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Schweizermeisterschaft und Jubiläumsfeier der Starboote – Charakterstarker Auftritt

von Quentin Mayerat

© Juerg Kaufmann

© Juerg Kaufmann

An der ersten Starboot-Schweizermeisterschaft 1947 starteten auf dem Zürichsee 22 Schiffe. 82 waren es in diesem Jahr auf dem Thunersee – und das 100 Jahre nach der Präsentation des ersten Starboots in den USA! Auch international bringt das Kielboot, in dessen Fahrwasser sich das Regattasegeln auf kleinen Einheitsbooten erst so richtig entwickeln konnte, noch immer mit die grössten Felder an die Startlinien. Das ist aussergewöhnlich und es unterstreicht den speziellen Charakter des Bootes und seiner Segler.

Starsegler sprechen viel von Klassengeist, von guter Stimmung, angenehmer Atmosphäre und von Internationalität. Das OK der diesjährigen, vom Thunersee-Yachtclub ausgerichteten Schweizermeisterschaft hat eindrücklich bewiesen, dass dies nicht nur leere Worthülsen sind, sondern dass man auch bereit ist, etwas für das angestrebte Ambiente zu tun. Schon früh hat es begonnen für die Veranstaltung, die gleichzeitig auch Jubiläumsfeier sein sollte, zu werben. Man wollte ein rekordverdächtiges Feld an die Startlinie bringen und gleichzeitig einen Event schaffen, bei dem alle Beteiligten auf ihre Kosten kommen. Beides ist tatsächlich gelungen. 164 Segler aus sieben Nationen waren Ende Juli in Thun am Start, darunter der Berner Olympiahoffnungsträger Flavio Marazzi, der mit seiner Frau Anouk antrat, zwei ehemalige Weltmeister, mehrere ehemalige Europameister und einige ambitionierte Kadersegler aus dem benachbarten Ausland. Sie alle kamen in den Genuss eines hervorragend organisierten Events, bei dem von der Eröffnungsfeier auf Schloss Thun bis hin zur Siegesfeier alles passte, was ein Veranstalter zu beeinflussen vermag. Ausserdem waren die Organisatoren bemüht, den Fokus des sportlichen Geschehens nicht nur auf die Titelanwärter zu richten, sondern auch den Rest des Feldes zu würdigen. So wurde jeden Tag ein Spezialpreis vergeben, etwa an den ältesten Teilnehmer, der es sich von seinem Hausarzt nicht hatte verbieten lassen, an der Jubiläums-SM anzutreten.

 

Marazzis nervenstark

Beflügelt von den positiven Rückmeldungen zeigte sich nach der Veranstaltung auch OK- Mitglied Daniel Christen zufrieden: „Wir wollten eine Sportveranstaltung mit möglichst vielen Teilnehmern auf die Beine stellen, in deren Rahmen sich das Jubiläum des Starboots würdig feiern lässt. Das haben wir geschafft. Zu den Feierlichkeiten sind sogar viele ehemalige Starsegler angereist, teils sogar aus dem Ausland. Einzig Wind und Wetter hätten etwas besser mitspielen können.“

© Juerg Kaufmann

Tatsächlich verlangten die Bedingungen den Seglern so einiges ab. Der Wind wehte meist nur schwach, inkonstant und drehend. Ausserdem war es kalt und die vielen Regenschauer während der stundenlangen Warterei auf dem Wasser waren auch nicht gerade erbaulich. Am Donnerstag kamen immerhin zwei Läufe zustande, am Freitag ein Starkwindlauf und am Samstag erfolgte um 17 Uhr doch noch der Start zur einzigen gültigen Wettfahrt des Tages.

