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Transat Jacques Vabre – Von Siegern und Besiegten

von Gregoire Surdez

Justine Mettraux stellte sich auf TeamWork beherzt dem Sturm und wurde dafür mit einem 6. Platz belohnt. Alan Roura und Simon Koster blieben auf ihrer Hublot hinter den Erwartungen zurück und Ollie Heer und Nils Palmieri mussten schon sehr früh die Segel streichen.

Text: Grégoire Surdez

Was für ein Rennen! Das 30-Jahr-Jubiläum des Zweimann-Klassikers war an Spannung und Dramatik kaum zu überbieten. So furios wie es am 29. Oktober begonnen hatte – mit einem Sturmtief, das die Organisatoren dazu brachte, die IMOCAs vorsichtshalber im Hafen zu behalten –, so fulminant ging es weiter. Die Ultim flogen nach dem Start in Le Havre mit über 30 Knoten Richtung Martinique. Auch die Class40 preschten in einer wilden Fahrt davon, bevor sie Lorient anliefen und dort die heftigsten Sturmböen vorbeiziehen liessen. Die IMOCA- Teams hingegen mussten sich gedulden. Sie erfuhren erst eine Stunde vor dem Start, dass sie an diesem Tag nicht loslegen würden. Die fünf Schweizerinnen und Schweizer unter den Pechvögeln waren nicht sonderlich glücklich über die Entscheidung, vor allem nicht über die lange Warterei, die darauf folgte. 

Justine Mettraux (TeamWork), Alan Roura und Simon Koster (Hublot) sowie Ollie Heer und Nils Palmieri (Oliver Heer Racing) nutzten die zehn zusätzlichen Tage, um an ihrer Strategie zu feilen. Als sie am 7. November endlich in See stachen, hatten sie sich wohl alle ihre eigene Taktik zurechtgelegt. Tatsächlich lautete an dieser Jacques Vabre die alles entscheidende Frage: Nord- oder Südroute? Die Antwort da- rauf gab es erst am Vortag der Zieleinfahrt am 19. November: Wer sich für die Sonnen- und Passatroute entschieden hatte, war schlussendlich trotz der längeren Strecke im Vorteil. 

Alles oder nichts 

Lange hatte es anders ausgesehen. Justine Mettraux und Julien Villion wählten trotz der stürmischen Bedingungen eine extrem nördliche Route und wurden zeitweise bereits als Sieger gehandelt. Draufgängerisch lösten sich die «Jujus» von der Flotte, schlugen ihren eigenen Kurs ein und lagen so fünf Tage in Führung. Nicht einmal die Orkanböen mit Spitzen von über 40 Knoten konnten sie von ihrem Plan abbringen. Ohne nach links und rechts zu schauen durchquerten sie tapfer die Sturmfront. «Man hört immer wieder, dass wir verwegen gehandelt und hoch gepokert hätten, aber der extreme Nordkurs war laut den Routings deutlich günstiger», erklärt Julien Villion, der als grosser Spezialist für die Analyse von Wetterdaten gilt. «Beim Segeln kann es von Vorteil sein, den längeren Kurs zugunsten von mehr Tempo zu wählen und sich nicht für die direkte Route zu entscheiden. Dass ausser Groupe Dubreuil (Anm. d. Red.: Sébastien Simon und Iker Martinez) und uns niemand diese für uns offensichtlich bessere Routenoption gewählt hat, hat uns doch sehr überrascht.» 

Das Publikum verfolgte das hochspannende Fernduell im Nordatlantik begeistert mit. «Als wir uns von der Flotte gelöst haben, hätten wir gemäss den Berechnungen beim Zusammentreffen der beiden Routen 24 Stunden Vorsprung haben sollen», sagte Justine Mettraux bei ihrer Ankunft in Fort- de-France. «Aber mit jedem Tag schmolz dieser theoretische Vorsprung dahin. Die Führenden der Südgruppe waren viel schneller unterwegs als erwartet. Sie hatten auch etwas mehr Wind. Ausserdem büssten wir durch kleinere technische Probleme etwas Tempo ein, sodass sie schliesslich an uns vorbeizogen.» 

Roura/Koster und Heer/Palmieri enttäuscht 

In der letzten Regattawoche segelten Thomas Ruyant und Morgan Lagravière einem souveränen Sieg entgegen. Dahinter war noch alles offen. Die Jujus verpassten das Podest nur knapp, haderten aber nicht mit der entgangenen Chance. «Wir bedauern nichts», beteuerten sie. Trotzdem: «Dass wir nach der tropischen Sturmfront einen zweistündigen Stopp einlegen mussten, um den kaputten Haken des Grosssegels zu reparieren, haben wir teuer bezahlt. Zwei Stunden, das sind 40 Seemeilen. Doch wenn das Wörtchen wenn nicht wär, würden wir alle Rennen gewinnen. Wir sind daher mit unserem knapp errungenen 6. Platz sehr zufrieden. Bevor wir uns vom Gros der Flotte getrennt haben, lagen wir 30 Seemeilen hinter der zu diesem Zeitpunkt führenden Charal (4. im Schlussklassement). Als sich unsere Routen wieder kreuzten, betrug der Abstand noch immer 30 Seemeilen. Wir waren den Führenden mit unserem langsameren Boot also keineswegs unterlegen. Wenn wir ihnen einfach nur gefolgt wären, wären wir wohl noch immer draussen auf dem Meer und nicht hier in Martinique.» 

Ein deutliches monotoneres Rennen lieferten Alan Roura und Simon Koster ab. Ihre Hub- lot fand eigentlich nie richtig ins Geschehen. Schon relativ bald nach dem Start verlor ihre auf Amwindkursen stark benachteiligte Jacht den Anschluss. «In der Übergangszone, bevor wir die Passatwinde erreichten, mussten wir noch mehr Federn lassen», sagt Alan Roura. «Der Wind kam bis zum Schluss immer von vorne». Als es aussah, als würden sie sich trotz allen Schwierigkeiten in den Top 15 klassieren, wurden sie noch von vier Booten aus der Nordgruppe überholt, die im Kielwasser von TeamWork gesegelt waren. «Ganz klar ungenügend», so ihr Fazit. Da sich Alan und Simon Koster so glänzend verstehen, wollen sie weiterhin gemeinsam segeln. 

Das andere 100% schweizerische Duo erlebte ein noch düstereres und grausameres Szena- rio. Geplagt von technischen Problemen und einem schweren Schaden am Rigg blieb Ollie Heer und Nils Palmieri nichts anderes übrig, als den spanischen Hafen San Xenxo nördlich von Vigo anzulaufen. Ein schwerer Schlag für den Zürcher Skipper, der einhand an der «Retour à la Base» teilnehmen wollte. An seinen Vendée- Globe-Plänen ändert das frühe Aus nichts. «Ich habe bereits viele Seemeilen auf dem Meer zu- rückgelegt und vor allem die Route du Rhum im Jahr 2023 beendet. Jetzt geht es darum, meine Suche nach einem Hauptsponsor erfolgreich abzuschliessen, damit ich in einem Jahr unter guten Bedingungen in Les Sables starten kann. Bisher ist zwar noch nichts unterschrieben, aber es ist auf sehr gutem Weg.»

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