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Zwei Rümpfe, sonst nichts!

von Quentin Mayerat

Einige Hersteller haben gleich mehrere Einheiten vorgestellt. Fountain-Pajot zum Beispiel war mit vier Modellen anwesend: der Lipari 41, der Helia 44, der Summerland 40 und der Power Cat Queensland 55. © ZVG

Ganze sechs Weltneuheiten wurden an der fünften Messe für Mehrrümpfer im südfranzösischen La Grande Motte vorgestellt. Wer etwas gegen krängende Boote hat, war an diesem hochkarätigen Event somit bestens bedient. Insgesamt 15’000 Besucher strömten an den fünf Tagen an die doch relativ kleine Ausstellung. Die meisten Einheiten wurden auf dem Wasser gezeigt, was den Werften entgegenkam. Sie hatten so die Möglichkeit, ihre Kundschaft in einem exklusiven Umfeld zu empfangen.

In der Bretagne geboren, am Mittelmeer etabliert

Die von Frédéric Morvan und Philippe Michel in Lorient ins Leben gerufene Messe hat sich heute fest am Mittelmeer etabliert und wird nicht mehr in die Bretagne zurückkehren. „Die Idee, die Messe abwechslungsweise an zwei verschiedenen Orten durchzuführen, war an sich sehr gut“, urteilt Philippe Morvan. „Auf Wunsch der Aussteller haben wir aber beschlossen, fortan nur noch nach La Grande Motte zu kommen. Dass wir Lorient fallen lassen mussten, ist allerdings schon ein kleiner Stich ins Herz, schliesslich wurde die Messe dort geboren.“ Die Hafenstadt in der Camargue bietet aber unbestrittene Vorteile, unter anderem auch die Nähe zum Flughafen von Montpellier, der von vielen europäischen Städten angeflogen wird.

Ein Fahrtenkatamaran ohne Flying Bridge ist heute kaum noch denkbar. Sie fehlt sogar auf relativ kleinen Einheiten wie der Leopard 39 von Robertson & Caine nicht. © zvg

Weltklasse

Mehrere Hersteller haben die Messe genutzt, um ihre Weltneuheiten vorzustellen. Bestaunen konnte man neben der Aventura 43, der Nautitech Open 40 und den Privilèges Serie 4.9 und 5 weitere ebene erst vom Stapel gegangene Katamarane. Die meisten folgen dem aktuellen Trend nach mehr Komfort und Ausstattung, einige sprechen aber auch einen Nischenmarkt an.

© Billy Black

Aventura mit Sitz in der Türkei zum Beispiel hat einen für längere Törns konzipierten Katamaran entworfen, der grosses Fahrvergnügen verspricht. Seine schlichte, funktionelle Einrichtung und das ansprechende Design dürften bei den Weltenbummlern unter den Seglern gut ankommen. Ein weiteres Publikumsmagnet war die neue JC48 von Jaguar, auch sie eine Weltneuheit. Die Power Cat wurde dem wachsenden Markt angepasst. Ihre charakteristischen Eigenschaften wurden beibehalten, auf das Rigg aber wurde verzichtet, da es für die Küstenschifffahrt überflüssig ist.

Grosse Klassiker

Die grossen Gruppen Lagoon, Nautitech, Fountaine Pajot und Outrement fuhren schweres Geschütz auf. Ihre Einheiten beeindruckten durch imposante Ausmasse. Ein Fahrtenkatamaran muss heute mindestens 45 Fuss lang sein und 55-Füsser sind keine Seltenheit mehr. Dabei versuchte jede Werft durch ihre spezielle Ausstattung oder andere Besonderheiten zu punkten, hier mit einer Flying Bridge, dort mit einem Hybridmotor.

Die Neel-Trimarane (im Bild oben und unten) zeichnen sich durch ihr auffälliges Aussendesign und den Salon auf Cockpithöhe aus. © Billy Black

Die Gruppe Poncin Yacht, Eignerin der berühmten Catana, hat ihre eigene Marke Bali Catamarans mit einem vielversprechenden 45-Fuss-Modell eingeweiht. Wie die Leopard 44 ist es als Open Space konzipiert und verfügt über ein Cockpit im Bugbereich mit Sonnenliege.

Grosszügig bemessen: Die Lagoon 67 bietet viel Raum... © Nicolas Claris

Yann Masselot, der Direktor von Lagoon, bestätigt die aktuellen Trends. Die Entwicklung des Fahrtenkatamarans gehe in die gleiche Richtung wie die der Autos, nur mit zwanzig Jahren Verspätung: „In den 1980er-Jahren baute man sportliche, rassige Autos ohne Komfort. Heute suchen die Käufer etwas anderes und der Markt hat sich angepasst, indem er grös-sere und bestens ausgestattete Fahrzeuge produziert. Auf dem Bootsmarkt findet derzeit genau der gleiche Wandel statt. Bei den Einrümpfern werden die First allmählich von den Oceanis und ähnlichen Marken verdrängt. Bei den Mehrrümpfern statten mittlerweile alle Hersteller ihre Boote aus, als wären es Häuser.“ Die Zeiten spartanischer Nussschalen mit kleinen Bullaugen gehören der Vergangenheit an. Heute sind grosse Fensterfronten und ein einfaches Handling die Regel.

Swiss Catamaran mit neuer Taktik

Swiss Catamaran hat ihre Werft gerade erst von der Türkei nach Südfrankreich verlegt. Sie stellte in La Grande Motte die brandneue 45 neben ihrem Vorgängermodell, der 55, aus. Das auf Komfort und Leistung ausgerichtete Konzept des Geschäftsmanns Jürg von Ins funktioniert noch immer. Was seine Preispolitik angeht, hat der Hersteller seine Taktik jedoch geändert. Bislang bot Swiss Catamaran komplett ausgerüstete Einheiten an, damit soll jetzt Schluss sein. „Unser Basisangebot besteht neu aus einem Boot ohne Mast und die Kunden können die von ihnen gewünschten Optionen dann selbst hinzufügen“, erläutert Jürg von Ins das Konzept und erklärt: „Wir mussten uns der Konkurrenz anpassen und haben uns deshalb zu diesem Sinneswandel durchgerungen.“

Auf die Frage, was eine Bootsmesse nur für Multihulls wirklich bringt, fällt Jürg von Ins’ Antwort kategorisch aus. Er kann dem Salon du Multicoque nur Gutes abgewinnen: „Wir arbeiten zehnmal mehr als in Cannes. Hierher kommen nur kaufwillige Kunden.“ In seinem Segment muss Jürg von Ins keine Konkurrenz fürchten, abgesehen vielleicht von der Alibi 54, die ebenfalls für Segler, die gern schnell und komfortabel segeln, gedacht ist.

M2 Organisation, die für die Durchführung der Messe verantwortliche Firma, hat mit La Grande Motte bis 2016 unterschrieben. Um Besucher und Hersteller unter noch besseren Bedingungen empfangen zu können, sind zudem neue Hafenanlagen geplant. Der Fahrtenkatamaran braucht sich momentan offensichtlich keine Zukunftssorgen zu machen.

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