Die Favoriten liessen sich dadurch aber nicht weiter beeindrucken und waren vor der letzten Wettfahrt am Sonntag erwartungsgemäss im vordersten Teil der Rangliste positioniert. Relativ komfortabel in Führung lagen dabei die Romands JeanPascal Chatagny und Patrick Ducommun vom Neuenburgersee. Das für den Gastclub startende Ehepaar Marazzi hingegen lag mit Rang vier noch knapp ausserhalb der Medaillenränge. Praktisch mit dem Startschuss und kurz vor der letzten Startmöglichkeit um 16 Uhr machte jedoch ein massiver Winddreher die Titelträume von Chatagny/Ducommun zunichte. Das Duo fuhr ein klares Streichresultat ein, während die Marazzis Charakter bewiesen, zu einer kontinuierlichen Aufholjagd ansetzten, den Lauf tatsächlich noch gewannen und sich damit in extremis doch noch den Titel sicherten. Den Romands reichte es immerhin noch knapp für Rang zwei, punktgleich mit den Berlinern Winkler/Thielmann auf Rang drei.

© Juerg Kaufmann

Gediegene Jubiläumsfeier

Die in die SM integrierte Jubiläumsfeier fand am Freitagabend bei einem Essen in festlichem Rahmen statt. Swiss-Sailing-Präsident Roger Staub würdigte den Anlass in seiner Rede denn auch als „das Jubiläum des Jahres“ und attestierte der Starklasse eine nach wie vor stark ausgeprägte Lebendigkeit, viel Engagement und die Fähigkeit im positiven Sinne Kritik zu üben. Staub sprach aber auch den bevorstehenden Verlust des Olympiastatus an und mahnte die Anwesenden: „Der Klasse steht eine schwierige Zeit bevor. Es hängt von Ihnen ab, wie das Starboot die nächsten zehn Jahre übersteht und ob es in zehn mal zehn Jahren nochmals eine solche Feier geben wird.“

Dr. Peter U. Wyss, Europameister im Starboot von 1975 und Mitglied des Zürcher YC, stellte danach in seiner „Laudatio auf das Starboot“ die von Staub angesprochene Kritikfreudigkeit gleich unter Beweis. Der Frage nachgehend, weshalb der Star die letzten 100 Jahre so erfolgreich hinter sich gebracht hat, stellte er fest: „Der Star wurde gebaut, um einer unübersichtlichen Bootsvielfalt entgegenzutreten. Doch er ist weder für Anfänger, noch für Angeber gemacht. Er hat Charakter, Ecken und Kanten und ist unverwechselbar. Heute kommt alle paar Monate ein neuer Bootstyp heraus. Diese Boote sind einfach zu segeln, aber nur Kenner können sie voneinander unterscheiden. Es ist wieder wie vor 100 Jahren: Jeder Club oder See hat seine eigene Klasse. Mein Club, der ZYC, hat sogar drei solche Klassen im Bojenfeld – der totale Unsinn! Es ist unverständlich, dass Swiss Sailing eine dieser austauschbaren Klassen finanziell auch noch massiv unterstützt.“ Nach diesem kurzen Seitenhieb in Richtung Verband und Heimclub kam Wyss zum Ende seiner Laudatio auf das bevorstehende Olympiaaus der Starklasse zu sprechen und gab sich dabei kämpferisch optimistisch: „Man will am Fernsehen offenbar nur junge, telegene Athleten zeigen. Für ältere Laser- und Finnsegler, die auf den Star wechseln, um weiter auf höchstem olympischen Niveau segeln zu können, bleibt da kein Platz. Doch der Star wird weiterleben, denn es wird immer Typen mit Ecken und Kanten geben, die nur auf ein Starboot, aber nicht unbedingt zu modernen Olympischen Spielen passen!“

Bleibt zu hoffen, dass Wyss mit seiner Prognose Recht behält, denn Boote und Segler mit Charakter sowie Veranstaltungen wie die diesjährige Jubiläumsschweizermeisterschaft können dem Schweizer Segelsport auch in Zukunft nur gut tun.

 

Resultate unter: www.sm2011.starfleet-tb.ch

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