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BERNARD STAMM, Sieger der Jules Verne Trophy

von Quentin Mayerat

Sie haben das schier Unmögliche geschafft. Zu sechst sind sie mit dem Trimaran Idec Sport in 40 Tagen, 23 Stunden, 30 Minuten und 30 Sekunden einmal um die ganze Welt gesegelt. Wir haben uns mit Bernard Stamm über das phantastische Abenteuer unterhalten. Der sympathische Schweizer war unter der Leitung des Franzosen Francis Joyon an Bord der Rennmaschine.

Interview : Jean-Guy Python

Wie erklären Sie sich diese fabelhafte Zeit?

SAILING - IDEC SPORT IMAGE BANK 191015Wir hatten viel Glück. Francis Joyon hat genau den richtigen Zeitpunkt für den Start gewählt. Nach der Überquerung des Äquators waren wir noch skeptisch, weiter südlich fanden wir dann aber perfekte Bedingungen vor. Im Indischen Ozean segelten wir bis nach Neuseeland vor der Front. Danach wichen wir einem Hochdruckgebiet aus. Wir hielten genügend Abstand und erwischten einen guten Wind, der uns nach vorne puschte. Auf Höhe des Kap Hoorn wurde es nochmals heikel, aber wir meisterten die Herausforderung perfekt. Danach lief es wie am Schnürchen. Wir achteten stets darauf, vor den Wetterfronten zu bleiben, um nicht unnötig Tempo einzubüssen. Francis und unser Router an Land Marcel von Triest vertrauten den Informationen, die ihnen am Start vorgelegen hatten. Wir haben die Chance genutzt und waren wirklich von Glück gesegnet. Natürlich durften uns keine Fehler unterlaufen und Francis musste den richtigen Riecher für den besten Kurs haben. Er hat das wunderbar gemacht.

„Wir waren sehr schnell. Es gab kein Konkurrenzdenken. Wir hatten ein gemeinsames Ziel: den Rekord zu schlagen und die hohe Durchschnittsgeschwindigkeit zu halten.“

Wie haben Sie sich mit Joyon und den anderen Teammitgliedern verstanden?

Es gab keine Rangordnung, man kann also nicht von „Francis und den anderen“ sprechen. Wir waren alle gleichberechtigt und haben uns sehr gut verstanden. Am Steuer gab es kein Konkurrenzdenken. Alle gaben das Beste, um das Maximum aus dem Boot herauszuholen, immer den Rekord vor Augen. Francis gab den Kurs vor. Unsere Wachen waren mit eineinhalb Stunden relativ kurz. Davon standen wir eine halbe Stunde am Steuer. So blieben uns höchstens zwei Stunden Schlaf bis zur nächsten Wache.

Falls Sie nur ein Erlebnis oder ein Bild nennen dürften, welches wäre das?

Besonders in Erinnerung geblieben sind mir die 35 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit im Indischen Ozean mit Spitzen von über 48 Knoten. Das war wirklich sehr schnell. Ein einmaliges Erlebnis! Auch hier war es Francis, der dafür sorgte, dass wir das Boot ans Limit treiben konnten. Nicht alle Skipper verhalten sich gleich. Francis liess uns freie Hand, sodass wir das Potenzial des Katamarans voll ausschöpfen konnten.

Sie waren phänomenal schnell unterwegs. Ist es überhaupt möglich, noch schneller zu segeln und die Welt in weniger als 40 Tagen zu umrunden?

Klar kann dieser Rekord gebrochen werden. Mit den heutigen Booten ist das theoretisch möglich, zumal bei uns nicht alles wunschgemäss lief. Auf der Hin- und Rückfahrt durch die Doldrums zum Beispiel und als wir den Atlantik Richtung Süden durchquerten, wurden wir gebremst. Der Rest war aber nahezu ideal, wir hatten grosses Wetterglück. Deshalb glaube ich auch, dass noch etwas Luft nach oben ist, viel ist es aber nicht. So nach Gefühl würde ich sagen, dass 39 Tage realistisch sind. Die nächsten Rekordjäger brauchen schnelle Boote und müssen gleich viel Glück haben wie wir.

Das heisst, sie müssen auf dem Wasser fliegen oder leichter werden. Wie sehen Sie die Zukunft der Weltumsegelungsregatten?

Zum Fliegen braucht es leichte Boote. Foils sind die Zukunft. Man kann sich dafür oder dagegen entscheiden, sicher ist aber, dass man damit im Atlantik noch zügiger vorankommt. Foiler-Katamarane oder -Trimarane sind zwar bei wenig Wind nicht unbedingt schneller, bei mittlerem Wind allerdings schon. Davon abgesehen werden Boote auch ohne Foils immer schneller, diese Entwicklung ist nicht zu bremsen.

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Wie sehen Sie den Schweizer Nachwuchs im Hochseesegeln? Gibt es Hoffnungsträger, die in die Fussstapfen von Stamm, Ravussin oder Wavre treten könnten?

Ich bin nicht wirklich so nahe am Geschehen, um dazu eine klare Meinung zu haben. Alan Roura aber hat an der Vendée Globe ein super Rennen geliefert. Er ist für sein Alter schon viel gesegelt und hat eine Menge Erfahrung, aber er muss noch an seinen Regattaqualitäten feilen. Er muss den Drang verspüren, sich mit der Spitze zu messen und das verlangt viel Arbeit. Trotzdem hat Alan seine Aufgabe wirklich gut gemacht. Er hat einen sauberen Kurs verfolgt und das ist nicht jedem gegeben. Dabei hatte er nicht unbedingt ein einfaches Boot (Anm. d. Red.: die 1997 von Stamm gebaute Suberbigou). Es ist nicht sehr gut geschützt, aber es hat gehalten. Ich freue mich, dass es noch einmal um die Welt gesegelt ist. Alan hat an der Vendée Globe übrigens besser abgeschnitten als ich, denn ich habe es noch nie in die Ränge geschafft. Auch Justine Mettraux konnte am Volvo Ocean Race Erfolge feiern und hat wertvolle Erfahrung gesammelt.

Im kommenden Mai und Juni findet der America’s Cup auf den Bermudas statt. Interessiert Sie der Wettkampf?

Er unterscheidet sich nicht so stark von meiner Welt. Ich segle auf Diam 24* und einige Akteure der Tour de France sind als Segler, Ingenieure und Konstrukteure auch im Cup engagiert. Als Zuschauer finde ich die Entwicklung richtig. Die Regatten sprechen ein breiteres Publikum an und sind spektakulärer. Auch Laien können ihren Spass daran haben.

*Bernard Stamm bereitet sich mit seiner Diam 24 Cheminées Poujoulat auf die nächste Tour de France à la Voile vor.

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