Switzerland SailGP Team hat den Australier Nathan Outteridge verpflichtet. Er soll die Schweizer Crew bis zum Ende der dritten Saison pushen.
Text: Grégoire Surdez
Am Grand Prix von Plymouth erhielt Sébastien Schneiter an Bord von Switzerland SailGP Unterstützung von Nathan Outteridge, der ihn am Steuer des F50 ablöste. Das Können des Schweizers wird dadurch keineswegs in Abrede gestellt, der australische Neuzugang ist in mancherlei Hinsicht eine Riesenchance für das Team. Umständehalber hat der ehemalige Steuermann des japanischen Boots in dieser dritten Saison des SailGP noch kein Rennen bestritten, da das Team von finanziellen Sorgen geplagt und von den Veranstaltern vorübergehend ausgebootet wurde. Auf den Bermudas und in Chicago hatte es zunächst so ausgesehen, als ob Team Japan verspätet doch noch einsteigen könnte, aber nach dem Grand Prix war sein Aus endgültig besiegelt.
Dass sich ein Segler vom Format des Australiers, immerhin zweifacher Weltmeister (2008 und 2009) und Olympiasieger (2012) im 49er, nicht mit der Rolle eines Luxusberaters für die Kommentatoren des SailGP zufriedengeben würde, war eigentlich klar. Switzerland SailGP reagierte prompt. «Als bekannt wurde, dass das japanische Team Nathan aus seinem Vertrag entlassen hat, haben wir ihn sofort kon- taktiert», so Tanguy Cariou, der Sportdirektor der Schweizer Formation. «Er kam wie gerufen, denn wir wollten eh nach drei Events eine Zwischenbilanz ziehen. In Plymouth war Nathan bereits als Beobachter dabei und schätzte das Team genau richtig ein. Er hilft uns dabei, uns schneller zu verbessern. Man könnte ihn als Prozessbeschleuniger bezeichnen.»
Schneller vorankommen
In Dänemark stand der neue Sailing Advisor und Co-Skipper von Switzerland SailGP erstmals am Steuer des F50. «Ich fühle mich überhaupt nichts aufs Abstellgleis gestellt. Ich sehe Nathans Verpflichtung als Riesenchance für das ganze Team», beteuert Sébastien Schneiter. «Im Profisport sind Intelligenz und Flexibilität gefragt. Wir befinden uns noch im Aufbau. Mit jemandem, der auf diesem Boot so viel Erfahrung mitbringt, gewinnen wir wertvolle Zeit, sodass wir schon nächste Saison vorne mitmischen können. Unser Ziel besteht darin, an den Grand Prix jeweils unter die ersten drei zu fahren. Wir wissen aber natürlich, dass die Konkurrenz immer stärker wird.»
Auf die Rangliste hat sich der Skipperwechsel bisher nicht ausgewirkt. In Kopenhagen belegte die Schweiz vor Spanien den 7. Platz, allerdings musste das letztplatzierte Grossbritannien nach einer Havarie im Training die Segel streichen.
«Rein auf die Klassierung bezogen hat sich gegenüber den ersten drei Grand Prix nichts geändert», räumt Tanguy Cariou ein, lässt sich dadurch aber nicht aus dem Konzept bringen.
«Das zeigt ganz einfach, dass wir im Team arbeiten. Nathan hat keinen Zauberstab, Er muss sich an seine neuen Teamkollegen gewöhnen. Das Gleiche gilt für uns. Wir müssen lernen, anders zu funktionieren und zu kommunizieren.»
Auf dem F50 befindet sich Sébastien Schneiter in idealer Position, um von Nathan Outteridge zu lernen. Was ihm dabei am meisten aufgefallen ist: «Er bleibt in jeder Situation gelassen. Er ist positiv eingestellt und weiss sehr genau, was er will und was er braucht. Im Rennen selbst ist er aggressiver und intensiver bei der Sache. Für mich ist es eine grosse Chance, ihm über die Schulter schauen zu können.»
Die Saison ist noch lang
In Dänemark mussten am ersten Tag wetterbedingt alle drei Regatten gestrichen werden. Dem Schweizer Team kam der verkürzte Grand Prix nicht wirklich gelegen. Für ein Team, das sich in der Aufbauphase befindet, ist jede Regattaminute Gold wert, denn «live» lernt man am meisten und kann wertvolle Informationen sammeln. Es sei schon etwas frustrierend, meinte Tanguy Cariou, aber «es geht ja Schlag auf Schlag weiter.» Am 10. bis 11. September folgt der Grand Prix in Saint-Tropez, am 24. bis 25. September der in Cádiz. Sie seien wichtig, damit sich die Dinge einspielen und jedes Crewmitglied in der neuen Konfiguration seinen Platz findet, fügte der Sportdirektor hinzu.
Mit dem Skipperwechsel hat sich die Rollenverteilung ziemlich stark verändert. Seb Schneiter ist neu als Taktiker an Bord. Die Seglerin, die diese Rolle bisher innehatte, wurde als Grinderin an die Fock beordert.
«Die Frauen erhalten so deutlich mehr Verantwortung», erklärt Tanguy Cariou. «Unsere Seglerinnen sind extrem begabt und körperlich sehr stark. Laurane Mettraux hat ihre neue Rolle in Kopenhagen perfekt gespielt.» Sie kurbelt bei den Manövern die Winsch und hilft so beim Trimm des Flügels mit. Mit ihren Füssen bedient sie Knöpfe für den Vorsegeltrimm. Bis am Grand Prix in Cádiz dürfte sich an dieser Konfiguration nichts ändern. Eventuell wird es bei den Frauen eine Rotation geben. Der SailGP schreibt mindestens eine Seglerin an Bord vor, mit Maud Jayet, Elodie Mettraux und Maja Siegenthaler verfügt die Schweiz über ein grosses Talentbecken.
Dies war mit ein Grund, warum es sich Switzerland SailGP leisten konnte, Nathan Outteridge ins Team zu holen. Mit dem Australier packen die Schweizer den Tiger in den Tank. Er soll das Team pushen und «mit einer guten Chancenauswertung für Podestplätze sorgen», so Tanguy Cariou.
«Schnell genug ist das Boot und auch die Manöver klappen. Vielleicht sind wir noch etwas zu schulisch unterwegs. Aber mit Nathan werden wir garantiert lernen, aggressiver und befreiter zu segeln.» Das Ziel ist klar: «Wir hoffen auf bessere Ergebnisse in der zweiten Saisonhälfte.» Damit das kein frommer Wunsch bleibt, muss Switzerland SailGP Nägel mit Köpfen machen.