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Opti-Story: So macht man Weltmeister

von Walter Rudin

Zweimal holten Schweizer Optimisten-Segler den WM-Titel in unser kleines Binnenland und zeigten damit, dass wir zumindest bei den ganz jungen Seglerinnen und Seglern zu den grossen Segelnationen gehören. Wer hinter die Kulissen schaut, merkt schnell, dass diese Erfolge keine Zufallstreffer waren, sondern das Ergebnis kontinuierlicher, professioneller Aufbauarbeit.

Texte : WALTER RUDIN

Diese Erfolgsgeschichte hat einen Macher, nämlich Alberto Casco. Als er 2012 das Amt als Präsident bei Swiss Optimist antrat, prophezeite er: «Wir holen den Opti-Weltmeistertitel in die Schweiz» und erntete mit dieser Aussage vielerorts ein spöttisches Lächeln. Nach dem überzeugenden Titelgewinn von Nicolas Rolaz 2014 und von Max Wallenberg 2016 hat das Lächeln einer gewissen Bewunderung Platz gemacht und viele haben sich gefragt: Wie hat er das bloss geschafft?

Rösti-Graben zugeschüttet: Alberto Casco (links) und Hene Keller

In seiner Jugend hatte Casco mit Segeln eigentlich gar nichts am Hut. Wassersport wurde erst ein Thema, als sein kleiner Sohn auf ein Segelboot im Wasser zeigte und sagte: «Papi, das will ich machen.». Der Sechsjährige liess sich nicht davon abbringen und so pilgerten Herr und Frau Casco wie viele andere Eltern zu den Opti-Trainings an den See. Da Zuschauen aber noch nie Alberto Cascos Ding war, machte er sich schnell nützlich und wurde von Swiss Optimist zum Kassier ernannt. Nach vier Jahren wurde er Vize-Präsident und versprach, dass er das Präsidentenamt der Klassenvereinigung übernehme, sobald er Perspektiven sehe.

Rösti-Graben zugeschüttet

Er tat sich nämlich schwer mit dem Ungleichgewicht zwischen der Deutschschweiz und der Romandie. «Es kann doch nicht sein, dass zehn der zwölf besten Opti-Segler aus der Roman- die kommen», meinte er. Tatsächlich gab es damals zwei Opti-Welten in der Schweiz. In der Westschweiz wurde bereits professionell trainiert und auf hohem Niveau gesegelt. Die Deutschschweizer arbeiteten eher strukturlos. «Alles beruhte auf ehrenamtlicher Basis, aber irgendwann stösst man damit an Grenzen.» Zusammen mit dem erfolgreichen Berner Opti-Trainer Hene Keller schuf er deshalb 2010 DIRT, die Deutschschweizer Interregionale Trainingsgruppe. Die besten Opti-Segler der deutschsprachigen Regionen wurden in dieser Gruppe zusammengeführt und gezielt auf die Selektionsregatten von Swiss Optimist vorbereitet. Mit ihr stieg das Niveau innert kürzester Zeit. Bereits 2012 ging der Schweizermeistertitel an die Deutschschweiz und sieben von elf Mitgliedern des Swiss Talentpools kamen aus deutschsprachigen Regionen.

Tonangebende Roman- die: Die Schweizer Opti- Szene wurde jahrelang von Westschweizern dominiert.

Präsident mit Visionen

Somit sah Casco die erhofften Perspektiven. Nachdem sich die Deutschschweiz auf Augenhöhe mit den Westschweizern befand, galt es den Dualismus aus der Welt zu schaffen. «Wir sind eine Nation und auf internationalem Niveau zählen nur die Resultate des Landes. Jetzt gilt es das Training unseres nationalen Kaders zu intensivieren und zu verbessern», sagte er 2012 als neuer Klassenpräsident und verfolgte mit sturer Hartnäckigkeit seine Ziele. Er scheute keinen Aufwand und investierte sogar eigene finanzielle Mittel. Casco erkundigte sich nach den weltbesten Trainern, flog bis nach Palma und kam dort mit Zizi Staniul ins Gespräch, der schliesslich zusagte. Damit Staniul in die Schweiz kommen konnte, stellte ihn Casco in seiner eigenen Firma an. Ebenso verfuhr er mit Antonis Drosopoulos, der das B-Kader trainierte. Der Erfolg stellte sich schnell ein.

Casco zog die Fäden im Hintergrund, verpasste der Optimisten-Klasse neue Ausbildungsstrukturen, und schuf regionale und nationale Kader. Indem er den Regatteuren von Swiss Optimist 100 Tage hartes, professionelles Wassertraining pro Jahr ermöglichte, pushte er sie an die Weltspitze. In seiner Ära rückte die Schweiz im Opti-World-Nationenklassement von Platz 40 auf Platz 4 vor.

