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Vendée Globe – Sky is the limit

von Pierre-Antoine Preti

An ihrer zehnten Austragung machte die Vendée Globe ihrem Spitznamen «Everest der Meere» alle Ehre: Die Teilnehmenden stellten stratosphärische Rekorde auf.

YOANN RICHOMME (FRA) AUF PAPREC ARKEA (IM BILD) CHARLIE
DALIN UND SÉBASTIEN SIMON HIELTEN DAS PUBLIKUM MIT IHREN
DUELLEN IN ATEM

Die Stoppuhr zeigte eine Bombenzeit an: 64 Tage, 19 Stunden, 22 Minuten und 45 Sekunden! Charlie Dalin auf Macif Santé Prévoyance unterbot den bisherigen Rekord um unglaubliche neun Tage und legte damit den Grundstein für ein neues Zeitalter. Der Triumph des Franzosen markiert den Beginn einer technologischen Ära, in der Ingenieurwissen gefragt ist. Er sei sieben Stunden pro Tag am Kartentisch gesessen, verriet der Sieger. Und er hat dabei feinstes Wettergespür und herausragende analytische Fähigkeiten bewiesen. Besonders nützlich waren ihm diese Qualitäten beim Atlantikduell mit seinem Wegbegleiter und Konkurrenten Yoann Richomme. Er hatte sich an Dalins Fersen festgebissen. Sébastien Simon auf der beschädigten Groupe Dubreuil lauerte im Hinterhalt. Im Ziel war ihr Rückstand dann aber auf über sieben Tage angewachsen. «Es ist das Rennen der Figaro-Segler», befand Alain Gautier. Damit traf der Sieger von 1993 den Nagel auf den Kopf. Unter den Top 10 rangierten viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Solitaire du Figaro. Ob das an der vergleichbaren Ergonomie lag? Ausgestattet mit Helmen, Sicherheitsgurten, Satellitenverbindungen und Bordkameras erlebten die Hochseesegelnden das Rennen im Rhythmus ihrer seltenen Ausflüge auf das Vordeck. Die meiste Zeit aber verbrachten sie abgeschnitten von der Aussenwelt gut geschützt im Innern der Ofshore-Jachten. Alarmanlagen überwachten derweil den Druck in den Wanten.
Bei ihrer Rauschfahrt auf dem Atlantik vor Rio war das Führungstrio uneinholbar davongezogen. Auf dem Weg nach Süden knackte die IMOCA-Flotte sogar mehrmals den 24-Stunden-Rekord. Zuerst Thomas Ruyant auf For The People (539,58 sm), dann Nicolas Lunven auf Holcim–PRB (546,60 sm) und Yoann Richomme auf Paprec Arkea (551,84 sm). Ihre Bestmarken wurden vom World Sailing Speed Record Council abwechselnd homologiert. Im Süden lieferten sich Charlie Dalin und Sébastien Simon einen gefährlichen Speed-Run im Auge eines Sturms. Bei Simon brach dabei ein Foil. Yoann Richomme, der weiter nördlich gesegelt war, schloss zu Dalin auf, überholte ihn und passierte das Kap Hoorn mit acht Minuten Vorsprung.

Vincent Curutchet – DIE FLOTTE BEIM START DER VENDÉE GLOBE AM 10. NOVEMBER 2024 IN LES SABLES D’OLONNE

Frustrierte Verfolger

Die Konkurrenten hinter der Spitzengruppe machten lange Gesichter. Vor Brasilien wurde Gruppe «Justine» zunächst von einer Flaute und dann von einer Gewitterlinie mit vielen Blitzen gestoppt. In der Biskaya gerieten die Verfolger in einen hefigen Sturm mit hohen Wellen. Noch schlimmer erwischte es die Nachzügler. Sie erlebten im tobenden Golf die Hölle. Boris Herrman (Malizia – Seaexplorer) und Samantha Davies (Initiatives Coeur) legten sogar einen Sicherheitsstopp ein, um das Sturmtief vorbeiziehen zu lassen.
Trotz der hefigen Böen hielt das Material stand. Nur zwei Boote entmasteten: die Medailla von Pip Hare und die La Mie Câline von Arnaud Boissières. Abgesehen von beschädigten Haken und Segeln waren kaum strukturelle Schäden zu beklagen. Von vierzig gestarteten Teilnehmern gaben nur sieben auf, das entspricht rund einem Fünfel der Flotte und ist schon fast rekordverdächtig wenig. In den letzten zehn Ausgaben mussten im Schnitt jeweils rund 40 Prozent der Gestarteten frühzeitig die Segel streichen. Auch in dieser Hinsicht war die Vendée Globe 2024/25 eine Ausnahme.

