Alan Roura wurde in der Presse lange als jüngster Segler unter erfahrenen Regatteuren betitelt. Mittlerweile hat sich der Hochseesegler seine Sporen abverdient und visiert ein neues Ziel an. Er will sein neues Boot, die ehemalige MACSF von Bertrand de Broc, komplett überholen und mit Foils austatten.
Welche Bilanz ziehen Sie in sportlicher und technischer Hinsicht aus Ihrem 9. Platz an der Transat Jacques Vabre, die Sie mit Ihrem neuen Boot bestritten haben?
Sie fällt gar nicht mal so schlecht aus. Frédéric Denis und ich hatten vor dem Start nur wenig Zeit für gemeinsames Training und weder den Boots- noch den Segeltrimm im Griff. Schon in der Eingewöhnungsphase blieb uns nichts erspart, die erste Woche war schwierig. Erst nach den Doldrums haben wir begriffen, wie das Boot funktioniert und uns mit ihm angefreundet. Wir wollten bei den Schwertjachten aufs Podest, mussten uns dann aber nach einem viertägigen Zweikampf mit Generali mit dem 4. Platz begnügen (Anm.d.Red.: inoffizielle Rangliste). Aber zumindest kennen wir die Jacht jetzt gut und wissen, was geändert werden muss.
Was zeichnet Ihr neues Boot aus?
Es ist ein Superboot, verlangt aber eine gute Kondition, wenn man alles aus ihm herausholen will. Dafür ist es auch echt schnell. Beim Reaching reagiert es hervorragend, da hat es Rennpferdqualitäten. Am Wind aber mühen wir uns ab wie die Verrückten und kommen trotzdem auf keinen grünen Zweig. Auch wenn es an einer Vendée Globe nur wenig Wind gibt, kann das ganz schön wehtun. Ich bin dennoch fest davon überzeugt, dass wir beim Reaching mit den richtigen Segeln ganz vorne mit dabei sein können, denn dann schaffen wir problemlos Durchschnittsgeschwindigkeiten von 20 Knoten.
Im Februar haben Sie Ihr Boot für relativ lange Zeit in die Werft gegeben. Welche Arbeiten werden dort durchgeführt?
Der Rumpf wird abgebeizt, damit er trocknen kann und leichter wird. Wir haben die Decksschale entfernt und die gesamte Hydraulikanlage in Revision geschickt. Auch der Motor und die Elektronik werden ausgebaut, sodass nur noch der Rumpf bleibt. Die Beschläge müssen ebenfalls abgenommen werden. Danach werden wir den Bugbereich demontieren und durch eine leichtere Struktur ersetzen. Wir wollen so rund 30 Kilo gutmachen. Anschliessend demontieren wir den Schwertkasten, befestigen die Foilkästen, bauen Foils, fertigen eine neue Decksschale an und streichen das Deck. Ausserdem wird die Ergonomie im Innern überarbeitet und das Boot bekommt neue Segel und ein neues Rigg. Im Grossen und Ganzen wassern wir eine neue Jacht ein. Sie hat zwar die gleichen Formen, wird aber komplett anders sein.
Wie viele Foils lassen Sie herstellen?
Ein Paar. Wir haben von September bis Januar eine Menge Überlegungen angestellt. Sollten wir Formen bestehender Foils kaufen, um Geld zu sparen, oder bereits produzierte Foils erwerben? Wir mussten feststellen, dass beide Optionen gleich viel kosten, aber leistungsmässig Unterschiede bestehen. Foils von einem anderen Boot zu verwenden bedeutet viel Arbeit, da sie aufwendige Anpassungsarbeiten erfordern. Wir haben uns daher dafür entschieden, Pläne anzufertigen und neue, passende Foils produzieren zu lassen. Dazu haben wir die besten Spezialisten beauftragt und sind zuversichtlich, dass das Ergebnis stimmt.
Welches Potenzial wird das Boot mit den Foils haben?
