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FRANCIS JOYON, Outsider der Jules Verne Trophy

von Quentin Mayerat

Mit 59 Jahren startet der schnellste Solo-Weltumsegler der Welt einen Angriff auf den Geschwindigkeitsrekord im Team. Zusammen mit dem Schweizer Bernard Stamm und vier weiteren erfahrenen Seglern will Francis Joyon die aktuelle Bestmarke der Jules Vernes Trophy knacken. Trotz seines übervollen Terminkalenders so kurz vor dem Start hat er sich die Zeit genommen, uns ein paar Fragen zu beantworten. Das Interview weckt Hoffnungen auf ein Remake von David gegen Goliath südlich der drei Kaps.

Francis Joyon, Sie halten so ziemlich alle Solo-Hochseerekorde: den Atlantikrekord, den Weltumsegelungsrekord und den 24-Stunden-Rekord. Was veranlasst Sie dazu, sich im Team auf Rekordjagd zu machen? 

Es hat sich einfach so ergeben. Im Sommer habe ich erfahren, dass der Trimaran im September zur Verfügung steht. Daraufhin habe ich meinem Partner vorgeschlagen, mich bei der Jules Vernes Trophy zu unterstützen und er hat zugesagt. Wir haben uns um die Finanzierung gekümmert, für die ich mein altes Boot verkaufen musste, und dann ging alles sehr schnell. Jetzt können wir uns unter guten Voraussetzungen an den Rekord wagen. Obwohl das Boot knapp zehn Jahre alt ist, bin ich überzeugt, dass eine neue Bestzeit möglich ist.

Wie haben Sie Ihre Leute in so kurzer Zeit rekrutiert? Sie machen den Eindruck einer Kommandotruppe… 

Wir segeln zu sechst, sind also ein kleines Team. Dadurch war das Casting einfacher als mit elf Personen. Man muss wissen, dass der Katamaran für Einhandregatten neu konfiguriert wurde und deshalb auch von einem kleinen Team gut gesegelt werden kann. Ich habe bei der Wahl der Crewmitglieder darauf geachtet, dass ihr Profil zu den Eigenheiten des Bootes passt. Ausserdem mussten die Wunschkandidaten abkömmlich und selbstständig sein. Das Team besteht aus lauter Einhand-Skippern, die es gewohnt sind, Entscheidungen zu treffen, zu navigieren, zu steuern und zu trimmen. Und sie kommen aus vier verschiedenen Ländern. Auch das ist sehr bereichernd.

Wie waren Ihre ersten Segelerfahrungen im Team? 

Wir hatten nur wenig Gelegenheit, zusammen zu segeln, da alles sehr schnell ging. Ich würde aber behaupten, dass es passt. Wir verstehen uns gut und alles funktioniert. Natürlich müssen wir uns noch besser kennenlernen. Bei einer so kleinen Mannschaft ist das aber relativ einfach. Hier liegt definitiv eine unserer Stärken.

Unser Landsmann Bernard Stamm gehört auch dazu. 

Was können Sie uns über ihn sagen? 

Er kennt sich mit Mehrrümpfern sehr gut aus. 2005 ist er die Jules Vernes auf der Orange II gesegelt. Er bringt enorm viel Hochseeerfahrung mit, die er auf mehreren Weltumsegelungen gesammelt hat. Auch leistungsmäs-sig ist er top. Er gibt nie auf und verlangt dem Boot immer das Beste ab. Solche Männer brauchen wir, wenn das Projekt Erfolg haben soll.

Sie haben den 31 Jahre jungen Gwenolé Gahinet angeheuert. 

Er hat noch nie an einer Weltumsegelung teilgenommen. 

Ich wollte erfahrene und motivierte Segler und Gwenolé erfüllt diese Kriterien. Trotz seines jungen Alters und der Tatsache, dass er als einziges Crewmitglied noch keine Weltumrundung vorweisen kann, ist er schon sehr viel gesegelt, unter anderem an der Mini Transat, der AG2R und der Figaro. Zudem ist er, wie alle anderen übrigens auch, ein hervorragender Regatteur, hochmotiviert, hat das richtige Profil und somit auch seinen Platz an Bord.

„ Auf mich wirkt die Situation motivierend. Ich bin gerne der Zwerg. “

Sie sind gleichzeitig wie die Spindrift II im Stand-by-Modus für die Jules Verne Trophy. Wie fühlen Sie sich neben diesem Mega-Rennstall?

