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Christian “Blumi” Scherrer

von Quentin Mayerat

Christian Scherrer, weshalb hast du bei +39 unterschrieben, einem italienischen Syndikat, das unter der Flagge vom Circolo Vela Gargnano beim 32. America’s Cup antreten wird?
Ich war im vergangenen Winter mit verschiedenen Challengern für den kommenden America’s Cup in Verhandlung. Schliesslich hat mir +39 das beste und interessanteste Angebot gemacht, da habe ich gerne zugesagt.

Weshalb ein America’s Cup und nicht eine Around Alone oder eine Vendée Globe?
Ich bin ein Team-Sportler. Das gute Zusammenspiel der Mannschaft ist gerade im Segelsport eine besondere Herausforderung. Somit sind die verschiedenen Einhandregatten, mindestens momentan, kein Thema für mich. Das Volvo Ocean Race (ehem. Whitbread Round the World Race) hingegen, welches diesen Oktober in Galizien startet, interessierte mich ebenfalls. So war ich bis zum Abschluss der Verhandlungen mit +39 auch mit Brasil One im Gespräch. Schliesslich habe ich mich dann für den Cup entschieden. Dort bringe ich ja auch viel Erfahrung mit. Zudem ist die Chance, den Cup hier in Europa segeln zu können, echt einmalig und das will ich mir nicht entgehen lassen.

Bei Alinghi warst du voll integriert, konntest mitentscheiden, aber schliesslich nicht mitsegeln. Wird das bei +39 ähnlich sein oder bist du 2007 sicher an Bord?
Bei Alinghi wurde ich 2001 von Russell Coutts als Segler für die zweite Mannschaft unter Vertrag genommen und konnte dann im Louis Vuitton Cup doch bei einigen Regatten mitsegeln. Bei +39 bin ich im ersten Team unter Vertrag, somit stehen meine Chancen gut. Das heisst aber noch lange nicht, dass ich auch alle Regatten segeln werde. Eine Garantie auf einen Platz an Bord gibt es nie.

Was wird deine Aufgabe im Team sein?
An Bord arbeite ich als Genuatrimmer, an Land kümmere ich mich als Segelkoordinator in Zusammenarbeit mit Juan Garay, unserem Designer von North Sails Argentinien, um das Segelprogramm bzw. die Segelentwicklung. Mit Juan habe ich bereits vor +39 an verschiedenen Projekten gearbeitet. Unsere Zusammenarbeit funktioniert sehr gut und macht Spass. Dies war auch mit ein Grund, bei +39 anzuheuern.

Das Team +39 setzt sich hauptsächlich aus WM- und Olympiamedaillengewinnern zusammen: Luca Devoti (Olympia-Silber im Finn), Iain Percy (Olympia-Gold im Finn), den Franzosen Xavier Rohart und Pascal Rambeau (WM-Gold im Starboot), dem Spanier Rafael Trujillo (WM-Silber im Finn) und dem Briten Andrew Simpson (WMBronze im Finn). Wie passt du ins Bild?
Neben den erwähnten Olympia-Cracks haben wir auch eine ganze Truppe von Cupveteranen im Team. Das sind hauptsächlich Segler, die den letzten Cup bei Prada gesegelt haben, darunter Massimo Galli, der seinen ersten Cup mit Italia in Fremantle bestritt, und +39-Spi-Trimmer Stefano Rizzi, mein Gegenüber, der den Louis Vuitton Cup im Jahr 2000 mit Luna Rossa gewann. Die Olympiasegler bringen neuen Wind ins Team und wir Cupsegler die Erfahrung. Das gibt eine gute Mischung.

Du bist mit Pierre Fehlmann um die Welt gesegelt, hast mit den Australiern, FAST 2000 und Alinghi je einen America’s Cup bestritten. Was ist bei +39 speziell oder anders?
Es gibt keine grossen Unterschiede zwischen den Teams, schliesslich geht es ja immer um ein und dasselbe Ziel, nämlich darum, ein Boot bzw. ein Team schnell zu machen und damit Regatten zu gewinnen. Was sich jeweils ändert, ist natürlich die Mentalität der Truppe. Bei den Italienern von +39 wird der Cup-Challenge mit einem kräftigen Stück “Italianità” angegangen. So funktionierte beim Aufbau unserer Basis in Valencia im Container Nr. 5 als erstes die Espresso-Machine (lacht). Nichtsdestotrotz wird gut und hart gearbeitet. Wir sind uns alle bewusst, dass wir und als junges Team besonders anstrengen müssen, um kompetitiv zu sein.

Wie beurteilst du die Chance, dass +39 bis ins Finale kommt?
Gegen “Heavyweights”, wie Prada, BMW Oracle Racing und Emirates Team New Zealand, die ein zwei- bis dreimal so grosses Budget wie wir haben und bereits den zweiten oder dritten Cup bestreiten, werden wir es schwer haben. Eine Qualifikation fürs Halbfinale ist für unser Team aber durchaus realistisch. Der Weg bis zum Cup 2007 ist noch lang und wir stehen mit unserem Team am Anfang. Wir freuen uns auf die Herausforderung und wollen besonders an den Vorregatten viel lernen. Wir sind aber bestimmt auch für die eine oder andere Überraschung gut.

Du bist auch in der Schweiz ein gefragter Mann, insbesondere in der Match Race Szene. Heuer organisierst du das dritte St. Moritz Match Race, ein Grade 1 Event. Was bringt der Engadiner Anlass den Schweizer Seglern?
Mit dem St. Moritz Match Race bringen wir die weltbesten Segler in die einmalige Segelarena auf dem St. Moritzersee. Das ist Segeln auf dem höchsten Niveau – zum Anfassen und Miterleben. Zudem geben wir mit dem St. Moritz Match Race zwei Schweizer Teams die Möglichkeit, sich mit den Besten zu messen und sich auch ihr erstes Preisgeld zu verdienen.

Es wurde schon vor zehn Jahren versucht, eine Match Race Szene aufzubauen – ohne Erfolg. Jetzt kommt die UBS Alinghi Swiss Tour. Sind die Schweizer jetzt reif fürs Schachspiel auf dem Wasser?
Seit unserem Sieg mit Alinghi ist in der Schweizer Segelszene einiges passiert. Die UBS Alinghi Swiss Tour ist für die Schweizer Segler eine tolle Plattform. Die Resultate vom ersten Wochenende in Zürich sprechen ja wohl für sich und das freut mich ganz besonders.

Welchen Traum möchtest du dir noch erfüllen?
Momentan läuft’s eigentlich ganz gut (schmunzelt). Gerade nach meiner Schulteroperation letzten Herbst und einem langen Winter in der Schweiz tut es gut, wieder auf dem Wasser zu sein. Der kommende Cup und das St. Moritz Match Race sind zur Zeit die grossen Ziele für mich. Es wäre toll noch einmal die Herausforderung einer Weltumsegelung oder eine Teilnahme an den Olympischen Spielen anzugehen, aber jetzt steht erst mal Valencia 2007 im Vordergrund.

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