Sie sind seit 24. Juni neuer Swiss-Sailing-Präsident. Welches waren Ihre Prioritäten für diesen Sommer?
Zunächst haben wir uns mit dem Swiss Sailing Team (SST) befasst. Unsere Organisation für den Leistungssport soll eine neue Strategie erhalten und in Ruhe arbeiten können. Dazu hat der Verband sämtliche Aktien unter die Kontrolle von Swiss Sailing gebracht und ist nun alleiniger Aktionär. Thomas von Gunten ist als Verwaltungsratspräsident zurückgetreten und wir haben einen neuen Verwaltungsrat eingesetzt, dem erneut Alex Schneiter vorsteht. Er hat sich bereit erklärt, dieses Amt für mindestens ein Jahr zu übernehmen, damit wir genügend Zeit haben, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Ausserdem konnten wir Mikael Wallenberg ins Boot holen und haben Alberto Casco aus dem Zentralvorstand delegiert. Beryl Pieper De Maria bleibt dem Board erhalten. An unserer Sitzung vom 23. August haben wir eine neue Strategie für die SST verabschiedet und den Zusammenarbeitsvertrag zwischen der SST und dem Verband genehmigt. Parallel dazu haben wir unter der Federführung von ZV-Mitglied Christoph Caviezel das bisher fehlende Organisationsreglement ausgearbeitet, das an der GV vom 11. November präsentiert wird. Unser Vizepräsident Olivier Baudet hat die langfristige finanzielle Situation des Verbands analysiert und im Hinblick auf die GV mehrere Budgetszenarien erstellt. Wir wollen für die kommenden zwei, drei Jahre einen festen Mitgliederbeitrag festlegen, damit wir nicht an jeder GV erneut darüber diskutieren müssen. Schliesslich hat unser Vizepräsident Marc Oliver Knöpfel, der für die internationalen Beziehungen zuständig ist, erste Kontakte mit World Sailing und Eurosaf geknüpft, um unserer Stimme Gehör zu verschaffen.
Sie wollen nach eigenen Worten den Dialog zwischen den Mitgliedern und der Führung verstärken. Wie wollen Sie dazu vorgehen?
Ich habe die Mitglieder des Zentralvorstands ermutigt, den Dialog informell und spontan zu etablieren, indem sie die Clubs und Klassen bei jeder Gelegenheit wie Clubjubiläen oder Sportanlässen besuchen. Wir möchten möglichst viele Präsidenten treffen, um das direkte Gespräch zu suchen. Einige bitten uns auch von sich aus darum. An den zentralisierten Juniorenmeisterschaften in Ascona waren wir zum Beispiel fast alle vor Ort. Wir haben Aufgaben in der Organisation wahrgenommen, waren aber auch zu Kommunikationszwecken dort. Wie das Tessin den Segelsport fördert, ist übrigens eindrücklich. Auf diese Weise lernen wir einander besser kennen und verstehen, was bei formelleren Angelegenheiten und Sitzungen, zu denen alle Mitglieder, einschliesslich der Cruising Club Schweiz, eingeladen sind, nur hilfreich sein kann.
Warum wurde der Zentralvorstand von elf auf sieben Mitglieder reduziert?
auf sieben Mitglieder reduziert? Diese Straffung wurde vor zwei Jahren von einer Arbeitsgruppe vorgeschlagen. Sie soll die Entscheidungsprozesse im Zentralvorstand beschleunigen und dafür sorgen, dass die Positionen mit Personen besetzt werden, die über die geeignete Erfahrung verfügen und die entsprechenden Kompetenzen mitbringen. Ausserdem ist ein kleinerer Vorstand einfacher zu führen. Wir haben diese Empfehlungen daher umgesetzt. Der Zentralvorstand bleibt aber ein strategisches Gremium, das die Leitlinien für die Geschäftsleitung vorgibt und sie bei den operativen Geschäften begleitet.
„Manchmal gibt die Romandie den Kurs vor, manchmal die Deutschschweiz, aber ich glaube, das ist eher eine Frage der Einstellung als der Herkunft.“
Die Stimmanteile im Verband sollen von der Clubgrösse abhängig gemacht werden. Wie wollen Sie die Zustimmung der Clubs für dieses Anliegen gewinnen?
