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„Ich träume davon, in der Schweiz eine Regatta der RC44-Tour zu organisieren“

von Quentin Mayerat

Bertrand Favre, Sportdirektor der Klassen D35 und RC44. © Nico Martinez

Sie haben die Geburtsstunde der D35 miterlebt und sind seit 2004 als Sportdirektor der Klasse tätig. Was hat Sie in all den Jahren am meisten geprägt?

Es war eine grosse Chance, schon so kurz nach meinem Studienabschluss meine Leidenschaft ausleben zu können. Die Eigner haben mir in den Sattel geholfen und dafür bin ich ihnen sehr dankbar, denn das Amt als Klassenchef der D35 war meine erste seriöse Berufserfahrung. Die Klasse hat eine spektakuläre Entwicklung durchgemacht. Am Anfang umfasste sie acht Boote, dann zehn und schliesslich zwölf. Es war wirklich eine tolle Erfahrung, das miterleben zu dürfen. Und es ist noch immer spannend, die verschiedenen Eigner und ihre Crewmitglieder kennen zu lernen. Da die Vulcain Trophy mit Ausnahme des laufenden Jahres auf kleinem Raum stattfindet, ändert sich am Charakter des Projekts nicht viel. Deshalb ist es umso mehr der menschliche Faktor, der für Bereicherung sorgt. Die Eigner der ersten Generation müssen weiter motiviert, die Neuzugänger interessiert und integriert und die Gruppenharmonie erhalten werden.

Die Sponsorenverträge der Vulcain Trophy wurden bis 2013 verlängert und die ältesten D35 feiern ihren 10. Geburtstag. Was erwartet uns in den kommenden Jahren?

Wir haben das Glück, dass das Boot sehr gesund ist und kaum altert. Es ist schnell, gut designt und kennt seit dem Austausch der Masten ganz am Anfang keine Probleme. Die Nachfrage ist noch immer da und es gibt keinen Grund, grundlegende Änderungen an der Tour vorzunehmen. Wir werden uns bestimmt wieder auf den Genfersee konzentrieren und auf die Mittelmeerregatten verzichten. Ausserdem werden die Teams vermehrt aus lokalen Seglern bestehen, da ein Teil der jetzigen Crewmitglieder nächstes Jahr bei den MultiOneDesign 70 engagiert sein wird.

Wie werden die D35 im Ausland wahrgenommen?

Es ist schon erstaunlich, dass die Klasse über den Bodensee und über Frankreich hinaus bekannt ist. Sie ist weltweit ein Begriff. Die D35 haben als leichte Regattakatamarane neue Massstäbe gesetzt. Sie stehen für Hightech und Schnelligkeit. Und der Genfersee wird als Segellabor wahrgenommen. Ausländische Beobachter sind erstaunt, wie viele Topsegler sich auf unseren Seen tummeln. Die Regatten der D35 werden auf der ganzen Welt mitverfolgt, vor allem, seit der America’s Cup auf Mehrrümpfern stattfindet.

© Philippe Schiller

Worauf müssen die Teams bei den beiden letzten Etappen der Vulcain Trophy 2011 auf dem Mittelmeer besonders achten?

Auf die Wellen und den Wind! Die Décision 35 haben Mühe mit kurzen Wellen. Wir haben das Regattarevier deshalb entsprechend ausgewählt, um keine unnötigen Risiken einzugehen. In Beaulieu-sur-Mer und in Antibes sind wir theoretisch vor Mistral und auch vor Westwind geschützt, doch wenn Ostwind aufkommt oder uns der Ausläufer der Dünung aus Südosten erreicht, dann werden wir Schwierigkeiten haben. Aber das gehört dazu.

Es wurde bereits darüber gesprochen, die D35 und die Ventilo M2 in einer Tour zusammenzuschliessen. Was halten Sie davon?

Ich glaube, man sollte die Idee weiterverfolgen. Wir verfügen über ein Regattarevier, ein gut funktionierendes Regattaformat und viele Talente, denen es die Mehrrümpfer angetan haben. Der Zeitpunkt kommt, an dem die beiden Flotten erneuert werden müssen und neue Eigner dazustossen. Warum also nicht an einem Gemeinschaftsprojekt arbeiten?