Das Phänomen Violette

Sportliche Höchstleistungen gehen immer mit Emotionen einher. Jean Le Cam (Tout commence en Finistère – Armor Lux) und Clarisse Crémer (L’Occitane en Provence) haben einmal mehr ihr
Kommunikationstalent unter Beweis gestellt. Ihre Stories waren lustig, bewegend und manchmal ergreifend. An die Popularität von Violette Dorange kamen aber beide nicht heran. Die mit
23 Jahren jüngste Teilnehmerin geriet bei den Sonnenuntergängen ins Schwärmen, filmte sich beim Hochklettern des Mastes und sprach ofenherzig über ihre Eindrücke und Gefühle.
Ihre Posts wurden in den sozialen Medien unzählige Male geteilt. Auf Instagram stieg die Zahl ihrer Follower in wenigen Wochen von 30 000 auf 700 000. Ihre Fangemeinde war so gross, dass die Organisatoren bei ihrer Zieleinfahrt ein Feuerwerk zündeten.

Bunte Schweizer Flotte

Die Schweiz war mit drei sehr unterschiedlichen Profilen vertreten. Justine Mettraux (TeamWork – Team SNEF) wurde hervorragende 8. Alan Roura (Hublot) kam neun Tage nach ihr als 18. ins Ziel. Oliver Heer folgte als 29. Der Zürcher beendet tapfer seine erste Weltumrundung im Alleingang. Alex Thomsons ehemaliger Boat Captain wirkte bei seiner Ankunf zufrieden. Er scheint das Hochseeabenteuer auf seiner Farr-Jacht aus dem Jahr 2007 genossen zu haben. Sein Boot heisst ja nicht umsonst Tut Gut.


Photo : Jean-Louis Carli – ALAN ROURA (HUBLOT) MÖCHTE KÜNFTIG MIT
EINEM SCHWEIZER TEAM SEGELN.

Alan Roura: «Es hat nicht alles geklappt, aber ich habe das Rennen genossen»

Für einige war es die erste Vendée Globe, für Sie bereits die dritte. Wie ordnen Sie Ihre jüngste Teilnahme ein?
Meine erste Vendée Globe war ein Abenteuer. Die zweite war schwierig und kompliziert. Bei dieser wollte ich vor allem eins: Spass haben. Taktisch und strategisch hat nicht alles geklappt, aber ich habe es genossen. Ich bin nie allein gesegelt, es war immer mindestens ein Boot an meiner Seite. Ich habe noch nie so viel regattiert.

Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Platzierung?
Natürlich hatte ich mir mehr erhoft als einen 18. Platz. Ich habe mich manchmal bei der Wetteranalyse vertan, aber immer daran geglaubt, dass ich den Rückstand aufolen kann, ohne mir den Kopf zu zerbrechen. Ich habe nie aufgegeben, aber das Rennen hat es nicht immer gut mit mir gemeint.

Wie sieht Ihre sportliche Zukunf aus?
Ich würde gerne mehr Segler und weniger Manager sein. Die Projektleitung frisst viel Energie. Ausserdem würde ich gerne im Team segeln. Nächstes Ziel wäre eine Teilnahme am The Ocean Race Europe mit einer Schweizer Crew, unter anderem mit Simon Koster und Elodie Mettraux. Dafür brauchen wir aber das nötige Geld. Wir sind bereits mit potenziellen Sponsoren im Gespräch
und hofen natürlich, dass wir ein Schweizer Team zusammenbringen

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