2023 wurde die Segeltour wieder in ihrem ursprünglichen Format ausgetragen, sehr zur Freude der jungen Seglerinnen und Segler vom Genfersee, die vor allem eins wollen: raus aufs offene Meer. Sie waren mit zwei Teams vertreten und konnten ihre Hochseeträume ausleben, das CER sogar mit Erfolg.
Text: Grégoire Surdez
Die frühere Tour de France à la Voile und heutige Tour Voile fand zu ihren Wurzeln zurück. Nach mehreren Saisons der Irrungen und Wirrungen ist sie wieder auf dem richtigen Weg. Den haben seit fast vierzig Jahren schon Dutzende Seglerinnen und Segler mit Offshore-Ambitionen eingeschlagen. 2023 feierten die One-Design-Jachten, die eigentlich seit der Gründung des Wettkampfs fest zum Konzept gehörten, dann aber aufgegeben wurden, ihr grosses Comeback. Dank dem Einsatz des französischen Segelverbands und der Figaro-Klasse konnte mit der Figaro 3 ein hochwertiges und vergleichsweise günstiges Boot gefunden werden. Obwohl sie nicht über alle Zweifel erhaben ist, hat sie den Vorteil, dass es sie in grosser Anzahl gibt. So konnten relativ einfach fünfzehn Boote aufgetrieben und in Windeseile eine Tour 2023 auf die Beine gestellt werden, die den Erwartungen gerecht wurde.
Zwei Schweizer Teams
Als die Organisatoren der Tour Voile die Neuigkeit verkündeten, stiessen Surdez sie am Genfersee auf grosses Echo. Valentin Gautier und Morgan Lauber, die beiden Administratoren des CER, ergriffen die Gelegenheit, um dem Genfer Regattatrainingscenter neuen Schwung zu verleihen. Gleichzeitig stürzte sich das Team Race For Science Verder mit Edouard Golbery und den jungen Joshua Schopfer, Nina Verder, Alice de Pfyffer, Lallie-Rose Huygues Despointes und Pier Paolo Dean unter der Flagge der SNG ins Abenteuer. Laut Valentin Gautier gehört die Tour zur DNA des CER. «Ich selbst habe dort das OffshoreRegattieren gelernt, bevor ich meine Profikarriere begonnen habe und auf Mini- und danach auf Class40-Booten gesegelt bin. Die Tour ist einzigartig. Man konnte sich dort früher mit allen Aspekten des Hochseesegelns, einschliesslich der damit verbundenen Küstenstrecken und Verbindungsetappen, vertraut machen. All das war leider verschwunden.»
Im letzten Jahrhundert hatte das CER mit Christian Wahl und Dominique Wavre zwei prominente Steuermänner in seinen Rängen. Mit ihrer Unterstützung wurden Saison für Saison Nachwuchs gefördert, Talente entdeckt und der Grundstein für erfolgreiche Seglerkarrieren gelegt. Drei Wochen Arbeit, kurze Nächte, sehr lange Tage, Überführungsetappen, das Zusammenleben auf engstem Raum, Spannungen, Lachen und manchmal auch Weinen prägten die Ausbildung beim CER, das sich nicht nur als Regattaschule versteht, sondern breiter aufgestellt ist. «An einer Tour de France erlebt man ein Wechselbad der Gefühle, die Stimmung ist emotional aufgeladen und das Menschliche zentral», sagt Valentin Gautier. «Dieses Jahr ist auch in dieser Hinsicht alles gut gelaufen. Wir konnten insgesamt zwölf verschiedene Personen an Bord nehmen. Manche hatten ein Aha-Erlebnis.»
Die Tour passt sich dem Zeitgeist an und fördert die Teilnahme der jungen Generation, vor allem von Frauen. An jeder Etappe muss das vierköpfige Team aus mindestens einer Frau und zwei Personen unter 26 Jahren bestehen. Der vierte Platz wird in der Regel vom «Kapitän» eingenommen. Auf der Ville de Genève hatte meistens Valentin Gautier diese Rolle inne. Sie bot ihm Gelegenheit, das Wissen weiterzugeben, das er in seiner bemerkenswerten Offshore-Karriere von 2017 bis 2022 gesammelt hat.
