Der Segler aus dem Waadtland erlebte an der Solitaire du Figaro eine Achterbahn der Gefühle
Text: Grégoire Surdez
Die Trinkflaschen haben ganz schön etwas abbekommen. Nils Palmieri hat seine ganze Wut an ihnen ausgelassen. An der Solitaire du Figaro 2023 erlebte der Schweizer Segler ein Wechselbad der Gefühle. Eine unbändige Freude, als er die erste Etappe als 2. beendete – «obwohl sie durch die Betrugsfälle etwas gedämpft wurde» – und als er in der zweiten Etappe an der Spitze mitsegelte. Tiefste Verzweiflung, als ihm das Schicksal einen Strich durch die Rechnung machte und ein unerwarteter Wetterumschwung ihn ausbremste. «Als ich in der Hälfte der zweiten Etappe sah, dass ich praktisch gleichauf mit den beiden Favoriten und dem Sieger der ersten Etappe Tom Dolan lag, wusste ich: Das sieht gut, sogar sehr gut aus.»
Doch es kam anders. Der Soloklassiker ist für seine Dramatik bekannt, was Nils Palmieri auf brutale Art zu spüren bekam. Eine von den Nachzüglern getroffene riskante Entscheidung, eine Routenvariante, die sich für TeamWork im letzten Moment schloss, ein Strömungswechsel und schon war es für Nils Palmieri vorbei. Wie eine Kuh, die einem vorbeifahrenden Zug nachblickt, musste er ohnmächtig zusehen, wie die anderen davonzogen. «Das war einfach nur furchtbar. Ich bin völlig ausgeflippt. Alles, was aus dem Boot fliegen konnte, ist geflogen. Die Trinkflaschen haben besonders viel abbekommen. Das Adrenalin gepaart mit Müdigkeit macht dich verrückt. Im Ziel bin ich zusammengebrochen, ich war nervlich am Ende und heulte mich in den Armen meines Trainers aus.»
Zerreissprobe
Nach dieser Misere waren die Träume von einem Podestplatz geplatzt. Aber es sollte noch schlimmer kommen. «Wir wurden nicht nur überholt, sondern mussten sogar eine Nacht auf dem Meer verbringen. Im Wissen, dass die anderen bereits im warmen Bett lagen, fühlten sich die Sekunden an wie Stunden.» Am schlimmsten aber war die Gewissheit, dass er in der Rangliste weit abrutschen würde.
Die missliche Lage drückte auf sein Gemüt. Für Nils Pamieri war die Regatta endgültig gelaufen: «An der dritten Etappe war ich nicht mehr bei der Sache und traf lauter falsche Entscheidungen. In der Schlusswertung wurde ich logischerweise abgestraft (Anm. d. Red.: 23., nach einem 18. Platz im Jahr 2020, einem 20. im Jahr 2021 und einem 6. im Jahr 2022). Das Ergebnis widerspiegelt weder mein Rennen noch mein Niveau im Figaro. Nach vier schönen Ausgaben verabschiede ich mich von der Regatta, aber nicht von der Klasse. Ich habe viel gelernt und bin zu einem viel besseren Segler geworden.» Wie seine Zukunft aussehe, wisse er noch nicht, so Palmieri, es gebe mehrere Möglichkeiten. «Zunächst werde ich sicher mit Oliver Heer auf einer IMOCA segeln. Nach der Jacques Vabre werde ich wissen, ob ich in dieser Klasse gut genug bin und dort vielleicht sogar mein Glück versuchen.»