Unsere Strukturen lassen sich tatsächlich nicht miteinander vergleichen. Wir verfügen über ein deutlich kleineres Budget und auch über ein kleineres Team. Auf mich wirkt diese Situation aber motivierend. Ich bin gerne der Zwerg. Ich glaube nicht, dass ich mich wohl fühlen würde und mich genauso motivieren könnte, wenn ich eine grosse Gruppe mit grossen finanziellen Mitteln im Rücken hätte. IDEC ist ein KMU. Es unterstützt mich seit zehn Jahren so gut es kann und entscheidet bei jedem Projekt aufs Neue. Gemeinsam konnten wir schon viele Erfolge feiern. Ich habe Spindrift II gegenüber keine Komplexe. Unser Boot ist schnell, einfach, leicht zu bedienen und erreicht Durchschnittsgeschwindigkeiten von 40 Knoten. Wir haben durchaus Chancen.

Da das Wetterfenster den Start bestimmt, ist es sehr gut möglich, dass Sie gleichzeitig aufbrechen. Würde diese Konfiguration an Ihrer Taktik etwas ändern? 

Nein, eigentlich nicht. Auf einem Mehrrümpfer kümmert man sich während des Rennens nicht um die Gegner. Es wird keine Raumdeckung betrieben, denn die Boote sind alle verschieden und je nach Bedingungen unterschiedlich schnell. Man muss in erster Linie versuchen, einen für das Boot optimalen Kurs zu finden und zu halten und sollte sich nicht von anderen Booten beeinflussen lassen.

Was halten Sie von der Ultime-Klasse und ihrer rasanten Entwicklung in den letzten Jahren?

Ich befürworte alles, was kleine Budgets begünstigt. Vor einigen Jahren wurde die frenetische Aufrüstung der ORMA-Jachten zwar gebremst, die Kosten sind aber nicht gesunken. Die MOD 70 hatten nicht den erhofften Erfolg und jetzt haben wir diese Ultime-Klasse, die langsam Struktur bekommt. Meine Vision der Chancengleichheit deckt sich also nicht mit der Realität. Aber die Ultime haben alle unterschiedliche Geschichten. Sie wechseln den Besitzer, werden neu konfiguriert und sind eigentlich gar nicht mal so teuer. Alles, was zählt, ist, dass die Boote segeln und sich packende Kämpfe liefern.

Es sieht ganz so aus, als ob die Ultime im Jahr 2019 eine Einhand-Weltumsegelungsregatta ab Brest planen. Werden Sie dabei sein?

Ich hatte 2017 im Kopf, was nicht in allzu ferner Zukunft liegt und ein Ziel sein könnte. 2019 wäre sowohl für mich als auch für meinen Sponsor zu weit entfernt. Wir planen nicht so langfristig. Ich kann mich deshalb nicht dazu äussern.

skippers.ch TRIMARAN Francis Joyon

DIESER RIESENTRIMARAN, DER FRÜHER UNTER DEM NAMEN GROUPAMA III UND BANQUE POPULAIRE VII SEGELTE, HIELT VON 2010 BIS 2012 DIE JULES VERNE TROPHY UND GEWANN DIE BEIDEN LETZTEN AUSGABEN DER ROUTE DU RHUM. ER WURDE SPEZIELL FÜR HOCHSEEREKORDE KONZIPIERT. BEI FRANCIS JOYON IST DER KRAFTVOLLE BOLIDE IN GUTEN HÄNDEN.

Das Rekordboot

Cammas hatte im Jahr 2010 auf dem gleichen Boot, der ehemaligen Groupama III, in 48 Tagen und 7 Stunden einen neuen Weltumsegelungsrekord aufgestellt. Zum elfköpfigen Team gehörte damals auch Stève Ravussin. Anschliessend gewannen Franck Cammas und Loïck Peyron auf der Groupama III mit verkleinertem Rigg die Route du Rhum. Die aktuelle Bestzeit der Jules Verne Trophy liegt bei 45 Tagen und 13 Sekunden. Sie geht auf das Konto von Banque Populaire V (heute Spindrift II).

Joyon im Team

Francis Joyon hält seit 2008 den Rekord für die schnellste Einhand-Weltumsegelung. Mit 57 Tagen und 13 Stunden hatte er die damalige Bestmarke von Ellen Mac Arthur von 71 Tagen und 14 Minuten regelrecht pulverisiert. Auf der IDEC segelt er mit Bernard Stamm (SUI), 51 Jahre, Gwenolé Gahinet (FRA), 31 Jahre, Alex Pella (ESP), 42 Jahre, Boris Herrmann (GER), 34 Jahre und Clément Surtel (FRA), 36 Jahre. Roland Jourdain (FRA), 51 Jahre, ist Ersatzmann, falls ein Teammitglied kurzfristig ausfallen sollte. Marcel Van Triest (NED), 51 Jahre, ist Router an Land.

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