Der Theatre-Style zum Finale der Segelwettbewerbe in den olympischen Klassen hat bei der Kieler Woche für das erhoffte Spektakel gesorgt. Kräftige Winde mit knackigen Böen sorgten auf den engen Kursen der Skiff-Segler nicht nur für zahlreiche Kenterungen, sondern auch für diverse Verschiebungen in den Ergebnissen aller Olympiaklassen. Die deutschen Asse wussten auf dem landnahen Kurs ihren Heimvorteil in den finalen Entscheidungen für sich zu nutzen und landeten sowohl bei den 49erFX-Frauen durch Tina Lutz/Susann Beucke (Bergen/Strande) als auch im Laser der Männer durch Philipp Buhl zwei Kieler-Woche-Siege in den Olympiaklassen. Dazu kommt auch noch der Erfolg von Heiko Kröger (Ammersbek), der sich bereits am Dienstag vorzeitig die Goldmedaille im paralympischen 2.4mR gesichert hatte.
Vor allem die Skiffs zeigten, welche Dramatik in dem neuen Format mit der finalen Entscheidung am letzten Tag inne wohnen kann. Das Finale der 49er-Klassen hatte dabei die Besonderheit, dass es in drei Rennen und nicht nur in einem Finale entschieden wurde. Und in diesen jeweils drei Rennen der Männer und Frauen mischte der Wind kräftig mit in der Entscheidung.
Victoria Jurczok/Anika Lorenz (Kiel) mussten dabei schmerzhaft erleben, dass die Top-Position aus der Hauptrunde kein Ruhekissen ist. Bei ihnen passte in den Finals nichts zusammen. Und so warfen sie die Plätze 8, 8, 7 noch aus den Medaillenrängen heraus und auf Rang vier zurück. Ganz anders war dagegen die Stimmungslage bei Lutz/Beucke. Die Zweiten der Hauptrunde zeigten sich auf den Punkt fokussiert und segelten mit den Rängen 1, 2, 2 noch zur Goldmedaille. „Wir sind eher die Angreifer als die Verteidiger. Daher war die Situation perfekt für uns. So sollte es sein, dass wir am Ende auf Platz eins stehen“, jubelte Tina Lutz. Bei aller Angriffslust fanden die beiden den perfekten Mittelweg bei den schwierigen Bedingungen: „Wir sind dabei durchaus auf Sicherheit gesegelt und haben den Gennaker auch mal rechtzeitig runter genommen“, erklärte Susann Beucke. Silber und Bronze ging an die beiden australischen Teams Olivia Price/Caitlin Elks sowie Tessa Parkinson/Chelsea Hall.
Für den Sprung ganz nach oben reichte es für die deutschen Skiff-Segler nicht. Erik Heil/Thomas Plößel (Kiel) waren ebenfalls von der Angriffsposition aus ins Rennen gegangen. Sie büßten aber gleich im ersten Rennen an der ersten Tonne ihre Chancen ein, als sie mit ihren deutschen Teamkollegen Justus Schmidt/Max Boehme (Kiel) in Clinch gerieten und schließlich kenterten. „Es war viel Wind mit kantigen Winddrehern. Die Crash-Situation war 100 Prozent unsere Schuld. Entschuldigung noch mal an Justus und Max. Danach haben wir nicht mehr in den Rhythmus gefunden und sind auch noch gekentert“, erklärte Heil.
In den Folgerennen lief es dann mit den Rängen 1 und 2 zwar wieder rund. Die Österreicher Nico Delle Karth/Nikolaus Resch ließen sich aber nicht mehr von dem Goldrang verdrängen. „Wir wollten natürlich gewinnen, aber im Stillen haben wir uns darauf geeinigt, uns zur Kieler Woche Stück für Stück zu steigern. Im letzen Jahr waren wir Dritter, jetzt sind wir Zweiter“, blickte Plößel schon mal mit viel Zuversicht auf das kommende Jahr.
