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Schweizer Favorit an der Weltumsegelung der Minis

von Vincent Gillioz

Mini Globe Race

Renaud Stitelmann ist Ende Februar zum Mini Globe Race gestartet. Bei diesem Rennen geht es auf 5.80 Meter kleinen Sperrholzbooten Marke Eigenbau einmal rund um den Globus. Nach seinem Sieg an der Zubringerregatta nach Antigua zählt der 61-jährige Schweizer zu den Favoriten.

Während die einen an der Vendée Globe auf One-Design-Booten den Globus in weniger als 70 Tagen umrundet haben, starten die anderen auf schwimmenden Seifenkisten zu ihrer Weltumseglung. Auf dem Papier sollten sie dafür plus minus 260 Tage benötigen. Das Mini Globe Race verläuft abgesehen vom Kap der Guten Hoffnung entlang der tropischen Zone. Seine Besonderheit aber liegt vor allem darin, dass auf Booten gesegelt wird, die kaum grösser sind als ein Korsar und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von bescheidenen fünf Knoten erreichen. Unter den Teilnehmern, die Ende Februar in Antigua in See gestochen sind, befand sich auch Renaud Stitelmann. «Ich erfülle mir einen Traum», verriet uns der Schweizer Skipper zwei Wochen vor dem Start am Telefon. «Das Format und das Boot passen zu mir, bei beiden steht der Mensch im Mittelpunkt. Ich mache alles selbst, lebe allein an Bord, bin autonom und schätze das Minimalistische am Boot.»

RENAUD STITELMANN GIBT DAS STARTSIGNAL. ©Rob Havill/MGR2025

Die Ruhe selbst

Renaud Stitelmann ist ein erfahrener Segler und erfolgreicher Regatteur. Zweimal schon hat er die Bol d’Or gewonnen, dreimal die 5 Jours du Léman und einmal die Translémanique du solitaire, die er zuletzt auf dem 2. Platz beendete. Der 61-Jährige ist dafür bekannt, dass ihn nichts aus der Ruhe bringt. Seine Teilnahme an der Regatta überrascht seine Weggefährten daher nicht. «Die Regatta ist für ihn gemacht», sagt Darius Golchan, der mit Stitelmann zweimal die 5 Jours und drei Meisterschaften auf dem M2 bestritten hat. «Er spürt die Elemente und versteht die Wetterphänomene wie kein anderer.» Valentin Gautier, Class40-Segler und ehemaliger Administrator des Genfer Centre d’Entraînement à la Régate (CER), schätzt ihn ähnlich ein: «Renaud strahlt eine unerschütterliche Ruhe aus. Er regt sich nie auf, auch nicht in kritischen Situationen. Von ihm habe ich gelernt, dass man segeln kann, ohne zu schreien.» Ausserdem sei Renaud für sein Leben gern auf dem Wasser. «Das ist bei einem solchen Rennen, bei dem die Zeit sehr lang sein kann, eine wichtige Voraussetzung» so Gautier. Eine weitere Stärke seien die stimmigen Wetteranalysen. Nach seinem Sieg an der Zubringerregatta von Lanzarote nach Antigua Anfang Jahr packt Renaud Stitelmann alias Isidore die Weltum – seglung mit der für ihn typischen Nonchalance und Zurückhaltung an: «Ich habe meinen Weg allein gefunden und mich dabei ganz auf meine Erfahrung verlassen. Im ersten Teil der Qualifikation zwischen Lagos und Lanzarote ist mir ein schöner Wettercoup gelungen. Bei der Atlantiküberquerung habe ich versucht, eine gute Durchschnittsgeschwindigkeit zu halten, und mich auf die VMG konzentriert. Das hat sich ausgezahlt.» Als der Romand in Antigua an Land ging, meinte er trotz seines Siegs bescheiden: «Ich hatte einfach nur Spass!»

CAPUCINETTE, DAS BOOT VON RENAUD STITELMANN, ZÄHLT
ZU DEN FAVORITEN DIESER «MINIMALISTISCHEN» REGATTA. ©Rob Havill/MGR2025

Auf die alte Art und Weise, aber nicht nur!

