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Skipper des Team Tilt

von Brice Lechevalier

© Loris von Siebenthal

Sie haben das letzte Rennen überragend gewonnen und das Siegertreppchen des Youth America’s Cup um nur einen Punkt verfehlt. Wie fühlen Sie sich?

Es ist eine Achterbahn der Gefühle! Wir sind enttäuscht, dass das achte Rennen abgesagt wurde, gleichzeitig aber auch glücklich, dieses herrliche Abenteuer mit einer perfekten Leistung abgeschlossen zu haben. Zu Beginn des vierten und letzten Regattatags waren wir so motiviert, dass uns nichts unmöglich schien. Nachdem wir das erste Rennen von A bis Z an der Spitze segelten und die Ziellinie mit 22 Sekunden Vorsprung auf unsere direkten Verfolger überquert hatten, waren wir extrem konzentriert und voller Hoffnung für das letzte Rennen, bei dem die Punkte doppelt zählten. Uns trennten nur ein Punkt vom Siegerpodest und drei Punkte vom zweiten Platz. Wir waren extrem zuversichtlich und bereit, alles zu geben. Doch dann wurde der Start immer wieder verschoben, schliesslich die obere Windgrenze langfristig überschritten und somit das letzte Rennen abgesagt. Wir sind uns plötzlich bewusst geworden, dass unser Abenteuer so abrupt und unerwartet enden konnte, dass die Würfel bereits gefallen waren.

Verschiedene Beobachter schreiben die fehlenden zwei Punkte dem zurückgewiesenen Einspruch des Vortags zu …

Es kam alles zusammen. Wir wussten von Anfang an, dass ein Podestplatz von winzigen Details abhängen würde und dass wir unbedingt ständig gute Leistungen bringen mussten. Der Segelfall der Franzosen hat uns natürlich schon benachteiligt. Unser Einspruch war inhaltlich fundiert, wurde aber wegen eines Verfahrensfehlers abgelehnt. Wir haben aber noch weitere Fehler begangen. Nach Startschwierigkeiten häuften sich am dritten Tag die Probleme. Zum ersten Mal spürte man an Bord Stress, weil nichts so lief wie geplant. Wir waren uns unserer taktischen Entscheidungen zu sicher, und plötzlich stellten sich alle selbst in Frage, was das ganze Team destabilisierte. Das Team ist sehr jung, und es ist nicht immer einfach, sich nach einer Niederlage wieder aufzurichten. Die Jungs haben aber mit zwei zweiten Plätzen am zweiten Tag und einem ersten Platz am vierten Tag bewiesen, dass sie das Zeug dazu haben. Ich finde, sie haben spektakuläre Fortschritte gemacht.

© Loris von Siebenthal

Welches Rennen würden Sie jetzt anders segeln?

Eindeutig das fünfte: Wir hatten den Start gewonnen und lagen am Reaching auf Platz drei. Dann erhielten wir eine Information und entschieden, uns schnell mit einem Jibe Set abzusetzen, doch dieses Manöver misslang total und endete in einem 180°. Wir haben es überstürzt, und mitten im Getümmel war das tödlich. Ich bedauere, nicht scharfsinniger gewesen zu sein, die Situation nicht besser analysiert zu haben – aber das ist nun mal so in einer Regatta.

Was hat Sie am meisten überrascht?

Die Fortschritte des Teams waren atemberaubend. Wir hatten am ersten Tag schwerwiegende Kommunikations- und Visualisierungsprobleme. Diese konnten wir aber am gleichen Abend in einem halbstündigen Debriefing lösen und bereits am nächsten Tag bei beiden Rennen den besten Start erzielen. Die Entschlossenheit verschiedener Teammitglieder hat mich auch überrascht – ihr Siegeswille war noch grösser als meiner!

© Loris von Siebenthal

Welche Bilanz ziehen Sie aus diesem Abenteuer?

Es war menschlich und sportlich eine tolle Erfahrung. Von Anfang an lief alles gut, damit wir zum richtigen Zeitpunkt in Hochform waren. Am glücklichsten bin ich über die Atmosphäre innerhalb der Gruppe und über den herausragenden Teamgeist. Wir haben in diesen neun Monaten gigantische Fortschritte gemacht. Noch nie zuvor sind uns so gute taktische Manöver gelungen wie in den letzten Tagen. Selbst im Februar während der Selection Series wären wir nicht in der Lage gewesen, uns so weit wieder nach vorn zu schieben wie in bestimmten Rennen hier. Ich selbst hätte dem Druck wahrscheinlich nicht standhalten können.

Und nun?

Wir werden sicherlich noch sehr lange von diesem perfekten letzten Rennen zehren. Die Bucht war wunderschön und ist mit diesem einzigartigen Abenteuer untrennbar verbunden. Auch die Bedingungen waren traumhaft: Wir hätten uns auf allen Ebenen keine bessere Unterstützung wünschen können – genau wie bei einem professionellen Segelteam. Wir haben fürs Leben gelernt, wissen zukünftig die Konzentration trotz Anfragen von Medien, Organisation und internem Kommunikationsdienst zu wahren! Wir werden nach diesem aussergewöhnlichen Abenteuer sicherlich auch mit bestimmten Teammitgliedern für andere Regatten und auf anderen Formaten weiter zusammenarbeiten. Und ich hoffe, dass uns eines Tages ein neues Schweizer Projekt auf internationaler Ebene wieder zusammenführen wird!

Videos finden Sie unter www.skippers.tv sowie ein Panoramafoto auf der Doppelseite 106-106.

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