Der Lausanner Unternehmer hat der Geschäftswelt und den Schiffen den Rücken gekehrt, um mit seinerStiftung die Weltmeere zu retten.
Race for Water hat eine neue Dimension erreicht. Würden Sie diese Aussage unterschreiben?
Ja. Eigentlich traf das bereits 2017 zu, als wir mit dem ehemaligen PlanetSolar zur zweiten Expedition gestartet sind. Der Katamaran wurde so optimiert, dass er dank erneuerbarer Energien autark ist. Wir nutzen neben der Sonnenauch die Wind- und Wasserenergie. Ein selbststeuernder Kiteschirm erhöht die Geschwindigkeit und die Reichweite. Ausserdem wird Salzwasser aus dem Meer gepumpt. Der daraus gewonnene Wasserstoff wird in Energie umgewandelt und verlängert die Fahrtdauer um zusätzliche fünf bis sechs Tage. Diese weltweit einzigartige Plattform stösst in allen Ländern auf grosses Interesse. Dadurch können wir die einheimischen Bevölkerungen für die Problematik der Meeresverschmutzung sensibilisieren. Bei unserer ersten Expedition wurde uns bewusst, dass die Meere bereits voller Mikroplastik sind und sich nicht säubern lassen. Wir müssen die Lösung an Land suchen und dafür sorgen, dass der Plastikmüll gar nicht erst ins Meer gelangt.
Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Wie unsere Erfahrung zeigt, gibt es bereits technologische Lösungen für einen Energiewandel, sie müssten aber auf der ganzen Welt umgesetzt werden. Mit Race for Water verfolgen wir drei strategische Ziele. Wir nennen sie Learn, Share und Act. „Learn“ beruht auf wissenschaftlicher Forschung. Wir nehmen Wissenschaftler an Bord, die Proben von Mikropartikeln auf verschiedene Aspekte wie zum Beispiel auf Plankton untersuchen. Unser Planet ist auf Phytoplankton angewiesen, denn er produziert die Hälfte des Sauerstoffs. Phytoplankton nimmt aber täglich Mikropartikel auf und niemand kennt die Folgen für die Sauerstoffproduktion. Da unsere Meere über die Hälfte der Weltbevölkerung ernähren, entnehmen wir Proben von Fischen, die Plastik verschluckt haben, da wir nichts über die Auswirkungen auf ihr Gewebe wissen. Im Rahmen des Schwerpunkts „Share“ wollen wir das Bewusstsein der Entscheidungsträger und der Bevölkerung für die Bedeutung der Ozeane schärfen und sie für die Konsequenzen der Wasserverschmutzung sensibilisieren. 80 Prozent ist Plastikabfall und 25 Prozent aller Fische haben bereits Mikropartikel im Körper. Wenn wir nichts unternehmen, wird 2050 mehr Plastik als Fische in den Ozeanen schwimmen. Die Lage ist kritisch. Unser drittes Ziel „Act“ besteht darin, das Problem an der Quelle anzupacken. Angesichts der riesigen Abfallmengen in den Meeren ist eine Säuberung illusorisch, weshalb der Plastikmüll gar nicht erst ins Meer gelangen darf. Wir müssen vorher aktiv werden, zum Beispiel, indem wir den Abfall aufwerten. Für uns Menschen ist Müll wertlos, daher werfen wir ihn auch weg. Er wird aber aus Erdöl hergestellt und besitzt einen Brennwert. Wenn wir nachweisen, dass Abfall in Energie verwandelt werden kann, lassen sich daraus wirtschaftlich tragfähige Modelle entwickeln.
Wie sieht das Programm dieser fünfjährigen Expedition aus?
Die Trilogie „Learn-Share-Act“ wird in einer Weltumrundung in 35 Etappen umgesetzt. Jeder Etappenhalt hat eine besondere Bedeutung. Einige sind erschreckende Beispiele für die von uns angegangenen Probleme, andere haben eine starke Medienwirkung wie die Olympischen Spiele in Tokio oder die Weltausstellung in Dubai. Ein Grossteil der Meeresverschmutzung wird in den Küstenstädten verursacht. Dort lebt heute die Hälfte der Weltbevölkerung. 2025 werden es vermutlich 75 Prozent sein. Leider ist dort die Abfallverwertung meist mangelhaft und ein Grossteil des Mülls landet im Wasser, so auch in Lima, wo unser Boot im April stationiert war und wo sich die Schildkröten fortpflanzen.
Was haben die Forschungen und Veranstaltungen auf dem Schiff konkret gebracht?
Letztes Jahr hatten wir insgesamt 1400 Kinder zwischen 8 und 15 Jahren an Bord. Dabei kommt es zu wunderbaren Begegnungen, denn die Kinder sind sehr aufmerksam. Zu Hause erzählen sie, was sie gelernt und gesehen haben und klären so ihre Eltern auf. Wir treffen uns zudem mit Behörden wie Stadtverwaltungen oder Umweltministerien, um für ihre Regionen gemeinsam Projekte für die Abfallverwertung an Land zu erarbeiten. Ausserdem berichten viele Industrielle und andere Privatleute an unseren Workshops über ihre Sicht der Dinge.
Welche Mittel stehen der Stiftung zur Verfügung?
Von 2010 bis 2017 kam der Präsident für 80 Prozent der Kosten auf. Dieses Jahr tragen Gönner und Sponsoren wie Breguet zwei Drittel der Kosten. Ich hoffe, dass wir ein finanzielles Gleichgewicht erreichen.
Engagiert sich die Regattagemeinschaft Ihrer Meinung nach genug für den Schutz der Meere?
Ich bin ehrlich gesagt ziemlich frustriert, denn die Segler und die Segelclubs sind sehr passiv, obwohl sie doch eigentlich am stärksten betroffen sind. Sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene könnte jeder Club Aufklärungsprogramme für Mitglieder und Kinder anbieten, Strandsäuberungsaktionen im Rahmen einer pragmatischen Sensibilisierung organisieren oder grössere Projekte zur Verwertung von Plastik unterstützen. Die Taucherszene ist hier schon ein ganzes Stück weiter.
Was nehmen Sie von Ihrer Erfahrung mit den MOD70 mit?
Persönlich war es ein aussergewöhnliches Abenteuer mit vielen tollen Begegnungen, die mir Einblick in die Welt der Offshore-Regattaszene verschafft haben. Den Segler ins Zentrum zu stellen und das gleiche Boot für alle zu entwickeln war sehr interessant, aber leider hat uns die Finanzkrise in Europa von 2011/12 voll erwischt, sodass wir Mühe hatten, Sponsoren zu finden, um eine Meisterschaft aufzubauen. Die Profis waren von der Qualität der Mehrrümpfer überzeugt, aber wir konnten die finanziellen Mittel nicht aufbringen, um die Serie am Leben zu erhalten.