Frappantestes Merkmal der Class Globe 5.80 ist die minimalistische Ausstattung. Die Sicherheit wird deswegen aber nicht vernachlässigt. So können die Teilnehmer über eine Satellitenverbindung Wetterdaten abrufen und mit dem Festland kommunizieren. Ausgefeilte Routing-Software ist hingegen verboten, mit Ausnahme von Windy. Erlaubt sind Autopiloten mit Basisfunktionen, das heisst nur mit Kurskorrekturen und ohne Verbindung zu Instrumenten, ebenso wie Windsteuersysteme, die auf allen Segelbooten zu finden sind. «Autopiloten können in bestimmten Situationen aus der Patsche helfen», sagt Isidore, «aber sie haben keine Intelligenz und funktionieren nicht bei Wellengang. Deshalb werden sie auch nicht sehr oft eingesetzt.» Ebenfalls zur Standardausrüstung gehört ein GPS. Trotzdem müssen alle Teilnehmenden nachweisen, dass sie die astronomische Navigation beherrschen. Um Trinkwasser und Proviant für die rund 40-tägigen Etappen muss sich hingegen jeder selbst kümmern. Diesbezüglich macht Renaud Stitelmann keine Abstriche. «Ich will mich nicht mit gefriergetrockneten Lebensmitteln begnügen und nehme daher frische Produkte mit und esse einmal am Tag warm. Und ich backe auf dem Meer Brot und Kuchen. Schliesslich will ich mich an Bord wohlfühlen.»

©Rob Havill/MGR2025

Aufsteigende Klasse

Die Class Globe 5.80 richtet sich an Puristen von sehr unterschiedlichem Schlag. Nicht alle sind erfahrene Regattasegler. «Die Teilnehmer haben alle möglichen Hintergründe. Künstler sind ebenso dabei wie Ingenieure und ehemalige Piloten», zählt Don Mc Intyre auf. Der Australier hat vor dieser etwas anderen Weltumsegelung bereits das Golden Globe Race und das Ocean Globe Race ins Leben gerufen. Über Renaud Stitelmann sagt er: «Er hat nicht das typische Profil eines Globe-5.80-Eigners, denn das gibt es schlicht nicht. Dazu sind die Teilnehmer viel zuverschieden. Aber er ist sicher ein intelligenter Segler, der zuerst seinen Kopf benutzt, bevor er seine Muskeln einsetzt. Er hört auf sein Boot und weiss, wie er es voranbringt. Er gehört zweifellos zu den Favoriten.» Entworfen hat die Globe 5.80 der Pole Janusz Maderski. Das Epoxid-Sperrholzboot kann mit etwas handwerklichem Geschick relativ einfach selbst gebaut werden. Kostenpunkt: weniger als 40 000 Franken. Isidore liess den Rumpf in Polen bauen und rüstete das Boot dann bei sich zuhause in der Region Estavayer aus. 2022 erfolgten die ersten Testfahrten auf dem Neuenburgersee. Das Rennen findet zum ersten Mal statt, fünfzehn Teilnehmende haben sich angemeldet. Angesichts des Erfolgs der Klasse – mehr als 25 Einheiten wurden bereits gebaut und gut 50 sind in Planung – weiss Don Mc Intyre schon jetzt, dass er das Experiment im Jahr 2029 wiederholen wird. Dann allerdings mit zwanzig Startenden. Das sei das Maximum, sagt der Australier. Jetzt geht es erst einmal darum, die lange Strecke hinter sich zu bringen. Renaud Stitelmann hat gute Chancen, am Ende als Sieger dazustehen.

DIE GLOBE 5.80 SIND ZWAR KLEIN UND TRADITIONELL DESIGNT, KÄMPFEN ABER TROTZDEM MIT HARTEN BANDAGEN. ©Rob Havill/MGR2025

Programm des Mini Globe Race
1. Etappe: Antigua (23.2.2025) nach Panama (1300 sm). Lkw-Transport durch Panama

2. Etappe: Panama (24.3.2025) nach Fidschi mit Pitstopps in Tahiti und Tonga (6500 sm)

3. Etappe: Fidschi (25.7.2025) nach Kapstadt mit Pitstopps in Darwin, auf Mauritius und in Durban (9700 sm)

4. Etappe: Kapstadt (28.12.2025) nach Antigua mit Pitstopps in St. Helena und Recife (6100 sm)
Geplante Ankunft in Antigua im März 2026

Verfolgen Sie das Mini Globe Race: minigloberace.com

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