Text: Quentin Mayerat

Alinghi meldet sich beim America’s Cup zurück. Doch diese neue Kampagne hat mit den früheren nichts zu tun: andere Zeiten, ein neues Boot, eine neue Generation und vor allem ein neuer, hochkarätiger Partner. Alinghi wird zu Alinghi Red Bull Racing und dürfte dank dieser unerwarteten Allianz von einer beispiellosen Unterstützung profitieren.

Die Vertreter der nationalen und internationalen Presse, die sich am heutigen Dienstag, den 14. Dezember, in der Société Nautique de Genève einfanden, kamen mit grossen Erwartungen. Sie wurden nicht enttäuscht. Ein schon aus zahlreichen Quellen durchgedrungenes Gerücht wurde offiziell bestätigt: Nach elf Jahren Abwesenheit tritt Alinghi wieder als Herausforderer beim America’s Cup an. Das andere, über Monate streng gehütete Geheimnis, das nun gelüftet wurde, ist eine neue Partnerschaft mit Red Bull Racing. Der österreichische Doppel-Olympiasieger Hans Peter Steinacher, der auf der Tribüne als Überraschungsgast neben Ernesto Bertarelli Platz nahm, besiegelte diese neue Partnerschaft, die für neue Heldentaten aus mehreren Gründen unverzichtbar ist …

Hard Power

Die Finanzausstattung für ein derartiges Abenteuer wird natürlich geheim gehalten, ist aber dennoch ein entscheidender Aspekt. Red Bull bringt Jahr für Jahr mindestens so viele Dosen Energy Drink auf den Markt, wie es Menschen auf unserem Planeten gibt. Durch die Verbindung mit dem Unternehmen dürfte eine komfortable Finanzierung der Kampagne sichergestellt sein. Red Bull ist ja dafür bekannt, astronomische Beträge in das Sportmarketing zu investieren. Schätzungen zufolge können sie bis zu 40% seines Umsatzes ausmachen (Les Echos, 2012).

Soft Power 

Es wäre aber zu kurz gegriffen, diese Verbindung auf eine reine Finanzpartnerschaft zu reduzieren. Red Bull besitzt vor allem eine aussergewöhnliche Medienmacht. Das Unternehmen hat im Lauf der Jahre ein enges Kommunikationsnetz geknüpft, das aus Reportagen, Fernsehsendern und Magazinen besteht und sich über viele Länder erstreckt. Alinghi erhält durch die Partnerschaft Zugang zu erstklassigen Bildern und Inhalten, die ein kraftvolles, junges und von Einigkeit geprägtes Image transportieren werden. Damit weht künftig ein frischer Wind um die älteste Sporttrophäe der Moderne.

Und das ist noch nicht alles! Red Bull Racing hat ja gerade erst einen Formel-1-Weltmeistertitel errungen, womit der Kompetenz- und Technologietransfer vom Motor- zum Segelsport ein weiterer zentraler Aspekt dieser Bekanntmachung ist. Vom Sitz von Red Bull Racing aus war Teamchef Chris Horner per Videokonferenz zugeschaltet. Er bestätigte, dass seine Einheit umfassend eingebunden sei und Alinghi Red Bull Racing wichtige Tools und Kenntnisse zur Verfügung stellen werde – insbesondere durch Beteiligung am Design- und Simulationsprozess.

Ein Schweizer Traum

Dieser Launch bietet dem Schweizer Segelsport die Gelegenheit, an ein gemeinsames, verbindendes Projekt anzuknüpfen. 19 Jahre nach dem ersten Sieg in Auckland wäre es unrealistisch, die damalige Euphorie wiederbeleben zu wollen, die auf dem Überraschungseffekt und dem Reiz des Neuen beruht hatte. Dem Schweizer Segelsport sollte es durch die Kampagne aber gelingen, mehr Aufmerksamkeit im In- und Ausland auf sich zu ziehen. An der Challenge nimmt neben Teammitgliedern der ersten Stunde wie Brad Butterworth und Pierre-Yves Jorand auch eine junge Garde mit Seglern wie Arnaud Psarofaghis und Bryan Mettraux teil. Es verspricht somit eine verbindende, mitreissende Kampagne zu werden. Hierauf mussten die Schweizer Segelfans elf Jahre lang warten. 2021 standen die Sterne nun so gut, dass Ernesto Bertarelli den Startschuss für dieses neue Abenteuer gab. «Wir haben die Idee nie aufgegeben, dass Alinghi eines Tages zurückkehren würde. Nun sind wir bereit», sagte der Mann, der die Silbertrophäe schon zweimal gewonnen hat. Kommt bald ein dritter Sieg hinzu?