Text | Quentin Mayerat
North Sails Schweiz (ehemals Voiles Phi) rüstet seit 1977 Boote aus allen Bereichen mit Segeln aus, Freizeitjachten genauso wie America’s Cupper. Die Segelmacherei mit Hauptsitz in Meyrin (GE) hat uns einen Blick hinter die Kulissen gewährt.
Wer Spass am Segeln haben möchte, braucht eine gute Segelgarderobe. Hinter dieser zuweilen kostspieligen Investition verbirgt sich ein komplexer Herstellungsprozess. „Unser Beruf ist aus einer Leidenschaft heraus entstanden und unsere Tätigkeit besteht darin, anderen Passionierten zu dienen“, beschreibt Pierre-Yves Jorand seine Auffassung des Segelmacherberufs. Jorand ist Direktor von North Sails Schweiz und als Grosssegeltrimmer ein wichtiges Teammitglied von Alinghi. Die Produktion und die Verarbeitung des Gewebes überlässt North Sails firmenexternen Unternehmen. „Wir wenden lieber mehr Zeit für die Kundenberatung und -betreuung auf, als uns nur auf das Schneiden der Stoffe zu konzentrieren“, erklärt Jorand die Firmenstrategie. Die Herstellung der Segel selbst besteht aus vier im Folgenden beschriebenen Schritten.
Alles zu seiner Zeit
Als erstes wird ein Pflichtenheft erstellt. Dabei ist wichtig, wenn nicht gar entscheidend, dass sich der Segler und der Segelmacher richtig verstehen. Ausser bei Einheitsbooten ist meist ein Besuch auf dem Boot nötig. Nach dieser Studie wird eine Offerte mit Kostenvoranschlag ausgearbeitet. Bevor der Auftrag zur Produktion der Segel erfolgt, befassen sich die Designer mit dem Projekt. In der Designabteilung arbeiten einige prominente Namen wie Arnaud Psarofaghis und Patrick Mazuay, sozusagen einer der Väter der Fathead-Segel. Der zweite Schritt besteht in der Produktion und im Schnitt des Gewebes. Je nach Segeltyp werden dafür Unternehmen in Nevada (USA) für 3Di- und 3DL-Segel, Grossbritannien und Frankreich für „Grand-Prix-Segel“, Spanien für alte Riggs oder Sri Lanka für kleine Segel, Windsurfsegel oder Kiteschirme beauftragt. In einem dritten Schritt wird das Segel von den Auftragnehmern in die Schweiz gesendet. Bei Hightechbooten wie den D35 kommen sie als „mold only“, das heisst, die Segelmacherei erhält lediglich das geformte Gewebe. Sie übernimmt dann die Triangulation, stellt die Latten fertig, näht die Verstärkungen und bringt das nötige Zubehör an. Bei bereits vollständigen Segeln muss Mass genommen, die Qualität überprüft und die Vermessung durchgeführt werden.
Erst dann kann das Segel an den Kunden ausgeliefert werden. Meist wird er allerdings weiter begleitet. Die Segelmacherei übernimmt auf Wunsch den Trimm des Riggs, der an das neue Segel angepasst werden muss. Bei einer Testfahrt kann eine Software anhand eines Fotos einen „Sail Scan“ durchführen und so die Tiefe und das Volumen der Segelprofile überprüfen. Natürlich hängt die Art der Betreuung und Begleitung vom Projekt, dem Verwendungszweck (Regatta- oder Freizeitsegeln) und den Ansprüchen des Kunden ab. Im Rahmen des firmeneigenen Konzepts North Experience können Kunden an praktischen und theoretischen Ausbildungen teilnehmen, um alles Wichtige über den Segeltrimm zu lernen.
Der Segelmacher verdient seinen Namen: Er macht nämlich Segel und schneidet sie nicht nur zu!