Die heutigen Foils sind nicht für Amwind-, sondern für Raumschot- und Vorwindkurse gemacht. Wir wollten aber Foils, die auch am Wind funktionieren. Zusammen mit den Konstrukteuren haben wir alles x-mal berechnet, damit die Foils uns am Wind nicht benachteiligen, sondern bestenfalls sogar Vorteile verschaffen, und uns auf den anderen Kursen möglichst antreiben. Beim Reaching sollten wir bei Schwachwind zwei Knoten und bei Starkwind vier Knoten gewinnen. Am Wind sollten zwei bis drei Knoten mehr drinliegen. Das ist nicht viel, aber die Gewichtsreduktion wird ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Insgesamt soll das Boot gute 200 Kilo leichter werden. Unser Ziel ist ein möglichst vielseitiges Boot, denn die Vendée Globe ist nicht die einzige Regatta, an der nicht nur am Wind gesegelt wird, auch die Route du Rhum, die Jacques Vabre und andere Rennen gehören dazu.
Das Segeln auf Foiler-Jachten der IMOCAKlasse gilt als sehr schwierig. Haben Sie keinen Respekt davor, immerhin geht die Reise rund um die Welt?
Die Zeit ist auf meiner Seite, deshalb fange ich ja auch schon jetzt mit den Werftarbeiten an. Vor uns liegen drei Jahre, in denen wir lernen können, auf dem Boot zu segeln und wahrscheinlich auch Lehrgeld zahlen müssen. Natürlich wird es eine komplett andere Art des Segelns sein, aber wir haben Zeit. Für die Route du Rhum hingegen könnte es knapp werden, ich werde bestimmt Blut schwitzen.
In welchem Bereich werden sich die Foils am stärksten bemerkbar machen?
Die körperlichen Strapazen auf dem Boot werden ungeheuer gross sein. Momentan hat es eine Tragfähigkeit von 27 Metertonnen, wir werden sie auf 30 oder mehr erhöhen. Wir gehen überall, auch bei der Maststruktur und dem Rigg, ans Limit. Unsere erste Sicherung ist der Mast. Damit nichts kaputt geht, müssen wir unsere Grenzen im Team ausloten, damit ich das Boot möglichst oft einhand steuern kann.
Wie sieht Ihr Trainingsplan bis zur nächsten Vendée aus? Die Zeit vergeht schnell.
Ich selbst trainiere täglich. Daneben wirke ich aktiv an den Werftarbeiten mit, damit ich das Boot bis ins letzte Detail kennenlerne. Auf dem Wasser arbeite ich mit Tanguy Leglatin (Anm.d.Red.: ein bekannter Segelcoach) und nehme an Flottenregatten teil, damit ich weiss, wo ich stehe. Neben der Route du Rhum finden in der Bretagne einige coole Rennen statt. Ich muss aufhören, ständig auf die Bremse zu treten und mehr Gas geben. Normalerweise bin ich sehr konservativ und das muss ich ändern. In der Segelszene mache ich mir langsam einen Namen. Ich weiss, was und wohin ich will und mein technisches Team ist top. Beklagen kann ich mich also nicht.
Früher sahen Sie sich eher als Seefahrer und weniger als Regatteur. Hat sich das mittlerweile geändert?
Eigentlich war ich schon immer ein Regattasegler, nur nie auf meinem eigenen Boot. Sobald man mir ein Boot anvertraut, gebe ich alles, im Team starte ich voll durch. Auf meinem Boot ist das anders. Ich empfinde zu viel für das Boot und halte mich zurück. Während der Vendée habe ich begriffen, dass ich in den Wettkampfmodus schalten muss und bei der Jacques Vabre sind wir ständig am Limit gesegelt. Ich regattiere wirklich gern und habe mir für die Route du Rhum und die Vendée Globe hohe Ziele gesteckt. Beide Rennen bin ich bereits gesegelt. Ich kehre zurück, um Ergebnisse abzuliefern, nicht um einen Schönheitswettbewerb zu gewinnen.