht vom Geschwindigkeitspotenzial unserer Boote mitreissen lassen. Wir sehen uns deshalb aber nicht als Konkurrenten des America’s Cups. Unser Grundgedanke besteht vielmehr darin, möglichst viele Leute für den Segelsport zu begeistern.“
Auch der Neuseeländer Russell Coutts (56), einer der Väter des SailGP und lebende America’s-Cup-Legende, möchte die Rennserie nutzen, um den Segelsport besonders in China und Japan weiterzuentwickeln.
Ein Schweizer Team?

Dazwischen kehrt Billy Besson an den Lac d’Annecy zurück, Marie Riou reist von den Gipfeln der Alpe d’Huez in die Bretagne und Julien Di Biase macht am heimischen Genfersee fest. Christy Cahill, die Kommunikationschefin des SailGP, fliegt nach San Francisco, ihr Assistent Sacha nach Deutschland und Russell Coutts in seine Heimat Neuseeland, wo er den letzten Feinschliff am nächsten F50 überwacht: „Er wird in nur einem Jahr gebaut. An wen wohl der nächste geht? Die Gespräche sind im Gang“, meint Coutts geheimnisvoll. Gerüchten zufolge sollen sich drei Länder, darunter auch die Schweiz, um das Boot streiten. 2020 wird mit einer sechsten Etappe in Südchina eine siebte Nation hinzukommen. „Wir können eine Flotte aus acht bis zehn Booten managen“, schätzt Julien Di Biase. „Mehr wäre aus Sicherheitsgründen kompliziert. Aber nichts ist unmöglich.“ Wer hätte gedacht, das eine solche internationale Organisation mit Stützpunkten in London und San Francisco, unzähligen Beteiligten an Bord und an Land und 20 Nationen, die mit ihren Boliden rund um den Globus reisen und uns in neue Sphären entführen, so gut funktioniert?“
Sydney: die Australier gewinnen Premiere
Vor 20’000 Zuschauern blieben die australischen Steuermänner in ihrem Heimrevier vor der Oper von Sydney Herr der Lage. „Trotz wenig Wind haben wir unsere Sache gut gemacht, das Publikum hat uns regelrecht zum Sieg getragen“, jubelten das „Känguru“ Tom Slingby und der „Japaner“ Nathan Outteridge. Sie räumten aber ein, dass ihre Teams über die meiste Praxis verfügen. „Wenn auch die anderen so viele Stunden auf dem Wasser verbracht haben, müssen wir uns in Acht nehmen!“
Zwischenklassement
- 1. Australien, 48 Punkte
 - 2. Japan, 45 Punkte
 - 3. Grossbritannien, 36 Punkte
 - 4. China und Frankreich, 33 Punkte
 - 6. USA, 31 Punkte
 
Nächste Etappen
- San Francisco, 4.-5. Mai
 - New York, 21.-22. Juni
 - Cowes, 10.-11. August
 - Marseille, 20.-22. September