Ein Traum ist mit dem Finale zur Kieler Woche für Philipp Buhl (Kiel) im Laser in Erfüllung gegangen. Während der Woche hatte er gesagt, dass er Robert Scheidt gern einmal in einer Regatta schlagen würde, mit der letzten Entscheidung ist ihm das gelungen. Unbeirrt fuhr der Dritte der Hauptrunde im Finale seinen Weg, fand den richtigen Kurs durch die Böen und Dreher und setzte sich schließlich souverän von der Konkurrenz ab, um nach dem Zieldurchgang nicht nur Platz eins beim Finale, sondern auch in der Gesamtwertung feiern zu können. „Ich bin megahappy. Das war genau mein Wind. Ich bin ja kein Freund dieses Modus‘. Zuletzt lief der gegen mich, daher lasse ich es mir auch jetzt nicht nehmen, mich zu freuen“, sagte Buhl. Robert Scheidt, der mit Platz zwei im Finale punktgleich mit Buhl war, musste sich mit dem Silberrang begnügen. Denn bei Punktgleichheit entscheidet die bessere Platzierung im Finale. Der Triumph über Scheidt fühlte sich für Buhl dennoch etwas schal an: „Robert ist über die Woche die beste Serie gefahren. Deshalb fühlt es sich eher wie ein Wettfahrtsieg und nicht wie ein Regattasieg an. Aber ich bin trotzdem stolz.“
Aus den Medaillenrängen herausgerutscht ist bei den Laser-Frauen noch Franziska Goltz (Kiel). Die Dritte der Hauptrunde musste im Finale allen fünf Konkurrentinnen den Vortritt lassen und sich schließlich mit Gesamtrang fünf begnügen. Souverän zog die Finnin Tuula Tenkanen an der Spitze ihre Bahnen. Platz eins in der Hauptrunde, Platz eins im Finale bedeutete: überlegener Sieg zur Kieler Woche.
Knapp an einer Medaille vorbeigefahren sind die 470er-Frauen Annina Wagner/Elisabeth Panuschka (Berlin/Kiel). Ihr zweiter Platz im Showdown reichte nur noch, um sich auf Platz vier zu verbessern. Für Sophie Weguelin/Eilidh McIntyre endete das Finale mit einem Happyend. Lange lagen die Britinnen im Laufe der Kieler Woche an der Spitze, fielen dann aber zurück und gingen als Vierte ins Finale. Der Sieg dort führte sie aber wieder zurück in die Top-Position.
Auch bei den 470er-Männer und den Finns wurde britisch gefeiert: Luke Patience/Joe Glanfield verteidigten die 470er-Gesamtführung gegen die im Finale erfolgreichen Teamkollegen Nick Rogers/Elliot Willis. Und bei den Finns hatte Mark Andrews unabhängig von irgendeiner Modus-Frage die Konkurrenz zu jeder Zeit im Griff.
Das galt indes nicht für die Nacra17: Die Australier Jason Waterhouse/Lisa Darmanin hatten die beste Serie, mussten sich aber schließlich hinter Iker Martinez/Tara Pacheco (Spanien) einreihen, die mit dem Finalsieg den Modus für sich nutzen konnten und Kieler Woche-Gold gewannen.
