Wie jedes Jahr seit 2011 sorgten die über hundertjährigen Segeljachten an der 8. Gstaad Yacht Club Centenary Trophy für ein hochklassiges Spektakel. Die Challenge wurde am 4. Oktober traditionsgemäss im Rahmen der Voiles de Saint-Tropez ausgetragen.
Die Gstaad Yacht Club Centenary Trophy ist ein Event im Event. Sie krönt die Voiles de Saint-Tropez, die allgemein als Höhepunkt der Mittelmeersaison gilt. Gesegelt wird dieses Stelldichein der Hundertjährigen als Verfolgungsrennen. Auch dieses Jahr hatten sich die ehrwürdigen alten Damen wieder die Ehre gegeben, darunter viele Stammgäste, aber auch Neuzugänger wie die 1912 in London gebaute Cariba oder die von William Fife III gezeichnete Dione.
Sportliche Bedingungen
Mit 20 bis 25 Knoten Wind und über drei Meter hohen Wellen im Golf von Saint-Tropez waren die Bedingungen dieses Jahr für die doch nicht mehr so jungen Boote ziemlich sportlich – zu sportlich für einige. Nur neun der 22 gemeldeten Boote kamen ins Ziel. Ein paar gaben während des Rennens auf, Mariska musste sogar ganz auf einen Start verzichten. „Wir hatten am Tag zuvor ein Problem“, erklärte ihr Besitzer Christian Niels, der erstmals an der Centenary Trophy teilnahm. „Wir mussten mitten im Rennen das Grosssegel runterholen, um zu sehen, woran es lag, konnten aber nichts finden. Das Segel hatte einen mikroskopischen Riss, der kurz vor dem Start, als der Wind auffrischte eine Havarie ausgelöst hatte.“ Der Wind drehte während der Regatta mehr und mehr auf. An der Bahnmarke ausserhalb der Bucht waren aus der anfänglich moderaten Brise kräftige 25 Knoten geworden. Am besten fand sich die Vorjahressiegerin Tilly XV mit dem Starkwind zurecht. Sie ging auf der verkürzten Strecke mit einem komfortablen Vorsprung auf den kleinen Kutter Kimset (1898) und auf Mignon ins Ziel. Die Sonderklasse Tilly XV wurde 1912 für Prinz Heinrich von Preussen gebaut und war bei dem starken Seegang ein ganzes Stück schneller als ihre Konkurrentinnen. Im Ziel meinte ihr Besitzer Siegfried Rittler sichtlich zufrieden: „Wir freuen uns natürlich, dass wir unseren letztjährigen Sieg wiederholen konnten, vor allem auch deshalb, weil ich seit 28 Jahren mit Freunden wie dem Skipper Jörg Mössnang segle. Es hatte wirklich viel Wind und hohe Wellen. Ausserhalb des Golfs waren die Bedingungen besonders schwierig, aber unser 105-jähriges Boot hatte damit keine Probleme.“ Die Regatta sei wie die Besteigung eines 2000ers-gewesen, meinte der Deutsche aus Starnberg bei München, der bereits mehrmals im Himalaja war. „Ich bin wirklich froh, dass ich teilgenommen habe. Die Stimmung ist hervorragend und die Teams verbindet eine enge Freundschaft.“
Lebendiger Traditionsgeist
Entstanden ist die Centenary Trophy im Jahr 2011 in den Schweizer Alpen, anlässlich des 100. Geburtstags der Fife-Jacht Mariquita. „Die Mariquita gehört einem unserer Mitglieder. Als sie 100 Jahre alt wurde, haben wir ihm angeboten, im Club ein Geburtstagsfest auszurichten“, erzählt Peter Erzberger, der Commodore des Gstaad Yacht Club. „Er kam mit einem Gegenvorschlag. Wir sollten doch lieber einen Anlass für hundertjährige Jachten organisieren. Wir haben den Vorschlag überdacht und dann beschlossen, eine Regatta auf die Beine zu stellen, zu der nur mindestens hundertjährige Boote zugelassen sind. Damit wollten wir Mariquita den verdienten Tribut zollen. Unsere Wahl fiel auf Saint- Tropez, denn dort war 1998 auch die Idee entstanden, den Gstaad Yacht Club zu gründen.“ Als die Eckpunkte der Regatta feststanden, wurde das Projekt der Société Nautique von Saint-Tropez und deren Präsident André Beaufils unterbreitet. „Wir haben angefragt, ob sie den sportlichen Teil übernehmen könnten. Wir würden uns um die gesamte Organisation an Land kümmern.“ Den Preis – ein Pokal aus massivem Silber – hatte George Nicholson, der frühere Commodore des Gstaad Yacht Club, aufgetrieben. Das besondere Stück wurde 1911 von Wakely and Wheeler of London hergestellt.
In den letzten Jahren ist die Teilnehmerzahl kontinuierlich gewachsen. Aus den anfänglich acht Jachten sind mittlerweile über zwanzig geworden. Das liegt nicht nur daran, dass jedes Jahr neue Boote ihren 100. Geburtstag feiern. Viele Eigner entschliessen sich zum Mitmachen, weil die Regatta die Traditionen des klassischen Segelns wahrt. „Die Eigentümer schätzen besonders, dass wir nur Jachten in ihrem Originalzustand akzeptieren. Sie müssen traditionsgerecht restauriert worden sein. Das ist uns sehr wichtig“, bestätigt Peter Erzberger, der ein bekennender Liebhaber alter Jachten ist und sehr viel über historische Boote gelernt hat, als einer seiner besten Freunde den Schoner Altair restaurierte.
Viola gewinnt die Rolex Trophy an ihrem 110. Geburtstag
Letztes Jahr feierten die 15-Meter-Jachten ihr Jubiläum, dieses Jahr wurden an der Rolex Trophy die 130 Jahre der legendären Drachenboote zelebriert. Während einer ganzen Woche lieferten sich die Wahrzeichen der Fife- Familiensaga hart umkämpfte Rennen. Dank konstanter Leistungen konnte schliesslich das Geburtstagskind Viola den prestigeträchtigen Pokal entgegennehmen. Die 110-Jährige verwies Carron II von der Genfer Société Nautique und Kismet auf die Plätze zwei und drei. Vorjahressiegerin Mariska wurde Achte und verpasste damit auch den WM-Titel der 15mR-Jachten. Den sicherte sich The Lady Anne. „Die Rolex Trophy war dieses Jahr schwieriger als sonst“, begründete Christian Niels das etwas enttäuschende Abschneiden der Mariska. „Die Boote waren nicht alle gleich gross und wir hatten in Saint-Tropez mit vielen Problemen zu kämpfen.“ Nächstes Jahr will er zur Jubiläumsausgabe der Voiles de Saint-Tropez vom 28. September bis 8. Oktober Revanche nehmen.