Auch das ist ein Grund, warum wir uns möglichst oft informell mit den Clubverantwortlichen treffen wollen. Denn so können wir ihnen am besten erläutern, worum es uns dabei geht. Den grössten Clubs, die in der Schweizer Segelszene viel bewirken, nicht zusätzliche Stimmrechte zu gewähren, scheint uns schwierig. Vor allem in der Westschweiz, in der zwei Drittel der grössten Clubs beheimatet sind, ist die Verteilung der Stimmrechte ein sehr heikles Thema. Ich stehe voll hinter diesem Anliegen, denn in der Romandie ist der Segelsport am dynamischsten.
Ist der Röstigraben zwischen der deutsch- und der französischsprachigen Schweiz im Segelsport nicht grösser geworden?
Es ist uns ein grosses Anliegen, ihn zu schliessen. Aber wir dürfen uns nichts vormachen: Der Röstigraben wird wohl immer ein Teil unserer Kultur sein. Das hängt mit unseren Sprach- und Kulturregionen zusammen, aber alle Schweizer Verbände kennen diese Herausforderung. Manchmal gibt die Romandie den Kurs vor, manchmal die Deutschschweiz, aber ich glaube, das ist eher eine Frage der Einstellung als der Herkunft. Mein Französisch ist nicht perfekt, ich brauche es aber gerne, wenn es gewünscht wird. Unser Ziel besteht darin, die Segelnation Schweiz zu einen.
Welche Herausforderungen erwarten Sie an der GV vom 11. November?
Als allererstes müssen wir die Anwesenden von den finanziellen Herausforderungen und den zu treffenden Massnahmen, insbesondere in Bezug auf die Mitgliederbeiträge, überzeugen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist wie gerade erwähnt die Überarbeitung der Stimmrechtsverteilung. Wenn wir die Mitglieder davon überzeugen können, haben wir das erreicht, was man vom Vorstand innerhalb der wenigen Monate erwarten durfte. Danach können wir damit beginnen, eine echte Strategie für Swiss Sailing auszuarbeiten. Ich wiederhole mich: Unser Zentralvorstand will regionsübergreifend alle Akteure des Schweizer Segelsports vertreten. Alle, die etwas zu besprechen haben, sollen ihr Anliegen unter vier Augen äussern können. Probleme lösen sich einfacher im direkten Gespräch als auf Umwegen.
Wie sieht die Strategie zur Verbesserung der Swiss-Sailing-Finanzen aus?
Schwierige Frage! Natürlich können und wollen wir nicht nur auf die Mitgliederbeiträge zählen, aber die Akquise von Sponsoren ist heute sehr schwierig geworden. Diese Problematik kennen zwar alle Sportverbände, aber der Segelsport ist in den Medien wenig präsent, was die Aufgabe nicht einfacher macht. Ein Kosten-Nutzen-Verhältnis zu beziffern ist schwierig. Wir stecken mitten in den entsprechenden Überlegungen. Unser Marketing- und Kommunikationsexperte Christophe Caviezel leitet dieses Vorhaben. Clubs verfügen oft über ein ansehnliches Reservoir an potenziellen Sponsoren. Jetzt ist es an uns, ihnen die Zusammenarbeit schmackhaft zu machen.
Was halten Sie von den SUI Sailing Awards?
Ich finde es fantastisch, dass wir mit den SUI Sailing Awards über ein Instrument verfügen, um erfolgreiche Seglerinnen und Segler, aber auch verdiente Leute aus unterstützenden Funktionen auszuzeichnen und zu ehren.
Und wie sehen Sie die Swiss Sailing League?
Die Liga ist ein grossartiger Erfolg. Ich gratuliere den Machern herzlich. Die Segler spielen begeistert mit und die Medien berichten fleissig darüber. Zu sehen, wie junge Hoffnungsträger aus dem Talentpool, die sich vom Wettkampfsegeln entfernt hatten, zurückkommen, ist eine Freude. Die Swiss Sailing League hat diesbezüglich wirklich eine Lücke geschlossen. Allen, die aus verschiedensten Gründen keine olympische Karriere anvisieren konnten, steht nun eine nationale und internationale Plattform zur Verfügung. Warum nicht auch eine „Junior League“ ins Leben rufen, die auf den gleichen Booten gesegelt wird und den Junioren aus der Opti-, Laser- oder 420er-Klasse als Perspektive dienen könnte?