Ergebnisliste Olympischer Teil Kieler Woche Tag 5
2.4mR: (14) 1. Heiko KRÖGER (Ammersbek,1(3)1/1/1/1/1/1/2/1/1/1/1/1) Punkte 14; 2. Barend KOL (NED,2/1/5/2/3/6(8)5/8/4/2/2/4/2) 46; 3. Lasse KLÖTZING (Berlin,5(8)4/3/5/3/4/2/1/6/4/3/3/8)51; 4. Per AHRBOM (SWE,4/6/3/4/2/7/5(10)4/2/5/8/2/3)55; 5. Kevin CANTIN (FRA ,3/2/6/5/4/9(14)7/5/7/6/6/6/4)70; 6. Henrik Johnsson (SWE,(24)5/2/6/6/5/2/3/10/3/3/4/24/24)97;
49er: (Medal Race) 1. Nico Luca Marc DELLE KARTH / Nikolaus Leopold RESCH (AUT,3/2/3/1) Punkte 9; 2. Erik HEIL / Thomas PLÖßEL (Kiel,6/8/1/2)17; 3. Pavle KOSTOV / Petar CUPAC (CRO,9/7/2/4)22; 4. Will PHILLIPS / Rhys MARA (AUS,12/1/8/5)26; 5. Justus SCHMIDT / Max BOEHME (Kiel,15/5/4/8)32; 6. Lukasz PRZYBYTEK / Pawel KOLODZINSKI (POL,21/3/5/7)36; 7. Ryan SEATON / Matthew MCGOVERN (IRL,18/6/6/6)36; 8. Carl P SYLVAN / Otto HAMEL (SWE,24/4/7/3)38;
49er FX: (Medal Race) 1. Tina LUTZ / Susann BEUCKE (Bergen,6/1/2/2) Punkte 11; 2. Olivia PRICE / Caitlin ELKS (AUS,12/7/3/1)23; 3. Tessa PARKINSON / Chelsea HALL (AUS,9/5/4/8)26; 4. Victoria JURCZOK / Anika LORENZ (Kiel,3/8/8/7)26; 5. Haylee OUTTERIDGE / Nina CURTIS (AUS,18/2/1/6)27; 6. Leonie MEYER / Hahlbrock Maren (Kiel,15/3/6/3)27; 7. Maria CANTERO / Ana HERNANDEZ (ESP,21/4/5/4)34; 8. Jule GÖRGE / Lotta GÖRGE (Kiel,24/6/7/5)42;
Nacra 17: (Medal Race) 1. Iker MARTINEZ / Tara PACHECO (ESP,2/1) Punkte 3; 2. Jason WATERHOUSE / Lisa DARMANIN (AUS,1/2)3; 3. Thomas ZAJAC / Tanja Chiara FRANK (AUT,3/4)7; 4. Tim SHUWALOW / Hanna KLINGA (SWE,6/3)9; 5. Matias BÜHLER / Brugger Nathalie (ESP,5/5)10; 6. Gemma JONES / Jason SAUNDERS (NZL,4/6)10;
Finn: (Medal Race) 1. Andrews Mark (GBR,1/1) Punkte 2; 2. Deniss KARPAK (EST,3/3)6; 3. Piotr KULA (POL,2/4)6; 4. Tomas VIKA (CZE,6/2)8; 5. Andrew MILLS (GBR,4/5)9; 6. Greg DOUGLAS (CAN,5/6)11;
470 M: (Medal Race) 1. Luke PATIENCE / Joe GLANFIELD (GBR,1/2) Punkte 3; 2. Nick ROGERS / Elliot WILLIS (GBR,4/1)5; 3. Matthias SCHMID / Florian REICHSTÄDTER (AUT,3/3)6; 4. Anton DAHLBERG / Fredrik BERGSTRÖM (SWE,2/4)6; 5. Liangdao WENG / Qiaowen LIN (CHN,5/5)10; 6. Hugo FEYDIT / Charlie AGENAU (FRA,6/6)12;
470 W: (Medal Race) 1. Sophie WEGUELIN / Eilidh MCINTYRE (GBR,4/1) Punkte 5; 2. Afrodite KYRANAKOU / Anneloes van VEEN (NED,2/3)5; 3. Lara VADLAU / Jolanta OGAR (AUT,1/4)5; 4. Annina WAGNER / Elisabeth PANUSCHKA (GER,6/2)8; 5. Agnieszka SKRZYPULEC / Natalia WOJCIK (POL,3/6)9; 6. Anna BURNET / Flora STEWART (GBR,5/5)10;
Laser Standard: (Medal Race) 1. Philipp BUHL (Sonthofen,3/1) Punkte 4; 2. Robert SCHEIDT (BRA,2/2)4; 3. Jesper STÅLHEIM (DEN,1/5)6; 4. Ashley James BRUNNING (AUS,4/3)7; 5. Karl-Martin RAMMO (EST,5/4)9; 6. Bruno FONTES (BRA,6/6)12;
Laser Radial: (Medal Race) 1. Tuula TENKANEN (FIN,1/1) Punkte 2; 2. Paige RAILEY (USA,2/3)5; 3. Josefin OLSSON (SWE,5/2)7; 4. Drozdovskaya Tatiana (BLR,4/4)8; 5. Franziska GOLTZ (Kiel,3/6)9; 6. Viktorija ANDRULYTE (LTU,6/5)11;