Die Schweizermeisterschaft der legendären Meterklasse konnte sich in Genf über eine hochkarätige Beteiligung freuen.
Fotos : Loris von Siebenthal
Boote, die im Wind krängen, haben ihr letztes Wort noch nicht gesprochen. Bestes Beispiel: die Sechser. Sie sind auf unseren Seen noch immer sehr aktiv und zahlreich, Tendenz steigend. Kein Wunder also, dass die von der Société Nautique de Genève (SNG) und der schweizerischen Klassenvereinigung der Sechs-Meter-Jachten gemeinsam organisierte Schweizermeisterschaftein voller Erfolg war. 23 Boote mit ebenso vielen Teams hatten sich Mitte August in Genf eingefunden. Sie kämpften an den drei Regattatagen auf sehr hohem Niveau bis zum Schluss um die beiden Titel und boten dabei ein atemberaubendes Bild, fast so schön wie ein Gemälde von Ferdinand Hodler. Die historischen Einrumpfboote fügen sich wie selbstverständlich in die Landschaft des Genfersees ein. Über das Wasser gebeugt wie eine Fee über eine Wiege, versetzen uns die 6mR-Jachten in eine Zeit zurück, in der Eleganz noch kein Schimpfwort war.
«Wir segeln auf dem Sechser, weil er alles in sich vereint, was Segeln ausmacht», brachte es Loïc Forestier auf den Punkt, nachdem er mit der Junior als Sieger in der Kategorie der modernen Boote ins Ziel gekommen war. «Regattasegler müssen auf verschiedenen Bootstypen segeln, wenn sie dazulernen wollen. Zwei Tage vor dieser Meisterschaft habe ich mit Zen Too auf dem TF35 trainiert. Der Kontrast zwischen den beiden Booten ist krass. Es sind zwei völlig verschiedene Welten. Hier ist man wieder bei den Grundlagen des Segelns. Man ist ständig am Trimmen, um Zehntelknoten zu gewinnen, und die Starts sind eng. Sechser bieten Regattasport auf sehr hohem Niveau.»
Gelebte Leidenschaft
Die 6mR-Klasse ist seit einigen Jahren sehr dynamisch und vor allem in der Romandie gut vertreten. Am Genfersee liegen einige besonders schöne Exemplare, bei der SNG sind gleich mehrere Prachtstücke vertäut. Loïc Forestier windet den Eignern ein Kränzchen: «Die Klasse ist vor allem deshalb so erfolgreich, weil sich die Besitzer mit Herzblut für den Erhalt der Sechser einsetzen. Es wäre wirklich schade, wenn man mit diesen Booten nicht regattieren würde. Sie wollen bewegt werden. Ausserdem lernt man im Wohnzimmer garantiert nichts dazu. Segeln auf der Junior ist nicht nur sportlich, sondern auch zwischenmenschlich ein super Projekt. Wir sind ein guter Mix aus älteren und jüngeren Seglern.»
Der Charme der Sechser und der Spass am Segeln überzeugen sogar die Jüngsten. Die Jacht ist zwar langsamer als die modernen Racer, aber deswegen nicht weniger spannend und lehrreich. Auch an dieser Schweizermeisterschaft waren auf mehreren Booten Nachwuchsseglerinnen und -segler am Start. Zum Beispiel Noémie Fehlmann und Axel Grandjean, die sonst auf dem Nacra17 engagiert sind. Erstere segelte in Genf in einer reinen Frauencrew auf der modernen T2, während ihr Mixed-Partner die Fife-Jacht Saskia II aus dem Jahr 1934 steuerte. «Ich trainiere die beiden auf dem Nacra, musste sie aber nicht drängen, an der Schweizermeisterschaft der Sechser teilzunehmen», verriet Loïc Forestier. «Sie wissen, wie wichtig es ist, auf möglichst vielen verschiedenen Booten Erfahrungen zu sammeln.»
«Echtes» Segeln
Mathieu Fischer, Organisator und selbst Teilnehmer der SM, fiel auf, wie viel Spass die Jungen hatten: «Man sah ihnen an, dass sie sich auf den traditionellen Booten amüsierten.» Der Genfer ist Vizepräsident des Cercle de la Voile, Verantwortlicher für die 6mR und die J70 bei der SNG und selbst leidenschaftlicher Segler. Er macht keinen Hehl aus seiner Vorliebe für die 6mR, die so gut gegen den Wind ankreuzen wie keine andere Jacht. «Ich will kein Miesepeter sein, aber eine Regatta auf Sechsern hat Stil. Man fährt nicht auf Schienen wie in einem ferngesteuerten Auto. Alle fünf Leute an Bord segeln wirklich. Beim America’s Cup sind vier Segler und vier Radfahrer auf dem Boot. Pro Bord segeln also nur je zwei Leute!»
Eine weitere Grundsatzfrage ist das Regattafeeling. Macht Segeln bei 6 Knoten genauso viel Spass wie bei 45 Knoten? «Man ist nicht besonders schnell unterwegs», räumt Mathieu Fischer ein, «dafür ist man immer in Kontakt mit den Gegnern, das macht die Regatten spannend. Tempo ist relativ. Es hängt von der Geschwindigkeit der anderen Boote ab.» Den anhaltenden Erfolg der Sechser sieht er in all diesen seglerischen Aspekten begründet, «ganz abgesehen davon, dass sie eine äusserst elegante Erscheinung sind.»
Elegant und dabei sehr niederschwellig. Man braucht keinen Helm, keine gepolsterte Weste und keine militärisch anmutende Schutzkleidung. Daran hat sich seit den Anfängen der Klasse nichts geändert. Daher können Koryphäen wie Philippe Durr über die Jahre hinweg Titel sammeln wie andere einst Brot vermehrten. Auch dieses Jahr sicherte sich der König der 6mR den Sieg. Allerdings musste er mit der klassischen Astrée bis zum Schluss hart um die Goldmedaille kämpfen. Mit 10 Punkten verwies der mehrfache Welt- und Europameister die FUN des CV Vevey-La-Tour um Louis Heckly mit einem hauchdünnen Vorsprung von einem Punkt auf den zweiten Platz. Mit der Saskia II von Antonin Boscherens aus Villeneuve komplettierte ein weiteres Waadtländer Boot das Podest.
Bei den modernen Booten lieferte die Junior eine Galavorstellung ab, musste sich aber ebenfalls bis zum letzten Schlag im letzten Wettkampf gegen seinen direkten Verfolger zur Wehr setzen. Mit vier Laufsiegen lag sie punktgleich (11) mit der Duclop von Jean-Marc Monnard an der Spitze. Monnard hatte fünf zweite Plätze auf dem Konto und musste den Titel daher Loïc Forestier überlassen. Die SNG brachte gleich noch ein zweites Team aufs Podest. Michel Vaucher, der unter Genfer Flagge segelte, belegte mit einem gemischten Team aus Seglern von Rolle, Lutry und der SNG Rang 3.
Auf dem Ehrensteg der SNG herrschte grosse Zufriedenheit. «Die Teilnehmer haben den Empfang geschätzt, der ihnen wie immer in Genf bereitet wurde», betonte Mathieu Fischer. Nach dieser erfolgreichen SM sei man bereit für die Austragung der Europameisterscha¡ 2026.