Nach 2010 gewann das Team der SNG das International Monaco Optimist Team Race 2016 zum zweiten Mal. Die Sieger Max Wallenberg, Arnaud Grange, Adrian Surroca und Antonis Aasonitis wurden vom Argentinier Marcello Saguier gecoacht.

Zwei WM-Titel

Die Krönung folgte bereits zwei Jahre später. 215 Optimisten aus 52 Ländern kämpften 2014 an der Weltmeisterschaft in Argentinien um den Titel. Mit Nicolas Rolaz wurde erstmals ein Schweizer Weltmeister und dies auch noch in beeindruckender Manier: 22 Punkte Vorsprung hatte er am Schluss auf den Zweitplatzierten. 85 000 Kilometer hatte der 15-Jährige aus Morges in einem Jahr zurückgelegt, war in 13 Ländern gesegelt und hatte 132 Nächte nicht in seinem Bett geschlafen.

Wer damals an ein einmaliges Ausnahmeereignis geglaubt hatte, wurde eines Besseren belehrt. Zwei Jahre später konnte Max Wallenberg den Titel erneut in die Schweiz holen. Im portugiesischen Vilamoura setze sich der 14-jährige Genfer gegen 250 Konkurrenten durch. Sein Sieg war aber weniger überraschend, hatte er doch im Lauf der Saison praktisch alle Regatten gewonnen, an denen er teilgenommen hatte, darunter den anspruchsvollen Weltcup im holländischen Workum.

Jürg von Allmen

Alles muss stimmen

Alberto Casco hat sich nach diesen Titeln nie in den Vordergrund gedrängt und den Erfolg anderen Faktoren zugeschrieben: «Es sind verschiedene Puzzleteile zusammengekommen. In den Clubs wird hervorragende Basisarbeit geleistet und auch die Kontinuität hat zum Erfolg geführt. Seit drei Jahren arbeiten dieselben Spitzentrainer mit dem A-und B-Kader und es sind immer die gleichen Teamleader dabei. Diese Personen bilden ein wichtiges Bindeglied zwischen Trainer und Mannschaft. Sie repräsentieren das Team und kümmern sich um das Backoffice und das Wohl der Kinder, sodass sich die Trainer voll auf ihre Arbeit konzentrieren können. Das bringt Ruhe ins Team und stärkt das Vertrauen zwischen den Akteuren», meinte er damals.

Einen grossen Anteil am Erfolg hat in seinen Augen der polnische Trainer Zizi Staniul, der sehr professionell arbeitete und den Zugang zu den Kindern fand. Zu den wichtigen Faktoren gehörte auch seine Frau Carmen Casco-Canepa, die das Backoffice betreute. In ihrem Job ging es nicht nur darum, alles an Land zu organisieren, zu kochen, wenn das angebotene Essen nicht gut war, zu schauen, dass für die Schule gearbeitet wurde, oder sich um Kinder zu kümmern, wenn sie krank waren oder Heimweh hatten. Sie hat es auch verstanden, als Bezugsperson Ruhe ins

«Als ich nach der letzten Regatta zurück in den Hafen fuhr und sah, wie Carmen am Ufer auf einem hohen Stahlturm schreiend die Schweizer Fahne schwenkte, wurde mir bewusst, dass ich es tatsächlich geschafft hatte.»

Team zu bringen und für einen starken Teamgeist zu sorgen. «Ich habe gespürt, dass mich die Kinder gernhaben und mir vertrauen», sagte sie damals. Wie wichtig Carmen Casco für die jungen Athleten war, zeigt folgende kleine Anekdote. Auf die Frage an Nicolas Rolaz, wann er denn eigentlich realisiert habe, dass er tatsächlich Weltmeister geworden sei, antwortete er: «Als ich nach der letzten Regat- ta zurück in den Hafen fuhr und sah, wie Carmen am Ufer auf einem hohen Stahlturm schreiend die Schweizer Fahne schwenkte, wurde mir bewusst, dass ich es tatsächlich geschafft hatte.»

Max Wallenberg, Optimist-Weltmeister 2016

Push für Folgeklassen

Alberto Casco hätte sich zum Abschluss seines Opti-Präsidiums gewünscht, dass eine Opti Weltmeisterschaft in der Schweiz stattfindet. Hier blieb sein Engagement leider erfolglos. Seit 2017 ist Casco nun im Vorstand von Swiss Sailing für den Leistungssport zuständig. Die Opti- Erfolgsgeschichte ist damit aber noch nicht zu Ende. Die Schweiz hat eine breite Basis von 20 bis 25 Kindern, die auf internationalem Level segeln und die Erfolgsgeschichte im neuen Jahrzehnt bestimmt weiterschreiben. Und nachdem die ersten Umsteiger in den Folgeklassen bereits WM-Titel eingefahren haben, darf man gespannt sein, ob die neue Generation auch in den olympischen Klassen für Furore sorgen wird.

Matias Capizzano

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