Aktivurlaub in der Heimat liegt voll im Trend. Das Emmental lädt zum Wandern, Golfen, Mountainbiken und Reiten ein. Auch mit Töpfern oder gar Goldwaschen kann man sich dort die Zeit vertreiben.

Text und Fotos: Bernard Pichon

«Wie jedes Jahr standen wir vor dem Dilemma ‹Meer oder Berge?›», erzählt Familie Delachaux aus der Westschweiz, der wir in Langnau begegnen. «Schliesslich haben wir uns für Bern-Land entschieden», erklärt der Vater. «Für die Kinder gibt es Bauernhöfe, Holzbrücken, Erlebnispfade und vieles mehr. Die zwei sind also beschäftigt.»
Die Genfer Familie hat sogar in einem Schloss übernachtet – ein Luxus, der gar nicht mal so teuer war, denn ihre Bleibe war eine Jugendherberge. Wer dabei noch an grosse Schlafsäle für Rucksacktouristen denkt, wird auf Schloss Burgdorf rasch eines Besseren belehrt. Das Baudenkmal von nationaler Bedeutung, das auf einem Felsen an der Emme thront, wurde vor Kurzem komplett für die Bevölkerung geöffnet. Der Komplex umfasst ein Trauzimmer, ein Restaurant und eben das Hostel, das zum Verein der Schweizer Jugendherbergen gehört. Dort kann man zu attraktiven Preisen in einer majestätischen Umgebung nächtigen, die Vergangenheit und Gegenwart vereint.
«Es gibt sogar ein spannendes Museum, dessen kuriose Vielfalt an die Wunderkammern von einst erinnert, wo Muscheln, Tierpräparate und Uhren nebst Mumien zu finden waren. Die Kinder waren von den vielen interaktiven Mitmachmöglichkeiten ganz begeistert.»

Ein städtebauliches Bijou

«Viele Überreste aus dem Mittelalter findet man in Burgdorf nicht», berichtet der Einheimische Bendicht Schneider. «Die altehrwürdigen Holzhäuser und die alte Kirche sind einst einem von der Bise angefachten Brand zum Opfer gefallen. Die Kirche wurde mit ihrem ehemaligen Lettner, der glücklicherweise von den Flammen verschont geblieben ist, wieder aufgebaut. Bei der Wiederherstellung der Stadt hat man sich insbesondere der Molasse aus den nahe gelegenen Steinbrüchen bedient.»
Das Ergebnis ist sowohl in der unteren Altstadt als auch in der über 81 Stufen erreichbaren Oberstadt durchaus ansprechend. Bogengänge und zahlreiche Zunfthäuser prägen den alten Stadtkern. Einige stattliche Kaufmannshäuser zeugen vom blühenden Handel mit Käse, der damals bis zum Zarenhof exportiert wurde.

Wie kommen die Löcher in den Käse?

Ursprünglich – im 15. Jahrhundert – wurde Emmentaler nur in der Schweiz hergestellt. Nach Frankreich kam er erst 400 Jahre später. Dort ist der Grossteil der Produktion zwar in der Bretagne und der Region RhôneAlpes angesiedelt, doch theoretisch kann Emmentaler überall hergestellt werden. «Natürlich haben nur wir das AOPQualitätssiegel», erklärt der Käser Ernst Beutler den Besuchern dort, wo das Original hergestellt wird. «Die Franzosen verwechseln Emmentaler häufig mit Gruyère. Sie sprechen sogar vom ‹Gruyère aus Emmental›. Aber der Gruyère hat keine Löcher!»


Doch woher kommen die berühmten Löcher eigentlich? Die Antwort auf diese häufig gestellte Frage erhält man in Affoltern, wo es seit einiger Zeit eine Schaukäserei gibt. In den verschiedenen Gebäuden des Komplexes dreht sich alles um die löchrige Köstlichkeit. In einer restaurierten urigen Alphütte, einem modernen Labor und auf einer digital-visuellen Erlebnistour für die ganze Familie werden die Besucher in die Geheimnisse der Herstellung (Bakterien, Temperatur, Reifung usw.) eingeweiht. Schnell stellt man fest, dass die geschützte Ursprungsbezeichnung (AOP) nicht von ungefähr kommt. Ein echter Emmentaler, der übrigens einen besonders hohen Kalziumgehalt besitzt, zeichnet sich durch einen geschmeidigen Teig, eine goldgelbe Rinde und einen fruchtigmilden Geschmack aus. Sein Geruch sollte nicht besonders stark, aber leicht nussig sein.

Von süss bis salzig

Das Dorf Trubschachen in der Nähe von Langnau besitzt ausser ein paar hübschen traditionellen Bauernhäusern keine besonderen Touristenattraktionen. Wäre da nicht die berühmte Biskuitfabrik Kambly neben dem Bahnhof. Biskuits sind für den Ort das, was der Nougat für Montélimar ist. Leider ist es aus Sicherheits- und Hygienegründen nicht möglich, die Produktion zu besichtigen. Trotzdem kommen Familien und Naschkatzen dort voll auf ihre Kosten: In der Schauconfiserie kann man zusehen, wie die feinen Köstlichkeiten hergestellt werden, im Backatelier selbst Hand anlegen und in einem speziellen Raum mehr über die Geschichte des Unternehmens erfahren, das Anfang des 20. Jahrhunderts von einem Konditor aus der Gegend gegründet wurde.

An den ersten beiden Adventssonntagen findet traditionell der KamblyWeihnachtsmarkt statt. In 30 Chalets bieten ausschliesslich lokale Produzenten hausgemachte Köstlichkeiten und Kunsthandwerk an. Die Besucher kommen von überall her, um sich mit kleinen Geschenken einzudecken und im Kambly-Shop körbeweise süsse und salzige Leckereien zu erstehen, zu deren Hauptzutaten natürlich Dinkel und Butter aus dem Emmental gehören.