Acht Zweihandteams waren am 31. Dezember 2014 in Barcelona gestartet. Vor ihnen lagen 24’000 Seemeilen oder 44’000 Kilometer und drei Kaps: das Kap der Guten Hoffnung, das Kap Leeuwin und das Kap Hoorn. Dem schweizerisch-französischen Duo Stamm/Le Cam gelang ein wirklich aussergewöhnliches Rennen. Die beiden übernahmen am 15. Februar die Spitze und wurden auch nicht mehr eingeholt. Da den Seglern in dieser Position die Anhaltspunkte fehlen, gilt sie als besonders schwierig. Gleichzeitig liegt die Vermutung nahe, dass es eventuell ein wenig frustrierend sein könnte, allein auf weiter Flur zu segeln und von keinem Gegenspieler ernsthaft gefordert zu werden. Bernard Stamm verneint: „Ich denke, dass es vor allem für die Zuschauer frustrierend war. Wir waren voll und ganz damit beschäftigt, den Vorsprung auf unsere Verfolger zu vergrössern“, sagte er uns per Bordtelefon.
Doch kommen wir zurück auf den 23. Dezember 2013. Am Vorweihnachtstag wurden der Waadtländer und sein Mitsegler Damien Guillou während der Überführung der 60-Fuss-Jacht Cheminées Poujoulat vom Orkantief Dirk überrascht. Das Boot brach auseinander und die beiden Schiffbrüchigen konnten in letzter Sekunde in einer dramatischen Rettungsaktion gerettet werden. Der Waadtländer brauchte sechs Monate, um sich zu erholen. Er erzählt, was damals genau passiert ist: „Eine Bergung auf hoher See ist immer kompliziert. Es herrschte hoher Wellengang und als ich das Boot verlassen wollte, wurde es von einer Welle zurückgedrängt und prallte voll gegen meinen Brustkorb. Meine Rippen zerbrachen wie Streichhölzer und auch das Brustbein bekam ganz schön etwas ab.“
Sie haben schon mehrmals wiederholt, dass Sie in erster Linie das Meer lieben und Hochseeregatten zweitrangig seien. Hat sich Ihre Einstellung nach dem, was Ihnen widerfahren ist, geändert?
Die Kenterung hat darauf keinen Einfluss. Ich habe das Meer noch immer im Blut, obwohl es nicht unser natürliches Umfeld ist. Dort draussen werden wir toleriert. Die hohe See gehört den Walen, nicht den Menschen. Ich hatte aber das Bedürfnis zu klären, ob mir beim Segeln ein Fehler unterlaufen ist oder ich eine falsche Wahl getroffen hatte. Nach gründlicher Überlegung bin ich zum Schluss gekommen, dass ich nichts falsch gemacht habe. Also gab es auch keinen Grund, nicht wieder hinauszufahren.
Sie bestreiten diese Weltumsegelung zu zweit. Führt man ein Boot zweihand anders als einhand?
Egal, ob man allein oder zu zweit segelt, man gibt ständig alles. Die Boote haben Zielgeschwindigkeiten. Wenn man sie nicht erreicht, segelt man den anderen hinterher. Was sich ändert, sind vor allem die Manöver. Zu zweit gehen sie einfacher von der Hand. Man geht sanfter mit dem Boot um, weil man vier Arme und vor allem zwei Köpfe hat.
Vor dem Kap Hoorn sagte uns Jean Le Cam, er sei überrascht, ständig am Limit zu segeln. Sie haben scheinbar die ganze Zeit Gas gegeben. War das angesichts Ihres grossen Vorsprungs vernünftig?
Wir sind immer vorsichtig gesegelt oder haben es zumindest versucht. Die Jachten sind sehr kraftvoll und mit Wind sehr schnell. Bei rauer See muss man sie manchmal sogar bremsen. Das ist uns im Süden ein paar Mal passiert und das ist nie ganz einfach. Wir haben zudem versucht, den Wind bestmöglich zu nutzen und da wir im Süden mehr Wind hatten als unsere nächsten Konkurrenten, ging es zuweilen doch ziemlich hektisch zu.
Sind Sie seglerisch und in Bezug auf Ihre Zusammenarbeit mit Jean zufrieden mit dieser Regatta?
Ich hatte angesichts des Wetters während der Vorbereitung der neuen Cheminées Poujoulat (Anm.d.Red.: die ehemalige Foncia von Desjoyeaux und ehemalige Mare von Riechers) mit Schwierigkeiten gerechnet und die sind auch nicht ausgeblieben. Wir hatten mit ziemlichen vielen Problemen zu kämpfen, konnten sie aber alle auf dem Meer lösen – manchmal mit Mühe, aber immer mit Erfolg. Jean und ich kennen uns mit allen möglichen Bootsarbeiten aus. Mit einem sportlicheren, aber technisch weniger versierten Segler wäre es anders gelaufen. Davon abgesehen haben wir beide aus den gleichen Beweggründen teilgenommen: Wir wollten regattieren und möglichst gut abschneiden. Unser Ziel war es, in jeder Situation das Beste aus dem Boot herauszuholen. Dabei haben wir uns abgewechselt und jeder hat seinen Platz gefunden. Die Stimmung an Bord war immer gut.
Sie haben gesagt, die hohe See gehöre den Walen. Haben Sie welche gesehen?
Vor der Ausfahrt aus dem Mittelmeer, ganz am Anfang des Rennens, haben wir einen Wal blasen sehen. Bei der Einfahrt ins Südpolarmeer haben wir eine Gruppe aus vier Pottwalen hochgeschreckt. Sie sind gemütlich nebeneinander hergeschwommen und abgetaucht, als sie uns bemerkten. Im Süden ist der Wellengang zu stark und wir zu nah am Wasser, um die Umgebung richtig wahrnehmen zu können. Vögel haben uns aber von Anfang bis Ende begleitet.