Testlauf
Diese Erfahrung und Exzellenz braucht es an Bord, um mit den zuweilen sehr rauen Bedingungen zurechtzukommen: mit den ersten Nächten auf See, manchmal auch der ersten Übelkeit, mit den ersten Ängsten und den ersten Glücksmomenten. «Wir haben das gleiche Gefühlsbad erlebt wie ich im Jahr 2013, als ich als Crewmitglied dabei war», sagt Valentin Gautier sichtlich gerührt. «Es ist ein anspruchsvolles Rennen und ich bin sehr stolz auf das, was jede und jeder Einzelne geleistet hat. Der Beginn der Tour war etwas kompliziert, da wir uns spät zur Teilnahme entschieden hatten und daher mit einer minimalen Vorbereitung gestartet sind. Es war eine Art Version 0.0 der Tour Voile, wie damals, aber mit etwas weniger Mitteln.» Ein Lob ging auch an die Organisatoren: «Sie haben es geschafft, ein stimmiges Programm anzubieten, das von den meisten Teams geschätzt wurde. Die diesjährige Tour lässt das Interesse bestimmt wieder aufflammen, sodass beim nächsten Mal wieder mehr Teams teilnehmen werden. Ich kenne viele Leute, die dieses Jahr noch gezögert haben und erst einmal abwarten wollten.»
Das CER hat nicht gezögert und es nicht bereut. Es will auch in Zukunft mitmischen, denn seine Geschichte ist eng mit derjenigen der Tour de France verbunden. «Unser Verein will ambitionierten Seglerinnen und Seglern nicht nur das Foilen beibringen, sondern auch den Einstieg ins Hochseesegeln ermöglichen», erklärt der CER-Administrator. «Mit diesem Projekt der Tour Voile und dem Projekt des 69F können wir den Nachwuchs in zwei Disziplinen fördern.»
Wissenstransfer
Valentin Gautier hatte schon seit geraumer Zeit mit dem Gedanken gespielt, mit jungen Seglerinnen und Seglern wieder in See zu stechen. «Für mich ist das eine Herzensangelegenheit, die mich seit meiner Zeit in der Class40 nicht mehr losgelassen hat», erzählt der frühere Skipper der Banque du Léman. «Simon Koster und ich haben an einem Projekt für eine Offshore-Akademie François Van Malleghem François Van Malleghem gearbeitet, die dann aber leider nicht zustande kam. Mit der Rückkehr zu einer traditionellen Tour erreichen wir das mit der Akademie angestrebte Ziel jetzt auf eine andere Art: Wir helfen dem Nachwuchs beim Einstieg ins Offshore-Segeln. Die Rückbesinnung auf die Wurzeln kommt für uns genau zur richtigen Zeit.»
Zwei Jahre Corona und die vielen Jahre, in denen die Regatten vor den Stränden ausgetragen wurden, hatten der Tour arg zugesetzt. Die Wiedergeburt ist ein Segen für eine ganze Generation von Schweizer Seglerinnen und Seglern, die jetzt davon träumen, in die Fussstapfen von Justine Mettraux, Simon Koster, Alan Roura und Valentin Gautier zu treten. «Talent ist da», bekräftigt er, «und auch an Willen mangelt es nicht. Wir haben uns an der Tour von Etappe zu Etappe gesteigert. Unser 6. Platz liegt weit über unseren Erwartungen. Highlight der drei intensiven Wochen war natürlich unser Sieg auf der letzten Verbindungsstrecke, eine Art Königsetappe der Tour. Das CER hat in seinen über dreissig Teilnahmen noch nicht sehr viele Siege errungen. Umso glücklicher waren wir natürlich. Das hat man auch gesehen. Beim Überqueren der Ziellinie sind wir explodiert vor Freude!»
Das CER hat mit seiner Teilnahme an der Tour alles richtig gemacht und die Weichen für die Zukunft gestellt. In den drei Wochen hat sich ein harter Kern herausgebildet. «Wir haben den Grundstein für ein schönes Kapitel in unserer Vereinsgeschichte gelegt», meint Valentin Gautier. Race for Science Verder, das andere Schweizer Team, klassierte sich auf dem 10. Rang und ist um viele Erlebnisse und Erfahrungen reicher.