Sie haben sich für die Route du Rhum etwas Besonderes einfallen lassen. Wie kam Ihnen die Idee zu diesem Projekt?
Ich wollte die Regatta schon lange „à l’ancienne“, das heisst wie früher segeln. Beim Surfen im Internet stiess ich auf ein Bild des kleinen Trimarans, der mir auf Anhieb gefiel. Ich erkannte das von Walter Greene entworfene Boot sofort. Mein Guru Mike Birch hatte 1978 mit dem ersten Exemplar die Route du Rhum ganz knapp gewonnen. Das Original gibt es nicht mehr. Das von mir aufgetriebene Schwesterschiff ist die Nummer 2 der Serie. Ich erwarb das Schiff in England und gab es in die Werft Multiplast in Vannes, wo es völlig entkernt und etwas aufgemöbelt wurde. Es sollte der siegreichen
Olympus von Mike Birch so nahe wie möglich kommen. Die Idee besteht darin, auf meiner Happy unter den gleichen Bedingungen zu segeln wie 1978, als Mike die allererste Ausgabe der Route du Rhum auf seinem kleinen, gelben Trimaran mit 98 Sekunden Vorsprung auf den damaligen Favoriten Michel Malinovsky gewann. Das heisst also mit möglichst wenig modernen Hilfsmitteln. Da mir neben meinem Engagement bei Artemis dieses Jahr noch Zeit für ein kleines Projekt blieb, packte ich es an.
Welches Ziel haben Sie sich gesetzt und welche Hürden mussten Sie bei der Verwirklichung des Projekts überwinden?
Natürlich will ich das Rennen zu Ende segeln. Es ist meine 7. Route du Rhum, ich ziehe also mit meinem Jedi-Meister gleich. Vor allem aber verbeuge ich mich mit dieser Teilnahme vor Mike Birch und Walter Greene. Sie sind in meinen Augen Pioniere und haben dafür gesorgt, dass die Offshore-Multihull-Regattaszene reifer wird. Symbolisch möchte ich seine damalige Zeit schlagen. Parallel dazu wird es zu einem Rennen im Rennen kommen, denn es sind drei der vier Schwesterschiffe am Start. Eines davon ist dem Original sehr ähnlich. Und auch die berühmte Kriter V von Malinovsky ist mit von der Partie. Sie wird von einem jungen Segler gesteuert. Es kommt somit zu einer Neuauflage des historischen Duells. Vielleicht wird die Entscheidung ja ebenso knapp ausfallen wie damals.
Die Hürden sind projektbedingt, denn ich verzichte auf moderne Hilfsmittel wie Aufrollvorrichtungen oder einen Autopiloten, der die Steuerung nach dem Wind übernimmt. Ich habe lediglich einen Sextanten dabei. Die für die Qualifikation nötigen 1000 Seemeilen habe ich heute Morgen geschafft. Meine Aufgabe wird dadurch nicht einfacher, aber es war fantastisch! Ich wollte mich mitten auf dem Ozean verloren fühlen und das Gleiche empfinden wie damals. Wer die Vergangenheiten achtet, ist besser für die Zukunft gerüstet. Auch das wollte ich damit zeigen. Ich hoffe, dass ich Mike und Walter am Start grüssen kann.
Was halten Sie von den fünf für den 35. America’s Cup gemeldeten Challengern?
Es sind mehrheitlich europäische Teams und das Niveau ist sehr einheitlich. Es wäre toll, wenn der Cup nach Europa zurückkäme! Zahlenmässig am stärksten und in der Vorbereitung am weitesten fortgeschritten ist derzeit das italienischen Syndikat Luna Rossa Challenge. Sie haben sehr früh mit ihrem Trainingsprogramm begonnen und legen sich mächtig ins Zeug. Ben und sein Ben Ainslie Racing werden bestimmt etwas auf die Reihe bringen, aber relativ spät, da Ben ziemlich viel am Hut hat. Als echter Champion kann er sich das aber leisten. Die Kiwis sind erfahrungsgemäss immer auf irgendeine Art mit dabei. Zurzeit ist der finanzielle Aspekt aber noch ein grosses Fragezeichen. Was die Franzosen angeht, so begrüsse ich ihre Teilnahme, allerdings weist das Team den grössten Rückstand auf und das einzige, was man nicht kaufen kann, ist Zeit, vor allem dann nicht, wenn man arm ist. Artemis scheint mir am ausgereiftesten. Das sage ich nicht nur als Insider.
Wie stehen die Chancen für Artemis?
Artemis ist ein grossartiges Team, das die bitteren Erfahrungen am letzten Cup zusammengeschweisst hat und ihnen nur Positives abgewinnen kann. Wir sind nur knapp vierzig Leute, haben aber alle Schlüsselelemente für den Erfolg bereits in unseren Reihen: einen routinierten, passionierten und absolut genialen Reeder in der Person von Torbjörn Törnqvist, einen in allen Bereichen talentierten Teamchef, der nicht nur als Navigator sondern auch als Führungspersönlichkeit eine gute Figur macht, in der Person von Iain Percy und den für mich besten Steuermann Nathan Outteridge, der gerade seinen zweiten WM-Titel bei den Moth gewonnen hat. Sie werden von einem brillanten Multikulti-Designteam, zu dem auch ich gehöre, unterstützt. Kein Mitglied hat ein übersteigertes Ego und das Verhältnis untereinander ist ausgeglichen. Wir segeln bereits auf AC45 mit Foilern, RC44, dem 49er und auf Moth. Ein Grossteil des Teams wird in Melbourne an der Moth-WM am Start sein. Ausserdem warten wir auf die Lieferung zweier Phantom-Katamarane.
Welche Aufgabe haben Sie dabei?
Ich bin seit diesem Frühling ein vollwertiges Teammitglied und habe sportlich und technisch vielerorts meine Hände im Spiel. Ausserdem gehöre ich dem Design Team an, übernehme das Steuer, wenn Not am Mann ist und ein Testpilot oder Sailing Partner gebraucht wird, sorge für einen reibungslosen Betrieb und bringe meine Multihull- und America’s-Cup-Erfahrung ein.
Wie beurteilen Sie das neue Format der Tour de France à la Voile?
Es ist ein anschauliches Beispiel für das Dilemma der Organisatoren von Segelwettkämpfen: Die Regatten sollen schnell und spektakulär sein und in Küstennähe ausgetragen werden. Ansonsten haben nur die Teilnehmer ihren Spass daran und das interessiert niemanden. Die Tour musste sich weiterentwickeln. Ob mit dem Trimaran die richtige Wahl getroffen wurde, ist eine andere Frage. Dank der Stärke der Tourorganisatoren könnte es aber funktionieren.