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Analyse der Navigationsdaten

von Quentin Mayerat

„Ich bin gelernter Informatiker. Während des America’s Cups 2007 arbeitete ich an Bildanalysesystemen, mit denen die Segelform der siegreichen Class America Alinghi gemessen wurde. Das Team Alinghi nahm Bilder von Spis auf und wir ermittelten im Labor der ETH Lausanne (EPFL) die Verformungen.“ Julien Pilet erlebte den Sieg der Schweizer im Jahr 2007 also als Insider. Der 35-Jährige hat Algorithmen im Blut und bringt viel technische Erfahrung mit. Ausserdem ist er ein herausragender Segler, sprüht vor Ideen und verfügt über einen gesunden Ehrgeiz.

Die Regatten oder Törns lassen sich über eine einfache und benutzerfreundliche Schnittstelle analysieren. © Jean-Guy Python

Den Blick auf eine Tabelle mit lauter Zahlen und Formeln gerichtet, sagt er: „Meine Diplomarbeit an der EPFL bestand aus der Herstellung eines kleinen Computers. Damit habe ich mein Studium 2003 erfolgreich abgeschlossen. Von 2003 bis 2008 machte ich meine Doktorarbeit im Computer Vision Laboratory. Danach war ich zwei Jahre als Forscher in Japan tätig und anschliessend zwei weitere Jahre als Entwickler bei Google in Zürich. Parallel dazu segelte ich auf der in Lutry stationierten 6-Meter-Jacht Irène. Allerdings frustrierte mich die schlecht genutzte Bordelektronik. Mir wurde bewusst, dass alle auf der Anzeige notierten Daten verloren gehen. Also bastelte ich 2007 einen PDA mit vielen Kabeln, den ich zusammen mit einem GPS in einen Plastiksack steckte und der die Navigationsdaten erfasste. Auf diese Weise speicherte ich mehrere Regatten. 2013 kehrte ich nach Zürich zurück und entwickelte dort Algorithmen, um diese Daten zu analysieren, zu bearbeiten und darzustellen.“

Am Anfang technologischer Abenteuer stehen Ideen, tastende Versuche und Skizzen. © Jean-Guy Python

Die nötige Starthilfe für sein Projekt erhielt Pilet von Pascal Vuilliomenet, dem Koordinator der Forschungsarbeiten für Alinghi an der EPFL. Er bot ihm an, die Ergebnisse der während der Alinghi-Ära durchgeführten Forschungsarbeiten aus der Schublade zu holen und mit seinem Navigations-Aufzeichnungsgerät zu verknüpfen, um ein Unternehmensprojekt aufzugleisen. Mit der finanziellen Unterstützung der EPFL startete das Abenteuer 2014 unter dem Namen Anemomind.¨

Das Team von Anemomind: Jonas Östlund, Marc-André Eggimann, Julien Pilet und Xavier Righetti © Jean-Guy Python

Das junge Lausanner Startup-Unternehmen hat sein Büro im 3. Stock des Computer Vision Laboratory der EPFL. Drei Geschäftspartner haben sich Anemomind angeschlossen: Jonas Östlund, ehemaliger Forscher an der EPFL, Marc-André Eggimann, früherer Produktentwickler bei Michelin und Innovationsberater, sowie Xavier Righetti, ein Ass auf dem Gebiet elektronischer Prototypen. Die Entwicklung geht rasant voran. Es wurde auch schon der erste Prototyp verkauft. Der Regatteur Luc Munier hat ihn für seine Psaros 33 erstanden. Gleichzeitig wird das Gerät auf der Irène getestet und auch Alan Roura hatte bei der letzten Route du Rhum ein Anemomind an Bord.

Revolutionär und einfach zu bedienen

Das Gerät speichert ähnlich wie eine Black Box die Navigationsdaten des Bootes. „Unsere Erfindung erzählt den Verlauf einer Navigation“, bestätigt Julien Pilet. Sie ist einfach zu bedienen und zu lesen, dürfte die Analyse der Fahrten revolutionieren und durch die auf dem Bildschirm angezeigten Informationen den optimalen Segeltrimm fördern. Sobald das Gerät mit genügend Daten gespeist wurde, zeigt es die Leistungsprozente, die aus der Bootsgeschwindigkeit, der Windstärke und den früheren Bootsdaten errechnet werden, in Echtzeit an. Während der Prototyp noch die Prozentzahl angibt, wird die ausgereifte Version die Performance übersichtlich und gut ablesbar als Grafik darstellen. Bei Regatten ein echter Gewinn!

Auf die Frage, was genau Anemomind so revolutionär macht, antwortet Julien Pilet: „Das Instrument ist einzigartig, denn damit lässt sich die Performance präzis bestimmen, ohne dass man sich um die Polarpunkte oder die Eichung der Instrumente kümmern muss. Alle Daten werden automatisch erfasst, sobald das Boot fährt. Auf der Grundlage der registrierten Daten ermittelt das System die beste Art, den wahren Wind zu berechnen.“ Mit Pilets Erfindung sollten auch die üblichen Messprobleme auf einem Segelboot behoben werden, denn auch die von den Segeln verursachten Windstörungen, die Ungenauigkeiten des Kompasses oder das Offset des Anemometers werden mit einer Software erfasst. Julien Pilet: „Das Gerät spuckt dann ein optimales, genau auf das Boot und die Segelbedingungen zugeschnittenes Ergebnis aus. Unser System zeigt zum Beispiel rasch an, wenn das Boot nur 85 Prozent der möglichen Leistung bringt, sodass man die Segel entsprechend trimmen kann.“

Anemomind sucht eifrig nach Geldgebern, um schnell zu wachsen. Das Team arbeitet im Hinblick auf eine baldige Markteinführung und die Entwicklung einer dazugehörigen iPhone-App mit mehreren Seglern, Trainern und Systemgestaltern zusammen. Um die vertiefte Analyse eines Regatta- oder Törnverlaufs zu analysieren, werden die Navigationsdaten auf einer benutzerfreundlichen Oberfläche angezeigt.

Ein erstes Produkt ist bereits für die Segelsaison 2015 erhältlich. Es kann unter

www.anemomind.com bestellt werden.

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