Welchen Einfluss hat Ihrer Meinung nach der America’s Cup auf Circuits wie den der D35, der RC44 oder der Extreme 40?

Obwohl ich mich über die Extreme 40 nicht wirklich äussern kann, da ich nicht direkt beteiligt bin, scheint mir der Einfluss je nach Klasse doch sehr unterschiedlich, aber nie wirklich gross. Es gibt zwar zwei Cup-Teams, die auf Extreme 40 trainieren, doch damit ist Ende 2011 aus Termingründen Schluss. Bei den D35 ist der Einfluss gleich Null. Torbjörn Törnqvist wäre mit oder ohne Cup auf der D35 Artemis gesegelt, denn er wohnt in Genf und regattiert für sein Leben gern. Es ist aber nicht auszuschliessen, dass das Interesse der Öffentlichkeit für die Genfersee-Katamarane mit den ersten auf Multihulls ausgetragenen Wettkämpfen des 34. America’s Cups steigt. Was die RC44 angeht, so beschränkt sich der Einfluss auf die Organisation, indem versucht wird, Terminkollisionen so gut wie möglich zu vermeiden. Ziel unserer Eignerklasse ist die Durchführung einer Regattatour, die allen zusagt, das Geschäftliche spielt dabei kaum eine Rolle. Ausserdem sind Regatten von Eignerflotten nicht wirklich mit dem Training von Profiteams vereinbar. Sie würden wohl teilnehmen, wenn der Cup auf Einrümpfern gesegelt würde.

Wie steht es um die RC44 Championship Tour?

Die Meisterschaft ist ausgereift, expandiert aber weiter. 2008 konzentrierte sich die Tour auf die Adria und das Mittelmeer, später kamen Regatten in Nordeuropa, im Mittleren Osten und in den USA hinzu. 2011 erhöhte sich die Zahl der Boote von 10 auf 15. Sie werden Ende September in Kroatien und Ende November auf den Kanarischen Inseln nochmals gegeneinander antreten. An jedem dieser Events sind mitsamt dem Organisationsteam rund 300 Personen involviert. Sportlich sind alle zufrieden und auch das Medienecho kann sich sehen lassen. Jetzt müssen wir nur noch unser Marketing verbessern, damit die verschiedenen Etappen eine neue Dimension erhalten. Mein Traum wäre es, eine Regatta in einem Schweizer Hafen mit mindestens drei Meter Wassertiefe zu organisieren.

© Nico Martinez

Wie sieht Russell Coutts die weitere Entwicklung der Regattatour?

An der Tour liegt ihm aus zwei Gründen viel: Es ist sein eigenes Projekt und auch sein Hobby. Beim Segeln auf einer RC44 kann er ausspannen. Er würde zwar gerne noch mehr Boote bauen lassen und gegen eine zahlenmässig grössere Flotte antreten, aber logistisch ist das nicht möglich. Wir füllen schon jetzt 35 Container und die Gaststädte müssen schliesslich über die nötigen Kapazitäten verfügen. Wir achten darauf, dass wir die neuen Teams, die jeweils aus einem guten Dutzend Personen bestehen, mit der nötigen Ruhe aufnehmen und in die Klasse einführen können. So bleibt auch die Stimmung gut. Bei den D35 herrscht eine ähnliche Situa-tion, nur haben wir mehr Wechsel und mehr Nationalitäten, was die Leitung schwieriger macht.

Sie geniessen sowohl das Vertrauen von Russell Coutts als auch von Ernesto Bertarelli, obwohl sich die beiden seit dem vorletzten America’s Cup im Konflikt befinden. Welches waren die schwierigsten Momente für Sie?

Ich persönlich habe keine wirklich schwierigen Momente erlebt. Ich habe immer mit offenen Karten gespielt, sowohl mit Russell Coutts als auch mit Ernesto Bertarelli. Da ich weder bei Alinghi noch bei Oracle direkt engagiert bin, gibt es auch keine Interessenkonflikte. Für mich zählt nur, dass ich auch weiterhin gut arbeiten kann und Terminkollisionen vermieden werden. Dies ist umso wichtiger, als der Eigner der Artemis beide Circuits segelt. Bisher klappt alles bestens!

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